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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Selbst wenn irgendjemand, der Sie heute hier gesehen hat, zufällig bei Rai uno reingezappt hat — das auf dem Foto könnte jeder zweite Italiener sein.«
    Das nennt man dann wohl Dutzendgesicht, dachte Amadeo.
    »Also.« Sie löste sich von der Anrichte und kam zwei Schritte auf ihn zu. Ein Hauch ihres Parfüms stieg ihm in die Nase wie die flüchtige Erinnerung an ein wildes Geheimnis. »Warum sind Sie hier?«
    Amadeo schloss die Augen. Blieb ihm eine Wahl? So nüchtern wie nur möglich wog er die Fakten ab: Das Fernsehen zeigte sein Bild, ganz Italien hielt ihn für einen Mörder, und auch seine überstürzte Flucht war kaum geeignet, diesen Verdacht zu zerstreuen. Er saß mit einem Paket unbekannten Inhalts und einer Dame unbekannter Gesinnung in einem Kloster, das ihr ureigenstes Terrain darstellte. Nein, denkbar schlechte Chancen.
    Amadeo seufzte. Er fing an zu erzählen, von Anfang an, von der Entdeckung des ersten Papyrus im Rücken des Hortulus . Als er berichtete, wie er mit seinem telefonino Aufnahmen der Papyri gemacht und diese an Helmbrechts Mailadresse weitergeleitet hatte, unterbrach Rebecca ihn und gab ihm ihre eigene Mailadresse.
    Amadeo zögerte nur einen Augenblick. Was war seine Geschichte wert — ohne einen Beweis? Irgendwie war er beinahe sogar froh darüber: froh, dass es jemanden gab, mit dem er sein gefährliches Geheimnis teilen konnte, ohne Angst, dass er sich damit in eine Situation bringen könnte, die noch gefährlicher, verfahrener, ja, verzweifelter wäre, als sie ohnehin schon war. Er schickte ihr die Bilder auf den Laptop und achtete sorgfältig darauf, dass er jetzt nicht etwa doch die Fotos von dem französischen Rokokobüchlein erwischte.
    Rebecca wartete, bis er fertig war, und warf ihm dann einen unergründlichen Blick zu. »Dürfte ich bitte mal Ihr Handy haben?«
    Er zuckte kurz zusammen. »Naturalmente.«
    Sie nahm es ihm aus der Hand, ehe er es richtig losgelassen hatte. Auf einmal hielt sie in der anderen Hand einen faustgroßen, flachen Gegenstand und fuhr damit zunächst über die Vorderseite, dann über die Rückseite des telefonino .
    »Ein Magnet«, sagte sie, als sie seinen verwirrten Blick bemerkte. »Simpel, aber effektiv.«
    Für einen Moment betrachtete sie Amadeos Mobiltelefon, dann ließ sie das Gerät fallen. Zu ihren Cargohosen trug sie schwere Dockers-Stiefel, die ihr hervorragend standen. Mit einem knirschenden Geräusch besiegelten sie den Untergang des telefonino .
    »Miseria« , keuchte Amadeo. Die Frau war so schnell — sein Handy lag in Trümmern, bevor er auch nur daran hatte denken können, etwas zu unternehmen. »Was machen Sie da?«
    »GPS«, erklärte sie ruhig. »Global Positioning System. Leichter konnten Sie es denen gar nicht machen, Sie zu finden. «
    »Ist Ihnen klar, dass ich eine alte Mutter in den Marken habe?«, fragte er. »Die ist sowieso halb wahnsinnig vor Sorge, seit ich in Rom bin! Das ist richtig anstrengend. Sie wird nervös, wenn sie mich nicht alle paar Wochen zu Gesicht bekommt oder ich mich wenigstens melde.«
    »Ihre Mutter bekommt Sie ja zu Gesicht«, sagte Rebecca, während sie sich bereits an ihrem Laptop zu schaffen machte. »Sie sind sogar im Fernsehen.« Dann rief sie in aller Seelenruhe die Aufnahmen der Papyri auf den Bildschirm. »Bitte übersetzen Sie das. Mit Latein komme ich klar, aber das Graecum hab ich mir geschenkt.«
    Es war seltsam. Für eine Museumspädagogin hätte so ein Eingeständnis eher etwas unangenehm sein müssen, doch Rebecca verwandelte es umgehend in ein Qualitätszeugnis. Trotzdem, gerade trotzdem war sie die rechte Hand des Custos von St. Gallen.
    Er übersetzte ihr die Texte aus dem Hortulus und dem Seneca und erklärte, was es mit der lateinischen Zeile am Ende auf sich hatte. Rebecca lauschte, runzelte hin und wieder die Stirn und neigte den Kopf, als er das Vergil-Zitat vorlas. »Das ist aus der Aeneis« , sagte sie. »Deswegen sind Sie gekommen.«
    »So ist es«, bestätigte er. »Sie verstehen, dass Helmbrecht nicht sagen konnte, worum es uns wirklich ging.«
    »Es macht keinen großen Unterschied, ob ich das verstehe«, sagte sie. »Waren Sie denn nun erfolgreich? War es tatsächlich unsere Aeneis hier in St. Gallen?«
    Zur Antwort griff Amadeo nach seiner Arbeitstasche und brachte vorsichtig die schwarze Ledermappe zum Vorschein. Er wandte sich auf dem Stuhl zum Schreibtisch um, und Rebecca trat an seine Seite.
    Amadeo öffnete den Reißverschluss.
    »Was sind das für Messer?«,

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