Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
Vom Netzwerk:
Adressaufkleber.
    »Schon gesehen«, sagte sie und blickte auf ihre Armbanduhr. Ohne ein weiteres Wort griff sie nach der Fernbedienung und stellte den Fernseher an. Kanal neun. Rai uno, stellte Amadeo überrascht fest. Es war zwanzig nach elf. TG1, die Spätnachrichten.
    »...sind sich die Kommentatoren einig, dass papa Pio XIV. mit der Bestellung eines Afrikaners zum Präfekten der Kongregation für das Bildungswesen wiederum eigene Akzente setzt, die sich vom Stil seines Vorgängers abheben. Das Gewicht der italienischen Kardinäle um Kardinalstaatssekretär Bracciolini dürfte damit innerhalb der Kurie erneut zurückgegangen sein.«
    Die Nachrichtensprecherin blickte kurz von ihren Notizen auf und schenkte der Fernsehgemeinde ein strahlendes Lächeln. Ihr Haar hatte beinahe dasselbe Rot wie Rebeccas Mähne, nur dass die Farbe in diesem Fall garantiert nicht echt war.
    »Zu einem grausigen Verbrechen ist es in der vergangenen Nacht am Rande des Monte Testaccio gekommen. In den Räumen einer Buchbinderwerkstatt fand die polizia den entstellten Körper eines zweiundvierzigjährigen Angestellten. Von einem Gewaltverbrechen ist offenbar auszugehen. Die neuesten Entwicklungen von unserem Außenkorrespondenten. Paolo?«
    Hinter der Sprecherin wurde ein Mann eingeblendet, der vor dem Gebäude stand, das die officina di Tomasi beherbergte — und zwar am helllichten Tage. So weit zu den neuesten Entwicklungen. Auch hatte die Sprecherin den Strichjungen nicht erwähnt. Sag es nicht Carla . Niccolosi wäre beruhigt, dachte Amadeo.
    Erst in diesem Augenblick spürte er, wie sein Unterkiefer langsam herunterklappte.
    »Ciao, Roberta! Ich stehe hier vor der officina di Tomasi am Rande des Testaccio, einer Gegend voller alteingesessener Unternehmen, die unter anderem für den Heiligen Stuhl tätig sind — und heute Nacht nach aktuellen Erkenntnissen Schauplatz einer bisher rätselhaften Tat. Die polizia befindet sich gegenwärtig auf der Suche nach einem Kollegen des Ermordeten, dem vierunddreißigjährigen Amadeo Fanelli.« Das Foto aus Amadeos Bewerbungsmappe erschien im Hintergrund, ein grauenhaftes Bild. »Fanelli soll nach Angaben der ermittelnden Beamten als wichtiger Zeuge«, ein vielsagender Blick des Außenkorrespondenten machte deutlich, dass sich die Umschreibung auch als »dringend Tatverdächtiger« deuten ließ, »befragt werden. Angaben zu seinem Aufenthaltsort nimmt jede Dienststelle der polizia sowie der carabinieri entgegen. Zur Verwirrung in diesem Fall trägt der Umstand bei, dass in derselben Nacht ein Besucher Fanellis, der vierundsiebzigjährige deutsche Universitätsprofessor Ingolf Helmbrecht, spurlos verschwand.« Wie durch einen Schleier sah Amadeo ein mindestens zwanzig Jahre altes Schwarzweißfoto, auf dem nicht einmal er den Professor erkannte. »Auch hier bittet die polizia um Mithilfe. Ob auch in diesem Fall von einem Verbrechen auszugehen ist, ist derzeit noch unklar.«
    »Danke, Paolo! Dir noch einen schönen Abend!« Lächeln. »Und jetzt zum Sport. Ein schwarzer Tag für Lazio Roma...«
    Rebecca stellte den Fernseher ab.
    »Das Bild wird Ihnen nicht gerecht«, sagte sie. »Diese Haare! Sie sehen aus wie Toto Cutugno. Sie wissen schon, der vom Chanson-Grand-Prix.«
    Amadeo war nicht fähig zu antworten. Helmbrecht, sie hatten Helmbrecht!
XXXIII
    »Sie«, Amadeo hatte noch immer Schwierigkeiten zu sprechen, »wussten, dass das kommt?«
    »Das läuft seit heute Nachmittag«, sagte sie und wandte die Augen nicht von ihm ab.
    »Und Sie haben nicht die... die Polizei?«
    »Nein, habe ich nicht«, sagte Rebecca und deutete auf das Paket. »Was ist da drin?«
    »Ich habe keinen blassen Schimmer«, gab Amadeo zu. »Denken Sie, es könnte gefährlich sein?«
    »Sollte ich nicht eher annehmen, dass Sie gefährlich sind?«, fragte sie.
    In der Tat, dachte er. Das sollte sie. Und das führte ihn zu einer ganz anderen Frage: »Trotzdem haben Sie nicht die Polizei gerufen. Warum?«
    »Wieso sind Sie hier?«, fragte Rebecca. »Was suchen Sie in Sankt Gallen?«
    »Den Vergil.« Amadeo erwiderte ihren Blick so offen ihm das möglich war. Diese grünen Augen bereiteten ihm eine Gänsehaut. »Das ist die Wahrheit.«
    »Die ganze Wahrheit?«
    Er schluckte und schloss die Augen. Sie hatte ihn in der Hand. Doch nicht nur sie. »Wenn Sie mich nicht verraten, wird Zug es tun«, murmelte Amadeo. »Oder irgendjemand anders.«
    »Zug hat nicht mal einen Fernseher«, sagte sie. »Sonst weiß niemand, dass Sie hier sind.

Weitere Kostenlose Bücher