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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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unsicher, als er sich mit der Pinzette an die Arbeit machte, jeden Augenblick darauf gefasst, unvermittelt Rebecca Steinmanns Augen auf seinem Nacken zu spüren. Sie war irgendwo in der Nähe, er wusste es. Irgendwann würde sie hinter ihm stehen, um zu kontrollieren, was er mit dem kostbaren Codex anstellte.
    Rebecca oder sie .
    Ironischerweise kam er jetzt sehr viel rascher voran mit seinem Werk. Gegen vier Uhr nachmittags hatte er sämtliche Fragmente aus dem Einband befreit, und theoretisch war sein Vorhaben in St. Gallen damit erfüllt. Mit Sicherheit ging am Abend noch ein Flieger zurück nach Rom. Das Gästezimmer, das Monsignore Zug ihm angeboten hatte, würde er gar nicht brauchen.
    Doch konnte er es wagen, nach Rom zurückzukehren, wo sie auf ihn warteten, womöglich mit der polizia im Bunde? Andererseits: Machte es einen Unterschied, wenn sie hier waren?
    Er konnte keine Entscheidung treffen — nicht jetzt. St. Gallen erschien ihm im Augenblick allemal sicherer als Rom, wo angebliche Polizisten in der officina ein Blutbad angerichtet hatten. Wie er weiter verfahren würde, das hing von dem ab, was in den neuen Papyri zu lesen stand. Er brauchte Ruhe, um den Text zu sichten, und die würde er erst bekommen, wenn er den dräuenden Abend mit dem Custos hinter sich gebracht hatte.
    Falls die Fragmente noch immer nicht den Schluss von Johannes' Offenbarung bargen — und damit rechnete er nicht, so wie sich die Erzählung bisher entwickelte —, musste er sich auf die Suche nach einem neuen Hinweis begeben. Der Himmel wusste, wo sich der nächste Band befinden mochte — der Himmel oder Helmbrecht.
    Auf dem Hinflug hatte Amadeo dem Professor in einer langen Mail dann doch noch von den schrecklichen Ereignissen der Nacht berichtet. Helmbrecht hatte sicher längst von der Bluttat in der officina erfahren, schließlich war er im Haus des capo zu Gast, doch er konnte nicht ahnen, dass Amadeo am Tatort gewesen war.
    Bisher war noch keine Antwort des Professors eingetroffen.
    Allmählich begann Amadeo sich Sorgen zu machen um den alten Mann.
XXXI
    Wie sich zeigte, gelang es Zug, Amadeos Befürchtungen noch zu übertreffen. Die schwere Tischuhr des Custos hatte inzwischen elf geschlagen. Er hätte es ahnen müssen. Jetzt, am Abend und in seinen privaten Räumlichkeiten, war der Monsignore erst so richtig in Plauderlaune verfallen — zu allem Überdruss auch noch in italienische Plauderlaune. Der deutsche St. Gallener Dialekt war für Amadeo schon schwierig genug zu verstehen, doch dieses vorgebliche Italienisch tat einfach nur seinen Ohren weh.
    Er hatte an den richtigen Stellen genickt und hin und wieder eine höfliche Frage gestellt, aber in Gedanken war er weit fort gewesen. Bei den blutigen Bildern der vergangenen Nacht. Bei den noch blutigeren Vorstellungen von dem, was ihn erwartete, wenn Niccolosis Mörder ihm auf die Spur kamen. Und natürlich bei den Papyrusstreifen, die in seiner schwarzen Ledermappe versteckt waren.
    Am Ende war es Rebecca Steinmann, die ihn erlöste. Zug war eben im Begriff, zu einem neuen, ausschweifenden Bericht über irgendeinen der zahllosen schreibenden Notkers aus ferner St. Gallener Vergangenheit auszuholen — eine Materie, die Amadeo unter anderen Umständen durchaus interessiert hätte —, als von der Tür her ein höfliches Klopfen ertönte.
    Amadeo musste den Monsignore darauf aufmerksam machen. Zug war noch mindestens zehn Jahre älter als sein »lieber, alter Ingolf«, über den er Amadeo tausend Fragen gestellt hatte, ohne ihm ein einziges Mal mehr als drei Atemzüge Zeit zum Antworten zu lassen. Außerdem war er nahezu stocktaub.
    »Ah, Steinmann!« Der Monsignore nickte. »Sie kommen eben rechtzeitig für eine wirklich spannende Geschichte.«
    »Äxgüsi, Monsignore, aber ich fürchte, ich muss Ihnen Ihren Gast entführen«, lächelte sie. »Amadeo?« Ein Blick aus den grünen Augen. »Da ist etwas für Sie abgegeben worden. Ein Paket aus Rom.«
    Der Restaurator hatte sich bei ihrem Eintreten erhoben und kniff nun die Augen zusammen. Was für ein Paket? Dann begriff er. »Ah, natürlich.« Er nickte. »Das Paket.«
    »Monsignore«, sagte er mit einer halben Verneigung. »Es ist ein Jammer, dass ich gerade jetzt...«
    »Ein Paket? Um diese Uhrzeit?« Zug blinzelte hinüber zu seiner Tischuhr. »Geht die richtig?«
    »Das tut sie«, bestätigte Rebecca. »Ich war selbst erstaunt, aber dann dachte ich mir, wenn nachts um elf noch ein Kurier losfährt, muss es etwas

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