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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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»Le Shuttle« fixiert war.
    Nur eine gute halbe Stunde sollte die Fahrt unter dem Ärmelkanal hindurch dauern, hatte es geheißen — doch was bedeutete das schon, wenn bereits zwanzig Minuten vergingen, bevor sich der Zug auch nur in Bewegung setzte!
    Nervös schlossen und öffneten sich Amadeos Finger um das Lenkrad, und als er die Hände löste, glänzten die Stellen feucht. Er begann mit den Fingerkuppen auf das Lenkrad zu trommeln.
    Das Paar grüner Augen betrachtete ihn mit einer Mischung aus Amüsement und Verständnis. Rebecca war pünktlich kurz vor Calais aufgewacht und hatte ihm Anweisungen gegeben, als sie die Verladestelle erreichten. Der rote Citroen war bis kurz vor dem Terminal hinter ihnen gewesen, seitdem hatte Amadeo ihn jedoch nicht mehr gesehen. In ihrem Segment war er jedenfalls nicht. Amadeo sprach Rebecca nicht darauf an, aber er hatte den Eindruck, dass ihr ohnehin nichts entging. Ihre Strickjacke, mit der sie sich beim Schlafen zugedeckt hatte, hatte sie inzwischen auf dem Rücksitz verstaut. Darunter trug sie anstelle des Tops, das sie in St. Gallen angehabt hatte, ein schwarzes T-Shirt mit der weißen Aufschrift Come to the dark side — we have Cookies .
    Rebecca reckte sich gähnend. Amadeo erkannte deutlich, dass sie keinen BH darunter anhatte. Das lenkte ihn ab — einerseits. Andererseits machte es ihn noch nervöser.
    Die junge Frau fischte nach ihrer Handtasche. Sie begann zu kramen und brachte ihr Handy zum Vorschein.
    »Zwei Mal gab's Musik«, sagte Amadeo. »Munteres Liedchen.«
    »Nirvana«, murmelte sie, während sie sich durch die Menüs klickte. »Ah, wir haben unsere Kontaktperson. Ein doctor Marcus Sheldon erwartet uns um zwei in der Radcliffe Camera . Das muss ein Lesesaal sein.«
    Amadeo erinnerte sich sofort. »Kenne ich. In Oxford war ich schon, hübsche Stadt.«
    Sie sah auf die Uhr. »Es sollte passen, wenn wir nicht in den Stau kommen. Können Sie noch fahren?«
    Amadeo konnte noch, und er war froh, als er mehr als eine halbe Stunde später endlich wieder die Gelegenheit dazu bekam. An den Linksverkehr hatte er sich schnell gewöhnt. Rebecca schlief wieder ein, während sie auf der M20 Richtung London fuhren. In Dover hatten sie sich an einem Autoschalter fish und ölige chips sowie zwei Becher von dem geholt, was man hierzulande als Kaffee bezeichnete. Seitdem rumorte es in seinem Magen.
    Auf der Londoner Stadtumgehung wurde der Verkehr dichter, und Amadeo ließ sich die meiste Zeit rechts überholen. Oxford war nur noch eine Stunde entfernt.
    Zur vollen Stunde schaltete er das Autoradio ein und suchte einen italienischen Sender. Kardinalstaatssekretär Bracciolini forderte die Menschen auf, der Bedrohung durch den islamistischen Terror mit Mut und Entschlossenheit entgegenzutreten, die Rohölpreise hatten noch einmal angezogen, und auf dem Flughafen von Messina hatte es einen Beinahe-Crash gegeben. Lazio stand kurz davor, seinen Trainer zu feuern. Vom Mord in der officina war nicht mehr die Rede.
    Bei der Ausfahrt aus dem Terminal in Dover hatte er ein Auge darauf gehabt, ob der Citroen ihnen folgte, doch er war nicht wieder aufgetaucht. Vielleicht hatte der Fahrer gar nicht nach Großbritannien gewollt, oder aber er hatte die Fähre genommen. Dann war er weit hinter ihnen. Auf der Autobahn bis nach London hatte Amadeo immer dieselben Wagen gesehen. Einige von ihnen waren in die Stadt gefahren, andere folgten wie sie selbst der M40 nach Oxford. Viele kleine dunkle Wagen. Der Restaurator konnte sie nicht unterscheiden.
    Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel, und die Klimaanlage des Toyota war aufgedreht. Entweder davon oder von der Sonne bekam Amadeo Kopfschmerzen.
    Zehn Minuten bevor sie die Universitätsstadt erreichten, weckte er Rebecca. Sie klappte den Schminkspiegel herunter und brummte unzufrieden, dann begann sie in ihrer Tasche nach einem Kamm zu wühlen.
    »Sie sehen doch gut aus«, sagte er, ohne den Blick von der Straße abzuwenden. »Sehr ansprechend.«
    »Ansprechend ist eine Doppelhaushälfte«, murmelte sie und sah ihn an. »Sie brauchen was zum Anziehen. Halten Sie, sobald wir ein Kaufhaus entdecken oder so was. Da vorne!«
    »Sieht teuer aus«, sagte er. »Ich weiß nicht, ob ich das...« Er hatte noch etwa dreihundert Euro in der Tasche. Wenn er mit Karte zahlte, bestand die Möglichkeit, dass sie dadurch auf ihre Spur kamen — vorausgesetzt, es handelte sich bei den Männern, die in die officina eingedrungen waren, tatsächlich um

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