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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Mühe gemacht, sich unauffällig zu kleiden«, erwiderte er augenzwinkernd. »Das kann einem gar nicht entgehen.«
    Wenn Sie jedoch nicht lernen, auch die Kleinigkeiten im Auge zu behalten , erinnerte sich Amadeo an Helmbrechts Worte, werden Ihnen irgendwann wichtige Bausteine fehlen . Der Mann hätte dem Professor gefallen.
    Sheldons Grinsen war ansteckend. Der Wissenschaftler war auch ihm auf Anhieb sympathisch, stellte Amadeo überrascht fest. Sheldon trug einen dunklen Anzug mit einer schwarzblauen Krawatte und im Revers einen Pin in denselben Farben. Amadeo konnte sich nicht erinnern, für welches der Colleges das stand.
    »Danke, dass Sie sich kurzfristig für uns Zeit nehmen«, sagte Rebecca, während Sheldon ihnen bereits die Türen ins Innere des Rundbaus aufhielt.
    »Kein Problem«, sagte der Wissenschaftler. »Als ich heute früh den Anruf bekam...«
    »Das ist ja Irrsinn!« Rebecca fiel ihm ins Wort.
    Amadeo trat hinter ihr in den Lesesaal. Und sie hatte Recht: Die Radcliffe Camera war ein Erlebnis für jeden Menschen, der alte Bücher liebte. Trotzdem war der Einwurf zu schnell gekommen. Sie wollte nicht, dass Sheldon aussprach, was er hatte sagen wollen.
    Sheldon — wie es schien — verstand.
    »Es ist nicht mehr als ein Lesesaal«, sagte er und zwinkerte erneut. Amadeo begriff, dass es kein bewusstes Zwinkern war, sondern eine nervöse Angewohnheit. »Auch wenn einige Leute sagen, es sei der schönste Lesesaal der Welt. Die meisten Bücher sind allerdings drüben in der Library untergebracht und vor allem unter der Erde in den Magazinen. Es sind etwa zwölf Millionen Bände insgesamt.«
    Amadeo legte den Kopf in den Nacken und blickte in die Kuppel, wo auf halber Höhe eine Galerie rund um die Rotunde führte. Durch mächtige Arkadenbogen reichten Tisch- und Stuhlreihen in einen breiten Umgang, der sich um den Kuppelraum zog. Die meisten Arbeitsplätze waren mit Studenten besetzt. Und es gab Bücher, viele Tausend: Nachschlagewerke, Lexika, die man an Ort und Stelle brauchte. Unzählige Regale bis zur Decke und weitere oben auf der Galerie.
    »Bitte warten Sie einen Augenblick«, bat Sheldon und trat an die Ausleihtheke genau im Zentrum des runden Raumes. Er wechselte einige Worte mit der Dame, die mit wichtiger Miene hinter dem Tresen thronte und Amadeo und Rebecca einen prüfenden Blick zuwarf, als Sheldon mit dem Kopf zu ihnen deutete. Dann erhob sie sich und brachte aus den Tiefen ihres Reiches einen schlichten Pappkarton zum Vorschein, den sie dem Wissenschaftler mit ernster Miene zuschob.
    »Dort drüben ist Platz«, wandte sich Sheldon an Amadeo und Rebecca und zeigte auf einen der Tische. »Sie wird ein Auge auf uns haben. Eine solche Handschrift ist auch für Oxford keine Kleinigkeit.«
    Er legte den Karton ab und hob den Deckel. Amadeo staunte. Der Einband des Augustinus war weit besser erhalten als alles, was er bisher in Händen gehalten hatte. Silberne Beschläge schmückten ihn, verziert mit leuchtenden Halbedelsteinen.
    Sheldon hob den Codex heraus und legte ihn auf den Tisch. »Ich darf Sie leider nicht damit allein lassen«, sagte er, und Rebeccas Stirn legte sich sofort in Falten. Sheldon räusperte sich. »Ich«, sein Zwinkern wurde heftiger, »setze mich dort drüben hin«, sagte er rasch. »Ich habe Unterlagen zu studieren.«
    »Danke«, erwiderte sie knapp.
    Amadeo zog sich einen Stuhl heran und einen zweiten für Rebecca.
    »Da stimmt etwas nicht«, sagte er leise. »Schauen Sie sich nur mal diese Metallarbeiten an, das stammt niemals aus dem zehnten Jahrhundert.«
    »Was soll das heißen?« Sie strich über das Leder des Einbands.
    »Er wurde neu gebunden«, flüsterte Amadeo beunruhigt, »und das bedeutet...« Er schlug den Codex auf.
    Doch, das war die vertraute Schrift, aber irgendetwas stimmte nicht. Strinrunzelnd legte er seine dunkle Mappe neben dem Augustinus ab.
    »Sie können hier unmöglich im Rücken dieses Buches...«, begann Rebecca.
    »Nein«, sagte Amadeo ernüchtert. »Das hier ist ein Augustinus, und der Schrift nach ist er auch alt genug, aber das ist...« Er blätterte an den Anfang zurück. Tatsächlich. »Das ist ein Faksimile!« Er deutete auf den Stempel. »Hübsch gemacht und aufwendig dazu, aber es ist eine Kopie, keine fünfzig Jahre alt.«
    »Wie kann...«
    »Fragen Sie nicht mich!«, sagte er lauter als beabsichtigt. Sheldon sah kurz auf, senkte den Blick aber sofort wieder. »Fragen Sie Ihre spanischen Freunde!«, zischte Amadeo. »Das hier ist

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