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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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sollte.
    Bietigheim beschloss, dem Glatzkopf noch näher auf die Pelle zu rücken.
    Doch mit einem Mal stand Madame Baels neben ihm. »Wir haben einen kleinen Pressetermin, mein lieber Herr Professor, nur ein Foto, dann dürfen Sie sofort weitermachen.«
    »Nun ja, also gerade ist es …« Adalbert wollte protestieren, doch als er diese gewaltige, imposante Frau betrachtete, konnte er einfach nicht anders, als weich zu werden. »Wenn Sie mich darum bitten, selbstverständlich sofort.« Dann folgte er dieser spanischen Galeere unter den Frauen hinaus. »Wohin geht es denn?«
    »Nur kurz ins Museum, eine reine Formalität. Sie müssen nur Ihr bezauberndes Lächeln zeigen. Für mich, Professor, bitte.«
    »Für Sie selbstverständlich.«
    Er hatte keine Ahnung, wann er zuletzt gelächelt hatte, weder in Brügge noch sonst wo, doch Adalbert wollte sein Bestes geben. Hoffentlich ließen ihn seine in diesem Bereich untrainierten Gesichtsmuskeln nicht im Stich. Er machte ein paar Lockerungsübungen.
    Madame Baels musterte sein Gesicht, spuckte in ein Taschentuch und wischte ihm ruppig einen Schokoladenfleck von der Wange.
    Wie seine Mutter es immer getan hatte.
    »Jetzt sehen Sie wieder aus wie mein strahlender Ritter. Perfekt für den Fototermin!«
    Adalbert fuhr sich durchs Haar, zog seine Fliege nach und den Kragen seines maßgeschneiderten Seidenhemdes straff empor.
    »Wollen Gnädigste mir verraten, um was genau …«
    »Da sind wir schon!« Bereits am Eingang des Schokoladenmuseums standen ungeduldig Pressevertreter. »Wir haben nur wenige Minuten, unser Juryvorsitzender ist beim Wettbewerb selbstverständlich unabkömmlich«, verkündete Madame Baels lautstark.
    Strammen Schrittes gingen sie in den Skulpturenraum, wo weitere Journalisten und Fernsehteams sie bereits erwarteten.
    Im Zentrum des Raums stand eine neue Chocofee-Skulptur. Ihr Gesicht war nicht das von Beatrice Reekmans. Sie erinnerte Bietigheim an jemanden. Bloß an wen? In Schokolade gegossen, wirkte ein Gesicht immer anders. Man sah das ja sehr selten. Auch literweise Selbstbräuner erbrachten kein vergleichbares Ergebnis.
    »Stellen Sie sich bitte daneben, lieber Professor«, sagte Madame Baels, dann klatschte sie in die Hände, und das Licht wurde gedimmt, ein auf die Skulptur gerichteter Spot erschien, dann erklang märchenhafte Musik mit Harfen, Piccoloflöten und Glockenspiel.
    Und plötzlich stand sie auf der anderen Seite der Skulptur, die unauffällige Mareijke Dovendaan. Doch nun war sie gar nicht mehr unauffällig, es war wie bei Aschenputtel. Zieh ihr das Kleid einer Prinzessin an, und plötzlich siehst du, dass sie immer eine Prinzessin war!
    Mareijke Dovendaan trug kein Prinzessinnenkleid.
    Sie trug das Kostüm der Chocofee.
    Dann nahm sie sich scheu das Mikro und begann zu singen.
    Und wie sie sang.
    So schön, dass sich jede Nachtigall aus Neid in den Fang des nächstbesten Fuchses gestürzt hätte.
    Die Fotografen schossen sich die Finger wund.
    Tränen rannen aus Dovendaans Augenwinkeln, und Bietigheim bemerkte ein leichtes Zittern der Hand, die das Mikrofon hielt.
    Die Fee war tot, es lebe die Fee.
    Pit sah sich ungeduldig um. Wo steckte bloß der Professor? Immer öfter wurde er nach ihm gefragt und danach, wer den Chocolatiers auf die Finger schaute. Die Filmteams wollten unbedingt einen Juror dabei filmen. Die anderen Juroren dieser ersten Runde waren Madame Baels und die Chocofee – die ebenso unauffindbar waren.
    Die Situation rief nach einem Mann der Tat. Ja, sie brüllte fast schon.
    Pit griff sich eine der perfekt gebügelten Schürzen, von denen der Professor sich eben auch eine umgebunden hatte, und baute sich vor den Kameras auf.
    »Wem kann ich helfen?«
    »Wen sollen Sie denn darstellen?«
    »Ich bin …«, verdammt, wer war er eigentlich? Persönlicher Assistent klang wie Mädchen für alles, außerdem hatte Benno den Job ja schon – als Hund für alles. Als Bodyguard ging er zwar durch, aber keiner würde ihn dann interviewen wollen, das wäre also keine Entlastung für den Professore. Wer konnte er bloß sein?
    »Ich bin … der Schokobär.«
    »Der was?«
    »Der Schokobär. Ich bin Teil der Jury und der größte Schokoladenesser Deutschlands sowie Englands, wo ich seit Kurzem esse. Also, meiner Profession nachgehe. Eigentlich bin ich einer der größten Schokoladenvernichter … ähm … Feinschmecker Europas. Wenn nicht des Globus. Ich unterstütze die Jury bei ihrer Arbeit.«
    »Sie sind also eine Art

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