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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Kühlfächer nächtige.« Der Gerichtsmediziner sagte dies ohne den geringsten Ansatz eines Lächelns.
    »Ich würde das als Kompliment auffassen«, scherzte Bietigheim.
    »Das tue ich auch. Lassen Sie uns zur Leiche gehen. Kühlfach vier.«
    »Darf ich fragen, warum Sie mir helfen?«
    »Dürfen Sie.«
    Pause.
    »Warum helfen Sie mir? Es ist wegen Kommissar Aspe, oder? Sie mögen ihn wohl nicht besonders«, setzte Bietigheim nach.
    »Der Mensch, der Aspe mag, ist noch nicht geboren worden.«
    »Soll ich Aspe sagen, dass ich hier war?«
    »Oh, nein, dieses Vergnügen ist meines, ganz allein. Ich werde ihm sagen, dass Sie hier waren und ich Ihnen alles gesagt habe. Wie es unter Kollegen üblich ist. Es ist solch ein Vergnügen, dass Sie hier sind. Sehr lange her, dass jemand Aspe dermaßen aufgeregt hat.« Er trat vor das Kühlfach mit der Nummer 4. »Beatrice Reekmans ist geköpft worden. Nun ja, um genau zu sein war es eine versuchte Enthauptung. Eine äußerst unpräzise.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nun«, er zog die Leiche aus dem Kühlfach, sie war vollends von der Schokolade befreit. »Sehen Sie die Blutungen und Blutergüsse? Der Täter oder die Täterin hat gegen den linken Arm, zwischen die Schulterblätter am Rücken, ins Gesicht, auf den Kehlkopf und wohl erst zum Schluss wiederholt und gezielt gegen den Hals geschlagen. Und dort so sehr und so oft, dass zuerst die Luftröhre deformiert wurde und schließlich das Genick brach. Wahrlich kein schöner Anblick. Diese Vielzahl an Schlägen, zum Teil an für die Tötung irrelevante Stellen, könnte darauf zurückzuführen sein, dass der Täter betrunken war, dass die Schläge während eines Kampfes ausgeführt wurden – für welchen es aber ansonsten keine Hinweise gibt – oder dass der Täter oder die Täterin das Opfer beim Schlagen nicht sehen konnte oder bewusst nicht angesehen hat. Dies kommt gelegentlich bei Tätern vor, die zum ersten Mal morden.«
    »Wird Beatrice nicht geschrien haben?«
    »Nicht, wenn schon einer der ersten Schläge sie am Kehlkopf traf, danach dürfte sie nur noch geröchelt haben.«
    Adalbert sah sich die Leiche an. Ceulemans hatte sie penibel gesäubert, es sah sogar aus, als habe er die Haare gewaschen und zu einem Dutt gebunden.
    »Womit wurde zugeschlagen?«
    »Das ist bisher noch unklar. Wie es aussieht, mit verschiedenen Gegenständen. Kommen Sie näher.« Er zog eine Stehlampe auf Rollen heran und richtete ihren Schein auf die Wunde am Arm. »Dies ist unzweifelhaft durch einen stumpfen Gegenstand verursacht.« Ceulemans fixierte das Licht nun auf die Wunde am Kehlkopf. »Dies jedoch durch einen Gegenstand mit großen Zacken. Keine wirklichen Spitzen, aber doch Zacken. Wären sie spitz gewesen, hätten sie den Hals aufgerissen. Auch dieser Schlag wurde sehr ungenau ausgeführt.«
    Adalbert blickte in das friedliche Gesicht der Toten. Ihn überkam das Gefühl, sie schlafe nur, und doch war etwas an ihr, das den Tod verriet. Das die Illusion nicht zuließ, sie wache jeden Moment wieder auf.
    »Haben Sie DNA des Täters gefunden? Stoffreste? Fingerabdrücke?«
    »Nein, nichts dergleichen. Nicht einmal eine Kopfschuppe. Und falls Sie auf eine Vergewaltigung anspielen, darauf gibt es keine Hinweise. Ebenso wenig auf einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. Nicht nur in dieser Nacht, sondern jemals. Beatrice Reekmans war noch Jungfrau. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen in Deutschland ist, verehrter Kollege, aber hier in Belgien ist dies für eine Frau ihres Alters und ihres Aussehens höchst ungewöhnlich.«
    »Ich bin über die Paarungsgewohnheiten jugendlicher Bundesdeutscher nicht im Bilde«, entgegnete Bietigheim. »Auf welche Uhrzeit setzen Sie den Todeszeitpunkt?«
    »Relativ exakt auf Mitternacht. Beatrice Reekmans wurde post mortem getragen – zum Fundort, wo dann die Leichenstarre bis zur Entdeckung des Körpers vollends eintrat.«
    »Rigor mortis tritt in der Regel nach sechs bis zwölf Stunden vollständig ein. Was bedeutet, der Täter muss zwischen Mitternacht und sechs Uhr früh die Leiche mit Schokolade überzogen haben – das deckt sich mit meiner Einschätzung der Schokoladenhärtung.«
    »Ich höre.«
    Bietigheim klärte ihn auf – und erntete dafür ein anerkennendes Emporziehen der Augenbrauen. »Hochinteressant. Ich hoffe, Sie haben Aspe Ihre Erkenntnisse mitgeteilt.«
    »Jawohl.«
    »Er wird Sie dafür gehasst haben. Kann es nicht leiden, wenn jemand anderes etwas herausfindet. Nun gut, wie auch immer, ich gehe

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