Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
Vom Netzwerk:
geöffnet.
    »Hallo?«
    Keine Antwort.
    »Alles in Ordnung da drinnen?« War der Föhn etwa in die Badewanne gefallen? Adalbert wusste allerdings, dass dies bei modernen Föhns nicht mehr zum Tode führen konnte. Er klopfte heftiger. »Aufmachen! Zimmerkontrolle!« War natürlich Blödsinn, aber irgendeinen Grund musste er ja nennen. Und die Wahrheit, simple Neugier, klang wenig professionell für einen Juryvorsitzenden. »Ich warte. Ich habe Zeit. Alle Zeit der Welt.«
    Er wandte sich flüsternd zu Pit. »Wer hat überhaupt dieses Zimmer?«
    Pit warf Benno einen antwortsuchenden Blick zu, Benno schaute antwortsuchend zurück. »Keine Ahnung, Professore.« Er drehte sich um und ging die wenigen Schritte zum Treppenhaus. Dann brüllte er: »Hey! Wer pennt in der Siebzehn?«
    »Vanessa Hohenhausen«, kam eine dumpfe Stimme von unten zurück.
    »Daaaaaaanke!«
    Pit trat wieder zu Bietigheim. »Die Hohenhausen.«
    »Ach, da wäre ich jetzt nicht drauf gekommen. Hat Ihnen das etwa ein Vöglein gezwitschert?«
    »Ein Vögelchen namens Macallan.«
    Bietigheim klopfte wieder. »Machen Sie bitte auf, Fräulein Hohenhausen.«
    Immer noch keine Antwort.
    Was machte er eigentlich hier? Ärger, weil jemand sich föhnte und die Tür nicht öffnete? Er sollte einen Mörder fangen und keinen Föhner.
    Also zurück in die Stadt.
    Er drehte sich gerade um, als sich hinter ihm die Tür öffnete.
    Es war Franky van der Elst.
    »Vanessa ist nicht da.«
    Der Professor trat nah an ihn heran, überschritt ganz bewusst die Grenze der höflichen Distanz. »Dürfte ich wohl wissen, was Sie im Zimmer Ihrer Konkurrentin zu suchen haben? Ich liefere Ihnen auch gerne gleich die Antwort: gar nichts!« Der Professor roch ein krummes Ding, und das galt es in jedem Falle zu unterbinden.
    »Einen Scheißdreck«, fügte Pit an.
    »Das«, ergänzte Bietigheim, »ist eine direktere, aber ebenso korrekte Art, es auszudrücken.« Er stieß die Tür auf und drängte sich an van der Elst vorbei. Dies war kein Hotelzimmer. Es war eine Chocolaterie en miniature.
    Vanessa Hohenhausen hatte das Bett an die Wand gerückt und vor dem Fenster alles aufgebaut, was sie zur Pralinenherstellung brauchte: Brettchen, Messer, Schneebesen, Schüsseln, Schälchen, Schokolade von unterschiedlichen Produzenten und mit unterschiedlichen Kakaogehalten, Kellen, ja sogar eine kleine Conchiermaschine, um die flüssige Schokolade perfekt zu verarbeiten, dazu Gießformen, Zucker, Flüssigzucker, Glukosesirup, Spritztüten mit verschiedenen Metalltüllen, Kittel, Mundschutz, Haarnetz und eine Box Einmalhandschuhe, es war alles da. Auch eine Skulptur von ungefähr einem Meter Höhe, welche den Kölner Dom darstellte, samt Reparaturgerüst und einer Wolke aus weißer Schokolade, durch welche die beiden Turmspitzen emporragten. Sie übte hier also und hatte dafür eine der schönsten und größten Kirchen der Welt ausgewählt.
    Daneben lag der Föhn.
    Die Zimmerbewohnerin war nirgends zu sehen.
    »Wir haben übrigens gar nicht Fräulein Hohenhausen gesucht, sondern Sie. Wir möchten nämlich mit Ihnen reden.«
    »Ich hab leider gerade so gar keine Zeit.« Van der Elst tippte demonstrativ auf seine Uhr und machte einen Schritt in Richtung der Tür. »Bin schon viel zu spät dran.«
    »Sie haben mich falsch verstanden, Herr van der Elst.« Bietigheim stellte sich ihm in den Weg. »Das war weder eine Frage noch eine Bitte. Wir werden jetzt mit Ihnen reden. Es geht um Sie und Beatrice’ Vater Willem Reekmans. Mit dem Sie ein Streit, oder wollen wir sagen: eine Blutfehde verbindet? Uns haben Sie erzählt, Sie und Beatrice wären befreundet gewesen, ebenso wie Sie und ihre Familie. Über den Aalfang und die Pralinen in Aalform, die Beatrice’ Vater herstellte, hatten Sie sich angeblich kennengelernt. All das war erstunken und erlogen!«
    Van der Elst fuhr sich nervös durch die Haare. »Ich muss Ihnen ja nicht alles erzählen, das steht nirgendwo in den Wettbewerbsunterlagen.«
    »Ebenso wenig steht allerdings darin, dass Sie mich anlügen sollen. Ihr erbitterter Streit mit den Reekmans macht Sie in Verbindung damit, dass Sie Beatrice’ Leiche gefunden haben, des Mordes verdächtig!«
    »Nie hätte ich ihr etwas angetan!« Der Belgier baute sich wütend vor ihm auf.
    »Nicht einmal, um ihren Vater mitten ins Herz zu treffen?«
    »Ich kann mit dem alten Vollidioten ja wohl Streit haben und seine Tochter trotzdem mögen«, verteidigte sich der Chocolatier. »Ist das ein Verbrechen? Beatrice

Weitere Kostenlose Bücher