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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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auf jeden Fall nie, nie wiedersehen.«
    »Ich auch nicht.«
    »Was?« Van der Elst schien wieder zurück im Hier und Jetzt zu sein.
    »Ich auch nicht.«
    »Aber …«
    »Sie haben vollkommen recht. Mit allem. Hätte Gott die Lüdenscheid-Bietigheims gekannt, er hätte sich alle anderen biblischen Strafen sparen können. Arbeiten Sie mal schön weiter. Meinem fairen Sportsgeist haben Sie es zu verdanken, dass Sie nicht disqualifiziert wurden. Auf den haben Sie ja ohnehin gezählt. Es ist allerdings derselbe, der auch den kleinsten Fehler von Ihnen bemerken wird und der keine Gnade für stümperhaftes Arbeiten kennt. Übrigens: Wenn Sie mal ein offenes Ohr suchen, um sich etwas von der Seele zu reden, finden Sie bei mir trotz allem jederzeit eines. Und wissen Sie, falls ich Ihnen zuhören muss, komme ich vielleicht nicht dazu, meiner Familie zu empfehlen, Sie nochmals zu besuchen – und diesmal ihre Tanten, Onkels und Großkusinen mitzubringen. Auf Wiederschauen!«
    Van der Elsts Flüche waren in Bietigheims Ohren so süß wie belgischer Honig.
    Vor dem nächsten Pavillon hing eine schweizerische Flagge mit weißem Kreuz auf rotem Grund. Bietigheim betrat mit einem Räuspern den Raum. »Alles zu Ihrer Zufriedenheit?«, fragte er höflich.
    »Ich bin sehr zufrieden, dass die Presse ferngehalten wird. Sonst droht diese Veranstaltung ja zu einem Zirkus zu werden«, entgegnete Urs Egeli, ohne den Blick von seinem Arbeitstisch abzuwenden.
    Bietigheim verstand den Wink mit dem Zaunpfahl sehr wohl. »Wie lebt es sich mit der Favoritenbürde?«, fragte er.
    »Ich empfinde diese als Ehre, sie ist das logische Ergebnis harter Arbeit.«
    »Wen sehen Sie als Ihren ärgsten Konkurrenten?« Bietigheim wollte das Selbstbewusstsein des Schweizers auf die Probe stellen.
    Urs Egeli blickte verblüfft auf und schob seine Nickelbrille einen Hauch höher. »Es gibt keinen. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber niemand ist so gut auf diese Weltmeisterschaft vorbereitet wie ich. Edward geht es nur um die Show, doch damit wird er bei Ihnen nicht durchkommen, Pierre mangelt es nicht an Arroganz, dafür jedoch an Selbstkritik. Darüber wird er stolpern. Ich weiß, Sie sehen dies ähnlich, auch wenn Sie es nicht sagen dürfen. Mein Kuchen wird Sie begeistern. Es wird ein Klassiker werden, ich verspreche es Ihnen.«
    Im nächsten Pavillon werkelte Ottavio Bertinotti, der zunächst schon ausgeschieden, aber nun für die ermordete Jana Elisa da Costa nachgerückt war. Bertinotti trug Schwarz – aus Trauer.
    »Wir arbeiten am Wetter«, scherzte Bietigheim, »aber bisher verhält es sich leider unkooperativ.« Bertinottis Miene erhellte sich nicht. »Sie sehen unglücklich aus.« Adalbert versuchte es mit seiner feinfühligen Seite. Solange er das nicht zur Gewohnheit werden ließ, konnte es nicht schaden.
    Bertinottis Augen waren glasig. »Sie sollten sich wundern, warum die anderen nicht unglücklich aussehen. Jeder denkt nur ans Gewinnen, als wenn es nichts Wichtigeres gäbe. Alle tun so, als sei nichts passiert. Diesen Kuchen hier, den mache ich nicht für mich, Signore Professore, auch nicht für Sie oder die Weltmeisterschaft, ich mache ihn für Jana, die eine wunderbare Frau und Chocolatière war. Wenn ich damit eine Runde weiterkomme, dann kommt auch sie damit eine Runde weiter. Wir sollten nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, wir sollten Anteil nehmen!«
    Bietigheim stimmte Bertinotti zu, doch musste er sich nun wieder seinen Aufgaben als Juryvorsitzender widmen.
    Im letzten Pavillon würde Jón Gnarr sein, doch Bietigheim stand nicht der Sinn nach Small Talk mit dem Isländer. Trotzdem schaute er hinein – die Küchenzeile war verwaist. Verwundert zog er den Kopf wieder heraus. Der Wind raste über den Strand, und Sandwirbel tanzten wie Derwische umher, selbst Edward Macallan war in seinen Pavillon zurückgekehrt.
    Plötzlich fiel ein dunkler Schatten über ihn, als käme eine Wand auf ihn zu. Es hätte auch ein Höhlentroll sein können.
    Pit hustete. »Können wir uns irgendwo unterhalten, wo uns nicht säckeweise Sand in Mund, Nase und Augen fliegt?«
    Bietigheim trat vor Pit in Jón Gnarrs Pavillon und machte sich daran, die Küchenzeile, den Kühlschrank, den Backofen und die Gerätschaften in Augenschein zu nehmen. Alles völlig unbenutzt.
    »Ich bin es leid!«, legte Pit sofort los. »So was von leid! Echt. Nie erreicht man Sie. Ich wollte Vollzug melden, was das Frittenbanner am Belfried betrifft. Einfach war die Aktion

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