Die letzte Praline
sind?«
Macallan hielt es nicht mehr auf dem Stuhl, es sah fast so aus, als würde er herausgeschleudert. »Quatsch! Keiner von denen wäre dazu fähig. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Echt!«
»Dann verbrennst du dich aber tierisch.« Pit legte ihm die Beweiskette dar.
»Scheiße!« Macallan strich sich durch die Haare. »Glaub ich trotzdem nicht, kann ich nicht, das sind alles gute Jungs und Mädels. Wer mit Schokolade zu tun hat, kann kein schlechter Mensch sein.«
»Na klar. Wer mit Gott zu tun hat, kann auch kein schlechter Mensch sein. Wer mit Kranken zu tun hat, kann sowieso kein schlechter Mensch sein. Leider missbrauchen die einen Kinder, und die anderen treiben Organhandel. Natürlich nicht alle, klar, aber überall gibt’s schwarze Schafe. Auch bei solchen Süßkrampanschern wie euch.«
»Das hier sind Künstler!« Macallan gestikulierte wild durch die Luft.
»Van der Elst hat Schwabbelbrüste gemacht!«
»Was ist mit dir los? Sind Brüste etwa keine Kunstwerke? Kennst du was Schöneres?«
Pit lachte schallend. »Du bist in Ordnung, Mann.«
Er konnte erst weiterreden, nachdem er einen Schluck von seinem Bier genommen hatte. »Hatte die da Costa eigentlich mit irgendwem Streit?«
»Das hat die Polizei längst gefragt. Und nicht nur einmal. Echt. Es hat irgendwann richtig genervt. Sie hatte mit keinem Streit. Wir mochten sie alle, und sie stellte für keinen eine Gefahr da. Das schwöre ich bei dem Single Malt meiner Familie.« Er holte einen Flachmann aus seiner Hosentasche, drehte den Deckel ab und schüttete etwas daraus in sein Bier. »Das ist sonst zu dünn. Weißt du, Alkohol ist Geschmacksträger.«
»Und ob ich das weiß«, sagte Pit, beugte sich zu Macallan über den Tisch und griff sich den Flachmann. »Wer wird gewinnen?«
»Ich.« Der Schotte grinste nicht.
»Ehrlich?«
»Ich, ehrlich. Aber fragst du die Buchhändler, sagen sie Cloizel. Und zwar 7:1. Van der Elst 18:1, ich stehe aktuell bei 22:1 und Vanessa bei 53:1. Was ist? Warum guckst du so?«
Cloizel! Mist, den musste er doch noch fragen, ob alles klarging mit der Umstellung auf fairen Kakao. Hatte der Professor gesagt. Na ja, dann also ran. So spät war es ja noch gar nicht. Zumindest in Australien.
Pit klopfte gegen Cloizels Tür, unter der noch Licht durchschien. Doch niemand öffnete. Sicherheitshalber trat er die Tür ein. Bloß nicht noch eine Leiche. Es wäre wirklich schade um den begabten Chocolatier – außerdem wollte Pit langsam in die Koje.
Pierre Cloizel war quicklebendig. Er saß an dem kleinen Hotelschreibtisch, trug Sakko, Hemd und Krawatte sowie Boxershorts mit dem aufgestickten Emblem seiner Familie, einer doppelten Aster. Pierre blickte auf den Bildschirm seines Laptops, der in vier geöffneten Programmfenstern jeweils ein anderes Gesicht zeigte, live zugeschaltet. Nur kurz blickte der Franzose auf, als Pit die Tür eintrat, dann wandte er sich sofort wieder dem Bildschirm zu. Was dort geschah, war augenscheinlich viel wichtiger als ein um Mitternacht in sein Zimmer polternder Rocker.
»Dann lasst uns einen Zeitplan festlegen und diesen kommunizieren!«, sagte der Franzose nun.
»Pierre, willst du es nicht verstehen?«, kam die Antwort aus den Lautsprechern des Laptops. Wenn Pit es richtig sah, sprach der Mann oben rechts im Bild. »Es geht nicht. Nicht heute, nicht morgen, nicht in einem Jahr, nie. Bei unseren Mengen ist es völlig unmöglich. Wo willst du das fair gehandelte Zeug herbekommen? Wir müssten erst die Strukturen legen.«
»Dann lasst uns das tun! Wir können doch sofort damit anfangen. Und die Entscheidung kommunizieren.«
Eine andere Stimme erklang, älter und kälter, eine Stimme, die keine Widerworte gewohnt war und der man nicht dazwischenredete. Der ältere Herr unten rechts im Bild sah aus, als sei er mit Pierre verwandt. Sein Vater vielleicht oder sein Onkel. »Es ist grober Unfug. Und ich sage es ein letztes Mal: Unsere Preispolitik lässt es nicht zu. Es wäre wirtschaftlicher Selbstmord. Sei nicht so blauäugig, Junge!«
»Es muss doch eine Möglichkeit geben!« In Cloizels Stimme war Verzweiflung zu hören.
»Ja, die gibt es. Du erhältst einen Bodyguard. Wir haben ihn bereits organisiert, er trifft Ende der Woche ein.«
Pierre lachte trocken. »Es ist ja nicht euer Leben, das auf dem Spiel steht! Dann killt dieser Jaguarkrieger eben erst den Bodyguard und dann mich. Ein Mord mehr wird ihn nicht kratzen.«
»Du reagierst völlig über. Konzentriere dich auf die
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