Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
Vom Netzwerk:
sogar bis in die Bar. Pit kam sich wie in einem Edgar-Wallace-Film vor.
    Als die Person seine brennende Zigarette sah, rannte sie davon in die Nacht, die sie verschluckte wie eine ausgehungerte Spinne die Fliege im Netz.
    Pit rieb sich die Augen. Wie viel Bier waren es gewesen? Na ja, so viele, dass er mit dem Zählen aufgehört hatte.
    Die Person hatte ausgesehen wie eine Person, die er schon einmal gesehen hatte.
    Sie hatte ausgesehen wie Jana Elisa da Costa.

KAPITEL 8

    Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen …
    … die Werbung verspricht viel zu viel.
    Das Licht sprang wieder an. Der Kühlschrank begann zu brummen. Die Stereoanlage spielte etwas Dudeliges. Edward Macallan drehte sich überrascht um. »Hey, Mann! Was machst du denn noch so spät hier? Auch durstig? Das ist der späte Durst, kenn ich, dem muss man nachgeben.« Er griff eine Dose Amstel aus dem deckenhohen Kühlschrank und warf sie Pit zu, der noch genug Reflexe hatte, um sie sicher zu fangen. Manche Reflexe verlor er nie – egal, wie viel Alkohol sich in seinem Blutkreislauf befand.
    »Wer war das?« Pit öffnete die Dose mit einer Hand.
    »Wer war was?« Macallan drehte sich zu ihm um und zog fragend die Augenbrauen hoch.
    »Die Frau gerade. Wer war das?«
    »Du hast schon was getrunken, oder?«
    »Ich hab sie gesehen. Verarsch mich nicht!« So leicht würde Pit sich nicht abservieren lassen.
    »Keine Ahnung, wovon du redest.«
    »Du bist ein schlechter Lügner, Eddie. Ich darf doch Eddie sagen, oder? Klar darf ich das. Setz dich, ich hab keinen Bock zu stehen, meine Muskeln pennen schon. Also hier an den Tisch mit dir.«
    Macallan ließ sich nieder. »Wollte ich sowieso gerade. Aber Mann, da war echt niemand. Wie soll das auch gehen? Die Polizei bewacht das Hotel doch seit dem Mord rund um die Uhr.«
    »Also hast du mit dir selber geredet? Und zwar ganz schön laut?«
    Der Schotte blickte zu Boden. »Ja, Mann, hab ich. Sag’s keinem, okay? Sonst denken die noch, ich wäre ein Spinner und sie könnten mich im Finale knacken. Ich brauch das mit dem Quatschen, weißt du, im Spiegel oder jetzt nachts vor einer Glasscheibe, die spiegelt ja auch. Da motiviere ich mich, als wäre ich mein Zwillingsbruder, sporne mich an. Hat halt jeder so seine Ticks. Ich höre auch – nicht lachen!«
    »Ich lache nicht.«
    »Cliff Richard. Das ist echt das Schlimmste. Aber ich mag’s.«
    »Ich mag Reinhard Mey.« Das behielt Pit ja sonst gern für sich, aber zum Zwecke der Ermittlungen würde er heute mal eine Ausnahme machen.
    »Kenn ich nicht.«
    »Sagen wir es so: Der ist von Heavy Metal so weit entfernt wie Schottland vom Mons Huygens.«
    »Mons Huygens?«
    »Dem höchsten Berg auf dem Mond.«
    »Oha.«
    »Sag ich ja.« Pit stieß mit dem merkwürdigen Burschen an. »Also war das gar nicht Jana Elisa da Costa, sondern deine Spiegelung?«
    »Das wäre ja sonst echt gruselig gewesen. Da war gar keiner.«
    Einen Moment lang hingen beide ihren Gedanken nach.
    »Kanntest du sie? Gut?«, fragte Pit dann.
    Macallan beugte sich vor und blickte auf seine Hände. Hinter ihm an der Glasfront der Veranda türmte sich der Nebel auf. »Jana hat mal ein Praktikum bei mir gemacht, vor drei Jahren war das. Aber auch bei Cloizel und Egeli. Sie hatte viel Ehrgeiz, den von der guten Art, der einen erst dazu bringt, etwas Besonderes zu erreichen. Noch ein paar Jahre, nicht viele, und sie wäre ein ernst zu nehmender Anwärter auf den Weltmeistertitel gewesen. Und das hätte in ihrem Land sicherlich einen kleinen Schokoladenboom ausgelöst. Die Medien hätten sich auf sie gestürzt: so schön und dann auch noch so begabt. Mann, sie war eine Traumfrau.«
    Pit setzte das Bier ab und wischte sich die Lippen mit dem Unterarm trocken. »Deine Traumfrau?«
    Macallan holte tief Luft. »Ja, auch meine.«
    »Dafür nimmst du ihren Tod aber verdammt locker.«
    Macallan atmete tief durch und nahm dann einen langen Schluck. »Ich verdränge das. Kann’s mir so kurz vor dem Finale einfach nicht erlauben. Wenn alles vorbei ist, dann werde ich trauern, weil es dann rausmuss aus mir. Das will es jetzt schon.« Er kniff die Augen zusammen. »Darfst du überhaupt mit mir reden? So als Jurymitglied?«
    »Bin gerade außer Dienst. Bin nur Pit. Und Pit darf mit allen reden. Eine Frage hätte er noch: Dir ist schon klar, dass der Mörder von Jana Elisa einer von euch Chocolatiers sein muss und auch der von Beatrice Reekmans? Und das es nicht derselbe ist? Dass also zwei von euch Mörder

Weitere Kostenlose Bücher