Die letzte Praline
holen.
»Sie haben die Fernbedienung für diesen lächerlichen Jaguarfellregen im Rathaussaal bedient.«
»Ja«, antwortete Jana Elisa da Costa. »Didier hat alles gebaut und angebracht. Als Abgeordneter der Socialistische Partij Anders hat er Zugang zum Rathaus. Er ist durch den Haupteingang rein, hat ein Toilettenfenster aufgesperrt und die Leiter ins Innere geschafft. Er blieb dann die Nacht vor der ersten Runde der Weltmeisterschaft im Rathaus, montierte alles und spazierte am nächsten Morgen wieder raus. Ich musste die Apparatur dann nur noch auslösen. Sie sollte das Mysterium beginnen lassen.«
»Das ist mir klar. Was mir nicht klar ist: Was sollte sein Besuch bei Madame Baels? Sie steckt doch wohl nicht auch mit drin?« Adalberts Magen krampfte sich bei dem Gedanken daran zusammen.
»Nein, aber sie war sehr warmherzig zu mir. Und diese Weltmeisterschaft ist ihr Ein und Alles, Didier sollte sie beruhigen, das war mein Wunsch.«
»Beruhigen, indem er nachts in ihrem Schlafzimmer auftaucht?«
»Eine blöde Idee, das weiß ich jetzt auch. Als ich sie mir überlegt habe, klang sie noch ganz logisch. Er kam ja gar nicht dazu, in Ruhe mit ihr zu sprechen.«
»Was bei völlig verängstigten Menschen auch schwierig ist.«
Bietigheim blickte hinaus. Links und rechts hohe Platanen. Dahinter Felder. Kalou kam mit dem dritten Bier.
»Wo halten Sie sich zurzeit denn versteckt?«, wandte Adalbert sich erneut an die Chocolatière.
»Bei Didier. Er hat ein Gästezimmer und extra für mich dekoriert. Mit Fotos von Brasilien, damit ich mich wohlfühle. Auch wenn ich für den Karneval in Rio nichts übrighabe.« Sie lachte.
Jetzt wurde Bietigheim das Ganze doch zu gelöst. »Wessen Idee war dieser ganze Unfug?«, fragte er deshalb mit strengem Ton.
»Meine«, sagten Jana Elisa da Costa und Didier Kalou gleichzeitig. Dann nahm dieser die Hand der Brasilianerin. »Es war meine, ich suchte eine Verbündete unter den Teilnehmern und stieß auf Jana. Es hat gedauert, doch ich konnte sie überzeugen. Sie ist eine starke Frau, der Gerechtigkeit wichtiger ist als Ruhm.«
»Das glaube ich Ihnen, obwohl Ruhm – oder zumindest Berühmtheit – kübelweise auf sie zukommt, sobald diese Sache bekannt wird.«
»Wir werden unsere Botschaft verbreiten, aber uns der medialen Aufmerksamkeit entziehen«, antwortete Kalou in ruhigem Tonfall.
»Sind Sie wirklich so blauäugig? Das kommt Hand in Hand. Es geht gar nicht anders.«
Adalbert blickte hinaus. Weiterhin hohe Platanen vor Feldern. Es war, als würde eine Fototapete in Dauerschleife an ihnen vorbeigezogen.
Nun blickte Bietigheim die beiden scharf an. »Aber Sie sind nicht nur zu zweit, sondern zu dritt, oder? Sie brauchten jemanden, der Schmiere stand beim angeblichen Mord an Ihnen, Frau da Costa. Sie hatten versucht, Beatrice Reekmans zu überzeugen, hatten ihr Vertrauen gewonnen, doch dann …«
»… als ich ihr von unseren Plänen erzählte, wollte sie nichts davon wissen und beendete unsere Freundschaft.« Jana Elisa da Costa senkte die Augen. »Sie überlegte sogar, alles publik zu machen. Aber umgebracht haben wir sie nicht, Herr Professor!«
»Also wandten Sie sich an einen der anderen Finalisten.«
Da Costa nickte zögerlich. »Aber ich werde Ihnen den Namen nicht verraten.«
»Doch, das werden Sie.« Hier gab es für Adalbert nichts zu diskutieren. Nun war er an der Reihe, Forderungen zu stellen. »Falls es Ihnen nicht klar ist: Sie versuchen gerade, sich mein Schweigen zu erkaufen. Und mein Schweigen, Verehrteste, ist teuer. Ist es Gnarr?«
»Nein.«
»Hohenhausen?«
»Nein.«
»Raus damit! Meine Geduld ist zu Ende.« Mürrisch verschränkte Adalbert die Arme vor der Brust.
»Macallan«, räumte sie nach kurzem Zögern ein. »Er wird auch das zweite Opfer des Jaguarkriegers sein, sollte auf unsere Forderungen nicht eingegangen werden.«
»Hören Sie mir gut zu, Sie beide! Es wird keine Auftritte des Jaguarkriegers mehr geben, keine Opfer, keine einstürzenden Zirkuszelte, nichts von alledem! Bedenken Sie, welches Unheil damit einherging. Cloizel lebt Ihretwegen in Todesangst. So etwas tun Sie einem herausragenden Chocolatier an – so viel zum Thema Kollegialität! Und nur weil er das größte Unternehmen repräsentiert, dessen Hinwendung zu fair gehandelter Schokolade Ihren größten Erfolg bedeuten würde.« Bietigheim legte kopfschüttelnd eine kurze Pause ein, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Wann wollten Sie das Spiel denn aufdecken?
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