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Die letzte Reifung

Die letzte Reifung

Titel: Die letzte Reifung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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steckte ein Stück Schinken, köstlich duftender Jambon de Morvan. Und diesen liebte Benno fast noch mehr als Barock-Musik.
    »Er ist zwar nur ein kleiner Foxterrier, doch bei diesem Käse wird er zur Bestie.«
    Der Professor hielt seinen Arm etwas tiefer – und Benno sprang empor.
    Hervé Picard entschuldigte sich bei der langbeinigen Dame und schob Bietigheim sanft in eine Ecke des Geschäfts. «Das würden Sie nicht wagen!«
    »Oh, ich wage vieles. Ein Mann wie ich mit Beamtenstatus, unkündbar, und Eigentumswohnung in Eppendorf, ist schließlich abgesichert.« Er ließ Benno nochmals springen.
    »Wie viel wollen Sie dafür?«
    »Ah, jetzt reden wir miteinander. Sollen wir uns nicht setzen? Ist viel gemütlicher.«
    Sie nahmen in Hervé Picards kleinem Büro Platz. Der Professor platzierte die zehn Käse so nah an die Schreibtischkante, dass sie stets in Gefahr waren herunterzufallen. Der Affineur streckte die Hände danach aus – doch der Professor schlug darauf.
    »Finger weg! Gegrapscht wird nicht.«
    Hervé Picard zückte sein Scheckheft. »Nennen Sie mir eine Zahl.«
    »Eine.«
    »Was?«
    »Eine.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich will eine einzige Information für diese zehn unglaublich wertvollen Käse. Ein Schnäppchen, wie ich finde.«
    »Was für eine Information?«
    »Über Ihre Käsevereinigung. Ich will die Wahrheit.«
    »Was für eine Wahrheit? Sie wissen doch bereits alles.«
    Bietigheim beugte sich zu Benno. »Na, alter Junge, kannst du dich noch zurückhalten? Nein?« Ein kleines Stück Käse hatte er mit Wurst präpariert. Eigentlich bestand es nur aus Wurst, ganz dünn mit Käse bedeckt. Eine Meisterleistung in Sachen Käseskulptur. Der Foxterrier schluckte es herunter, ohne auch nur einmal zu beißen.
    Hervé Picards Mundwinkel zuckte. »Wir sind sehr auf Diskretion bedacht.«
    »Ja, wunderbar. Ich ebenfalls.«
    »Sie verstehen nicht …«
    »Was, Benno? Hast du gerade gesagt, dass du immer noch großen Hunger hast? Wirklich? Na, dagegen müssen wir doch etwas tun.«
    »Ich könnte ausgeschlossen werden.«
    »Niemand wird erfahren, dass ich die Informationen von Ihnen erhalten habe. Mein Wort.«
    Und wenn ein Mann wie Professor Dr. Dr. Adalbert Bietigheim sein Wort gab, dann konnte man ein Weltreich darauf errichten. Hervé Picard merkte, welchen großen Wert es hatte. Er beugte sich vor und schob die Käse fort von der Schreibtischkante und näher zu sich. »Also gut.« Er öffnete den obersten Hemdknopf. »Ich möchte es so ausdrücken: Man hilft sich. Wenn einer den Preis anhebt, ziehen die anderen nach. Wenn einer einen Pressekontakt auftut, kommen auch die anderen in diesen Genuss. So haben wir es geschafft, alle Drei- und Zwei-Sterne Restaurants des Landes zu beliefern, und so wurden wir zu den Grandes Marques. Die Champagne hat es vorgemacht. Doch bei uns geht alles im Verschwiegenen.«
    »So harmlos? Dann wäre die Geheimniskrämerei doch gar nicht nötig. Sind Sie nicht eher ein…Kartell? Setzen Sie den Gastronomen nicht die Pistole auf die Brust, nach dem Motto: "Willst du den Käse von einem unserer Gruppe, dann musst du von allen Ware nehmen?" Bei den Affineuren ist es sicher genauso. Und vermutlich sorgen Sie auch dafür, dass unliebsame Konkurrenten nicht zum Zuge kommen. Wer die Möglichkeit dazu hat, der nutzt sie doch. Sie bestimmen gemeinsam den französischen Käsemarkt, Sie und niemand anderes. Denn wer an den Trögen steht, der verteidigt sie.«
    Picard lächelte mit unverhohlenem Stolz. »Wir wissen unsere Interessen zu wahren.«
    »Und die Treffen?«
    »Zum einen zur Weiterbildung, wir wollen schließlich wissen, was andere so treiben. Zum anderen um Geschäftliches zu besprechen.«
    »Madeleine Poincaré und Jean-Francois Vesnin waren Mitglieder?«
    »Ja.«
    »Wer könnte der Vereinigung Böses wollen?«
    »Niemand, eigentlich profitiert jeder. Selbst die Restaurants und Affineure, die viel für unsere Produkte zahlen müssen, denn sie können auch viel dafür einnehmen. Wir schaden keinem!«
    »Wie viele sind Sie?«
    »Zwölf. Das ist unsere Zahl, schon immer, sonst wird es unübersichtlich und unpersönlich.«
    »Natürlich, die Exklusivität ist Ihre stärkste Waffe. Wie viele wissen von der Vereinigung?«
    Hervé Picard zuckte mit den Schultern. »Menschen reden gern. Aber wenn wir von einem Koch, Käser oder Affineur erfahren, dass er über uns plaudert, erhält er nichts mehr. Keine Ware, keine Unterstützung.«
    »Jede mächtige Vereinigung hat Feinde. Denn

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