Die letzte Reifung
damit die Medien Ruhe geben!«
Oder, fuhr es Bietigheim durch Kopf, zog vielleicht Claude Bourcin von Frombel die Strippen, um seinen Kopf und den des Dorfpriesters gar nicht erst in die Schlinge kommen zu lassen?
»Angeblich«, sagte Bigot genüsslich, »hat er bereits gestanden.«
»Blödsinn, das denken Sie sich doch aus!«
Der Bürgermeister streckte die Arme empor, als wäre er gerade erst aus dem Bett gesprungen. »Ein herrlicher Tag, oder? Und wissen Sie, warum? Weil Sie nun das Burgund verlassen werden!«
»Sie sind doch bloß sauer, weil ich Sie unter den Tisch getrunken habe.«
Jetzt wurde der Affe wütend. »Betrogen haben Sie mich! Irgendwas in den Wein gemischt!«
»Nein, nichts dergleichen.«
»Mich trinkt keiner unter den Tisch.«
»Ich habe es getan. Es war nicht einmal besonders schwer.«
»Sie!«
»Das ist die korrekte Anrede.«
»Ich werde der Gazette de Côte d'Or ein Interview geben und Sie der Lächerlichkeit preisgeben. Dass Sie es nur wissen! Sie sind ein Haufen Scheiße, sonst nichts!«
Nun wurde Bietigheim doch ein wenig sauer. Und er beschloss, sich zu rächen. Mit einer bösartigen Tat, einer hundsgemeinen gar – ohne dass er damit Benno beleidigen wollte. Doch der Bürgermeister hatte es verdient. Für all seine Sünden und Charakterfehler.
Bietigheim zog die Vacherin-d'Epoigey-Rezeptur aus seiner Jacke, faltete sie auseinander und reichte sie seinem Gegenüber. »Ich habe gerade Ihrem schwer angetrunkenen Bruder ins Bett geholfen und dies auf der Suche nach Kopfschmerztabletten in seinem Nachttisch gefunden. Wenn mich nicht alles täuscht, und das tut es gewiss nicht, macht ihn diese Rezeptur des Mordes an Madeleine Poincaré höchst verdächtig. Ich habe das Beweisstück bereits fotografiert und vertraue es Ihnen hiermit an. Sie wissen ja, was damit zu geschehen hat. Ich wünsche Ihnen noch einen wunderschönen Tag.«
Er lüftete seinen Strohhut und schenkte dem Bürgermeister zum Abschied ein aufmunterndes Lächeln.
Als Pit in die Höhle zurückkehrte, hatte sie sich in eine Jugendherberge verwandelt.
»Was hast du mit den ganzen Matratzen vor?«
Jan sah nicht einmal hoch, so konzentriert legte er die Schlafgelegenheiten aus. »Frag den Professor. Er hat Verstärkung herbeordert und verhält sich überhaupt total merkwürdig.«
»Noch merkwürdiger als sonst?«
»Guck's dir selbst an. Er ist oben.«
Eine brünette Frau kam herein, auch sie trug eine Matratze. Trotz der schweren Last strahlte sie und schaffte es sogar mit der freien Hand, Jan in den Po zu kneifen.
»Ist sie das?«, flüsterte Pit. »Oder darf dich hier jeder im Dorf angrapschen?«
Jan blickte hoch. »Eine tolle Frau, oder? Die Winzerin meines Vertrauens!«
»Ich lass euch dann mal lieber allein. Falls ihr alle Schlafgelegenheiten ausprobieren wollt …« Er schlug Jan mit der Pranke so fest auf den Rücken, dass dieser auf einer Matratze landete.
Den Professor fand Pit vornübergebeugt an einem improvisierten Schreibtisch sitzend, die Lesebrille auf der Nasenspitze. Er bemerkte gar nicht, dass Pit vor ihm im Raum stand, so vertieft war er in seine Lektüre: »Etymologie der Käse Westeuropas – Eine Streitschrift«.
»Käsetaxi.« Pit warf ein Paket auf den Tisch, das Davide ihm mitgegeben hatte.
Der Professor zuckte zusammen und blickte erbost auf. »Pit, da sind Sie ja endlich!«
»Freut mich auch, Sie wiederzusehen. Was ist denn hier los?«
»Was hier los ist? Sieht man das denn nicht? Wir werden den größten Käseigel der Welt errichten!«
»Mit Matratzen?«
Der Professor nahm seine Brille ab. Immer ein schlechtes Zeichen. Wie ein Boxer, der die Handschuhe beiseitelegt, um richtig zuschlagen zu können. »Reden Sie doch kein dummes Zeug! Die sind für meine Studenten, oder haben Sie etwa gedacht, ich würde höchstpersönlich Käse in Würfel schneiden und Zahnstocher hineinpiken?«
»Auf die Idee wäre ich nie gekommen.«
»Sehen Sie.«
»Und der Igel hilft, den Mörder zu finden?«
»Ja selbstverständlich. Muss ich Ihnen denn alles erklären? Er wird ihn aus der Deckung locken – egal, wer es ist. Was tun Sie überhaupt hier? Sie sollen doch Gérard bewachen. Gehen Sie schon!«
Jan hatte recht, der Professor war wirklich verrückter als sonst. Da schien es eine gute Idee, die Höhle zu verlassen. Außerdem freute Pit sich darauf, Gérard wiederzusehen. Er hatte den alten Cassis-Bauern mittlerweile richtig ins Herz geschlossen. Es war schön, ihm beim Leben zuzuschauen. Ein
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