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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Reisenden weiter nach Süden vordrangen, wuchsen die Hügel zu ihrer Linken zu zerklüfteten Bergen heran: die Fal Erenn. In westlicher Richtung – zu ihrer Rechten – erstreckte sich das Land als eine aus rötlich-gelben Bodenwellen bestehende Fläche. Es war alles unermeßlich groß und wunderschön, aber zugleich auch von quälender Leere, was Travis bloß ständig daran erinnerte, daß das hier nicht seine Welt war.
    Die Sonne war in eine bronzene Wolkenbank eingetaucht, als Beltan herangeritten kam und berichtete, er habe einen Lagerplatz für die Nacht gefunden. Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen flachen, einige hundert Schritte östlich von der Straße gelegenen Rundhügel. Er wurde von verkümmerten Eichen umringt, die einen gewissen Schutz boten; in der Nähe der Hügelkuppe plätscherte eine kleine Quelle unter einem Stein hervor. Travis stieg von seinem Wallach und stöhnte. Das letzte Mal war er auf einem Jahrmarkt geritten, und da war er elf Jahre alt gewesen. Es kam ihm so vor, als hätte unterwegs jemand seine sämtlichen Muskeln neu geordnet und sie an Orte gezwängt, wo sie nicht hingehörten.
    Während sich Zwielicht über den Hügel senkte, schlugen sie ihr Lager auf. Obwohl Melia scheinbar keine Bedenken hatte, die anderen herumzukommandieren, drückte sie sich nicht vor ihrem Teil der Arbeit. Das aus Kels Vorräten zusammengestellte Abendessen war ihr Werk, und sie schien erfreut über das Kompliment zu sein, das die anderen ihr machten, indem sie wie ausgehungert darüber herfielen. Andererseits hätte sie es vermutlich noch mehr zu schätzen gewußt, wäre Beltan nicht ganz so nachdrücklich mit seiner Lobpreisung gewesen.
    »Und was willst du auf dem Rest der Reise essen, Beltan?« fragte sie honigsüß, als er sich die dritte Portion Eintopf und Brot nahm.
    Beltan schluckte schwer und stellte das Essen ab. »Wißt ihr, ich bin eigentlich gar nicht so hungrig, wie ich dachte.«
    »Das glaube ich auch, mein Freund«, sagte Melia.
    Travis aß wortlos auf und dachte nicht einmal daran, um einen Nachschlag zu bitten.
    Die Nacht brach herein, und sie breiteten ihre Decken neben dem Feuer aus. Beltan begab sich mit klirrendem Kettenhemd ein kleines Stück beiseite, um die erste Wache zu übernehmen. Die Kühle ließ Travis zittern, dann wickelte er sich in seinen Nebelmantel ein und schloß die Augen.
    Als er erwachte, sah er fremde Sterne.
    Sie brannten am pechschwarzen Himmel, Diamanten- und Saphirsplitter. Er glaubte, Bilder erkennen zu können, weitaus klarere Gebilde als die flüchtigen, zur Hälfte nur in der Vorstellungskraft bestehenden Konstellationen auf der Erde: wilde Bestien, geflügelte Jungfrauen, Krieger, die Schwerter aus kaltem Sternenlicht schwangen. Bruchstücke einer gemurmelten Unterhaltung trieben durch die Luft – das war es, was ihn geweckt hatte. Er war schlaftrunken, glaubte aber, daß sich Melia und Falken leise am Lagerfeuer unterhielten.
    Die Nachtluft transportierte die Worte des Barden. »Aber du wirst doch sicher feststellen können, ob Travis von demselben Ort kommt.«
    Travis setzte sich mühsam auf. Ob ich von demselben Ort komme wie was?
    Er kam nicht mal dazu, die Frage laut auszusprechen. Trotzdem richtete Melia ihren bernsteinfarbenen Blick auf ihn. Ihr Ausdruck war streng, jedoch nicht unfreundlich.
    Schlaf weiter, Travis.
    Ihre Lippen bewegten sich nicht, doch ihre Stimme erklang deutlich hörbar in seinem Kopf. Er wollte protestieren, aber eine Welle der Müdigkeit schlug über ihm zusammen. Unfähig, ihr zu widerstehen, schloß er die Augen und versank wieder in einen tiefen und sternenlosen Schlaf.

40
    Als sich der rote Sonnenball über den Horizont schob, traf er sie bereits in schnellem Galopp auf dem Königinnenpfad an. Der Morgen war zur Hälfte vorbei, und der Herbsttag war kühl, aber angenehm, als sie zu einer moosbewachsenen Steinbrücke kamen, die eine schmale Schlucht überspannte. Unten rauschte ein kleiner, schäumender Fluß. Laut Falken war das der Oberlauf des Farwanders.
    Der Barde sprach laut, um das Rauschen des Wassers zu übertönen. »Hier sieht das nicht nach viel aus, aber es ist der Anfang eines Flusses, der sich von der Quelle bis zur Mündung über dreihundert Meilen erstreckt. Wenn er das Sonnenfeuermeer erreicht, ist der Farwander über eine Meile breit. Das behaupten zumindest die Geschichten, denn ich kenne keinen Bewohner der Domänen, der bis zur Westküste Falengarths gereist wäre.«
    Melia hob eine

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