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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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einzige dunkle Braue. »Niemanden? Nicht mal ein so großer Wanderer wie du, Falken?«
    Er schüttelte den Kopf, blickte in die Ferne und fuhr dann so leise fort, daß das Rauschen des Flusses seine Worte beinahe übertönte. »Es führte nur eine Straße in den tiefen Westen zum Ewigen Meer, und sie nahm ihren Anfang in Malachor. Aber diese Straße führte nur in eine Richtung, denn diejenigen, die sie benutzten, kehrten niemals zurück, und heute kennt niemand mehr den Weg.«
    Der Barde lächelte, und obwohl Traurigkeit darin lag, war dort auch tiefempfundene Heiterkeit zu sehen. »Aber das sind alles alte Geschichten. Wir haben unsere eigene Straße, über die wir reisen müssen, in weniger melancholische Länder.«
    Er gab seinem Reittier die Sporen, und mit klappernden Hufen überquerte der schwarze Hengst die tarrasische Brücke. Die anderen schlossen sich ihm an.
    Sie ritten den ganzen Tag lang und legten nur ein paar kurze Pausen ein, um etwas Brot zu essen und die Pferde trinken zu lassen. Der Königinnenpfad führte auch weiterhin pfeilgerade durch die Landschaft, obwohl er sich in bestimmten Abständen krümmte, um dem südöstlichen Verlauf der Morgenrotberge zu folgen. Als die Sonne in der Ferne hinter dem Horizont verschwand, kam Beltan wieder zurückgeritten, um den anderen mitzuteilen, daß er einen Lagerplatz gefunden hatte. Diesmal schien er mit seinem Fund ganz besonders zufrieden zu sein.
    Keine zwanzig Schritte von der Straße entfernt gab es eine kleine Senke, die von einem Kreis knorriger Bäume umringt wurde. In der Kreismitte sprudelte eine Quelle, um die herum dichte Kräuterbüsche wuchsen, die zu dieser späten Jahreszeit noch immer grün und duftend waren. Als sie näher kamen, erklärte Falken, dieser Ort sei ein Talathrin oder auch Wegkreis. Die Wegkreise waren von den Tarrasern beim Bau der Straße eingerichtet worden und sollten als sichere Übernachtungsmöglichkeiten für Reisende dienen. Sie banden die Pferde außerhalb fest und betraten den Talathrin durch einen aus Ästen gebildeten Torbogen, die vor Jahrhunderten zu lebenden, ineinander verflochtenen Säulen verschmolzen waren.
    Falkens Atem trat in der kalten Luft als Nebelwolke aus. »Manche behaupten, es läge ein Zauber auf den Bäumen, die diese Kreise umsäumen, eine Magie, die jene beschützt, die hier schlafen. Aber ich weiß nicht, ob das der Wahrheit entspricht, denn ich weiß nur wenig über tarrasische Magie.«
    »Das liegt daran, das es auch nur wenig darüber zu wissen gibt«, meinte Melia. Sie erlaubte Beltan, ihr über eine hervorstehende Wurzel zu helfen. »Die Tarraser waren immer viel bessere Ingenieure als Zauberer. Und obwohl es in den Talathrin keine Magie gibt, entspricht es der Wahrheit, daß diesen Orten eine Geborgenheit innewohnt. Das sind Ithaya oder Sonnenblätterbäume, die auf hohen Klippen über dem Sommermeer wachsen, und als Tee aufgebrüht, ist ihre Rinde ein gutes Mittel gegen Schmerzen und Fieber. Und die Pflanzen an der Quelle sind Alasai oder Grüner Zepter, mit denen man Essen würzen und verdorbenes Fleisch reinigen kann. Beides kann Reisenden von großem Nutzen sein.«
    Melia näherte sich der Quelle, zog den Saum ihres Kleides hoch und kniete nieder, um die süßlich riechenden Kräuterbüschel mit den Händen zu trennen. Diese Handlung enthüllte eine vom Regen abgenutzte Elfenbeinfigur neben der Quelle.
    »Seht ihr?« sagte sie mit einem Lächeln. »Naimi, die Göttin der Reisenden, wacht über diesen Ort, obwohl man sie in diesem Land schon seit Jahrhunderten nicht mehr anbetet – seit die Menschen von Tarras hier lebten.« Melia tauchte die Finger in die Quelle und spritzte ein paar Tropfen klares Wasser vor die Figur. »Ich hoffe, Ihr habt nichts dagegen, daß wir Euren Wegkreis benutzen, Verehrte«, murmelte sie.
    Travis konnte sich nicht helfen, aber seiner Meinung nach schien das etwas zwanglos für ein Gebet an eine Göttin zu sein. Doch Melia wußte mehr über solche Dinge als er. Sie hielt das dunkle Haar im Nacken mit einer Hand fest, beugte sich über die Quelle und schöpfte mit der anderen das kühle Wasser, um davon zu trinken. Dann stand sie wieder auf.
    »Wir können jetzt das Lager aufschlagen.«
    Während um den Wegkreis herum die Nacht hereinbrach, aßen sie ihr Abendessen und machten sich dann zum Schlafen bereit. Melia schien zu glauben, daß absolut keine Notwendigkeit bestand, eine Wache aufzustellen, aber Beltan tat es trotzdem. Er stellte sich an das Tor des

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