Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor
Mysterienkulte zu tun, genausowenig wie sie mit ihr.«
Das war nicht gerade eine erschöpfende Auskunft. Doch Melias Reaktion überzeugte Travis, nicht weiter in sie zu dringen. Die Pferde erklommen den steilen Pfad zu dem Kamm des Hügels, der das Tal umschloß. Der Wind zerzauste Travis' Haar – ein Wind, der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Wind aufwies, der manchmal von den Bergen um Castle City ins Tal herabfuhr, der quälende Sehnsucht und das Gefühl unendlicher Möglichkeiten mit sich brachte.
Beltan warf einen letzten, wehmütigen Blick zurück über die Schulter auf die in der Tiefe liegende alte Festung. »Soviel zu Gelagen«, sagte er. »Und ich hatte gerade angefangen, mich an sie zu gewöhnen.«
Dann schritten die Pferde die andere Seite des Kamms hinunter, zurück in Richtung der Kreuzung und des Königinnenpfads, und die alte tarrasische Festung verschwand aus der Sicht.
39
Den Rest des Tages reisten sie entlang der grasigen Linie des Königinnenpfads nach Süden.
Die vier Reisenden verfielen bald in ein bestimmtes Muster. Beltan trieb in bestimmten Abständen sein flinkes Streitroß an und galoppierte die uralte Überlandstraße entlang, um nach Gefahren Ausschau zu halten. Falken und Melia ritten Seite an Seite, die Köpfe oft zusammengesteckt, um eine leise Unterhaltung zu führen. Travis blieb ein kurzes Stück hinter ihnen zurück und bemühte sich, es nicht so aussehen zu lassen, als würde er sich in dem Versuch, etwas von ihren Worten aufzuschnappen, nach vorn beugen. Jedoch kam der Wind von hinten, und interessante Informationen, die der Barde und die Lady möglicherweise äußerten, wurden in die falsche Richtung geweht. Doch einmal, als sich der Wind kurz drehte, konnte Travis einen Teil von Falkens leise gesagtem Satz aufschnappen.
»… daß wir den Stein im Weißen Turm nicht außer acht lassen sollten, selbst wenn er …«
Die Richtung des Windes wechselte erneut, und er trug die Worte des Barden mit sich fort. Travis' Frustration darüber, daß man ihm keine Beachtung schenkte, wurde unerträglich. Er trieb seinen Wallach an.
»Nun, wie lange werden wir bis nach Calavere brauchen?« fragte er Falken und Melia.
Falken sah überrascht auf, als hätte er Travis' Anwesenheit völlig vergessen. »Der Königinnenpfad wird uns dort hinbringen, aber es ist eine lange und mühselige Straße. Sobald wir den Oberlauf des Farwanders überquert haben, befinden wir uns in der Domäne von Eredane. Doch wir müssen ganz Eredane und das Hochland von Galt durchqueren, bevor wir die nördlichen Marken Calavans erreichen. Alles in allem ist das eine Reise von fast hundert Meilen. Vorausgesetzt, das Wetter hält sich, werden wir wohl ungefähr vierzehn Tage brauchen.« Er warf Melia einen Blick zu. »Natürlich ist da der kleine Umweg, den ich im Sinn habe.«
»Falls wir die nötige Zeit haben«, sagte Melia. »Der Rat der Könige tritt in weniger als einem Monat zusammen. Das wird auch so schon ziemlich knapp für uns.«
Falken fuhr mit der Hand durch sein von grauen Strähnen durchsetztes Haar. »Es ist ja nicht so, als würde ich das einfach nur so aus Spaß vorschlagen. Eigentlich ist es eine ziemlich wichtige Sache.«
Melia runzelte die Stirn. »Das ist auch das Eintreffen beim Rat, bevor er zu Ende ist.«
»Wo willst du denn hin, Falken?« fragte Travis. »Ist es ein weißer Turm?« Er bedauerte die Frage augenblicklich, denn sowohl Falken als auch Melia schienen ihn mit ihren Blicken durchbohren zu wollen.
»Da hat jemand scharfe Ohren«, sagte Melia.
»Sieht so aus.« Falken schien einen Moment lang nachzudenken, bevor er antwortete. »Es ist kein weißer Turm, Travis. Es ist der Weiße Turm!«
Travis verstand nicht, aber der Barde fügte diesen Worten keine weitere Erklärung hinzu. Statt dessen trieben Melia und er ihre Pferde an und gaben dadurch zu verstehen, daß Travis keine weiteren Informationen erhalten würde. Travis ergab sich ganz seinem Selbstmitleid und seufzte tief. Doch es schien niemandem aufzufallen, also konzentrierte er sich darauf, nicht aus dem Sattel zu fallen.
Die alten Tarraser waren kunstfertige Ingenieure gewesen, denn der Königinnenpfad führte auch weiterhin pfeilgerade durch die hügelige Landschaft. Gelegentlich durchschnitt er die Hügelkämme, dann wiederum überwand er, von steinernen Rundbögen gestützt, die zwar an den Rändern abbröckelten, die Last der Jahrhunderte jedoch noch immer mühelos trugen, tiefe Schluchten. Während die
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