Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
Vom Netzwerk:
er sich, er hätte es nicht getan, denn das Feuer schien schwächer zu werden, und die Kälte drängte sich hungrig dichter heran.
    »Gibt es jenseits der dunklen Berge noch Land?« flüsterte er.
    Falken blickte ihn durchbohrend an. »Es ist besser, in der Dunkelheit nicht von dem zu sprechen, was jenseits von Fal Threndur liegt.«
    Und damit war die Unterhaltung zu Ende. Falken schob die in der Asche des Feuers rotglühenden Holzscheite zu einem Kreis zusammen, dann war es Zeit zum Schlafen. Am Himmel war ein Halbmond aufgestiegen. Wie die Sonne war auch er größer, als Travis es gewohnt war, nur daß er sogar beträchtlich größer war. Er schien die Baumwipfel fast zu berühren. Und wie um jeden Zweifel zu widerlegen, den Travis möglicherweise noch gehabt hatte, daß es sich hier tatsächlich um eine andere Welt handelte, waren sogar die Sterne viel zu nah, zu hell und bildeten am Himmel fremde Konstellationen.
    Sein Zittern blieb nicht unbemerkt.
    »Hier, nimm das.« Falken zog ein Stoffbündel aus seinem Sack und gab es Travis. »Er ist alt und an den Säumen etwas ausgefranst, aber der Stoff hält noch immer warm.«
    Travis entfaltete das Bündel. Es war ein Umhang. Der perlgraue Stoff war dick und weich; er schien das Mondlicht zu absorbieren.
    »Es gibt keine schöneren Gewänder als die Nebelmäntel aus Perridon«, sagte Falken. »Er wird dich warm halten, selbst in der schlimmsten und feuchtesten Kälte.«
    Travis musterte seinen seltsamen Reisegefährten, erstaunt über dessen Freundlichkeit, aber nichtsdestotrotz auch dankbar dafür. »Danke, Falken«, sagte er. »Ich danke für alles.«
    Als der Barde darauf schließlich antwortete, glitzerten seine Augen im Zwielicht. »Du wirst dir vielleicht noch wünschen, mir nicht gedankt zu haben, Travis Wilder.« Aber was diese Worte bedeuten sollten, das sagte er nicht.
    Travis legte sich neben den Überresten des Feuers auf ein Bett aus Kiefernnadeln und Moos, dann wickelte er sich in den Umhang ein. Bald hörte das Zittern auf. Er dachte an all die seltsamen und unglaublichen Dinge, die ihm in den letzten beiden Tagen zugestoßen waren, und war der festen Überzeugung, daß Schlaf unmöglich sei. Doch die von den Anstrengungen des Tages herrührende Erschöpfung siegte bald über die Sorgen, und ehe es Travis sich versah, schlummerte er ein.
    Später sollte er es nie mit Bestimmtheit sagen können, aber als Travis einschlief, kam es ihm so vor, als säße Falken noch immer vor den glühenden Holzscheiten und hätte ein Instrument, eine Art Laute, aus dem Rucksack gezogen. Der Barde zupfte eine leise Melodie, und eine Zeitlang später, als die seltsamen Sterne hoch oben am Himmel funkelten, begann er mit leiser Stimme zu singen. Er sang von Erinnerungen und Verlust, doch vor allem über Schönheit. Und ob es nun ein Traum war oder nicht, die Worte blieben Travis für den Rest seines Lebens in seiner Erinnerung haften:
     
    »Der strahlende Turm ist gefallen.
Die hohen Mauern stehen nicht mehr …
Und doch flog ich auf
des Traumes Schwingen
wieder nach Malachor.
    Wie stumm lagen die Gärten
unter der schattenverhüllten Feste …
Doch im Zwielicht
blühte eine Rose,
und ihre Blätter weinten Tau.
    Vor einem Thron aus Silber
standen die Säulen in Zweierreihen …
Aber die Halle
zur Ruine verfiel,
wo jetzt Valsindar wächst.
    Einsam wanderte ich dort umher,
doch als ich dann verweilte …
Ertönten stumme Stimmen,
und Erinnerungen sangen
in dieser Waldesgruft.
    Aber schließlich wuchsen die Abendschatten,
und ich träumte nicht mehr …
Aber voll Glück kann ich verkünden,
daß ich sie kannte,
die Lichter von Malachor.«

24
    Entweder war der Weg weniger beschwerlich als am Vortag, oder Travis hatte sich bereits an die dünnere Luft dieser neuen Welt gewöhnt. Den ganzen Tag lang stapfte er hinter Falken durch den stillen Winterwald und hielt Schritt, so daß er den Barden kein einziges Mal aus den Augen verlor.
    Während die geisterhaften Valsindar an Travis vorbeihuschten, wanderten seine Gedanken zu Castle City zurück. Vermutlich würde man ihn in der Zwischenzeit vermissen. Zweifellos hatte Sheriff Dominguez ihn auf die Liste der vermißten Personen gesetzt, und Deputy Windom würde jeden Bewohner der Stadt nach ihm und seinem Aufenthaltsort befragen. Wenigstens war Max da, um den Saloon weiterzuführen. An diesem Punkt verspürte Travis eine tiefe Sehnsucht nach der verqualmten Wärme des Mine Shaft Saloons und dem vertrauten Klang von Jacks

Weitere Kostenlose Bücher