Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
Vom Netzwerk:
Sie zwang sich dazu, dort stehenzubleiben. Diese Sorgen mußt du ihnen überlassen, ihnen oder König Boreas. Es kann nicht immer nur deine Aufgabe sein, dafür zu sorgen, daß jeder genau das hat, was er oder sie will. Du hast wichtigere Dinge zu tun.
    Diese Gedanken ließen sie blinzeln. Wo waren sie nur hergekommen? Ihr ganzes Leben lang hatte sie sich auf die Bedürfnisse anderer konzentriert. Das war die einzige Funktion, bei der sie sich in ihrer Gegenwart entspannten. Nicht ein einziges Mal hatte sie König Boreas etwas verweigert, das er verlangte. Aber trotzdem wußte sie genau, daß sie, hätte er in diesem Augenblick quer durch den Saal nach ihr gerufen, nicht sofort zu ihm rennen würde. Wo kam diese Entschlossenheit nur her?
    Ihr Blick streifte durch den Großen Saal zur Hohen Tafel, und sie wußte, dort lag die Antwort. Königin Ivalaine beobachtete das Fest mit ihren eisfarbenen Augen, ihr majestätisches Antlitz war ruhig und mächtig zugleich. Neben ihr saß Tressa: kleiner, dicker, mit einem freundlicheren Gesicht, und doch auf ihre mütterliche Weise stark. Am anderen Ende der Tafel saß Grace neben Logren von Eredane. Die beiden steckten die Köpfe zusammen; er musterte sie unablässig. Hatte sie ihn einem Zauber unterworfen?
    Sei nicht albern. Grace würde so etwas nie tun … oder doch?
    Die Baronesse atmete tief durch und zwang sich dazu, sich auf ihren Teil des Plans zu konzentrieren. Grace und Travis sollten die Identität des Mörders aufdecken. Sobald sie sie erfahren hatten, würde Grace Aryn ein Zeichen geben. Dann mußte sie handeln. Sie sollte vor den Mörder hintreten und ihn unverfänglich darüber informieren, daß eine wichtige Botschaft auf ihn wartete. Dann sollte sie ihn in einen kleinen Warteraum führen; dort wartete jedoch kein Bote, sondern Durge mit seinem embarranischen Breitschwert. Zusätzlich würde Beltan vor dem Großen Saal stehen und Aryn folgen, während sie den ertappten Verbrecher zu dem Warteraum brachte.
    Aryns Herz pochte schneller. Würde sie das tatsächlich schaffen? Sie war dankbar für Graces Vertrauen, aber sie kannte ihr beschränktes Talent für Falschheiten besser als jeder andere. Was war, wenn der Mörder ihre Lüge auf Anhieb durchschaute? Nein, so durfte sie nicht denken. Sie mußte an den Erfolg glauben.
    Aryn schloß die Augen und murmelte ein schnelles Gebet an Yrsaia. Sie hatte Grace nie erzählt, daß sie Anhängerin der Mysterien von Yrsaia der Jägerin war. Vermutlich hätte Grace sie ausgelacht – nein, hätte sie nicht, Grace würde sie niemals verspotten, so wie es die anderen manchmal taten –, aber Aryn hatte gespürt, daß Grace kein Mensch war, der sich mit der Bitte um Hilfe an Götter oder Göttinnen wandte. Grace war es gewöhnt, sich auf sich selbst zu verlassen. Aryn hoffte, eines Tages so stark, so majestätisch zu sein, aber bis dahin konnte es nicht schaden, die Jägerin um Hilfe zu bitten. Schließlich wollten sie heute abend einen Mörder fangen.
    »Euer Hoheit, welch glücklicher Zufall.«
    Beim Klang dieser sanften Stimme riß Aryn überrascht die Augen auf. Vor ihr stand ein Mann, der nur wenig älter oder größer als sie war. Sie musterte ihn von oben bis unten – goldene Locken, sauber gestutzter Bart, breite Schultern unter einem flotten roten Wams –, bevor sie ihn erkannte.
    »Lord Leothan!«
    Er machte eine tiefe Verbeugung. »Ich hatte auf eine Gelegenheit gehofft, mit Euch auf dem Fest zu sprechen, Mylady. Ich wußte nur nicht, daß sich mir die Chance dazu so früh bieten würde.«
    Sie schüttelte den Kopf und versuchte zu begreifen, worauf er hinauswollte. Was konnte er bloß von ihr wollen?
    »Mylady, ich habe Euch Unrecht angetan.«
    Aryn konnte ihn bloß anstarren. Auf seinem Gesicht zeigte sich Bedauern und machte es noch attraktiver.
    »Ihr habt mir Unrecht getan?«
    »Sogar schreckliches Unrecht.« Er trat näher heran, ohne dabei jedoch den als schicklich erachteten Abstand zu unterschreiten. »Mylady, als ich an diesen Hof kam, war ich arrogant und überheblich. Ich glaubte, mich erhöhen zu können, indem ich andere kleiner machte.« Er schüttelte den Kopf. »Ich war natürlich ein Narr, das weiß ich jetzt. Ihr müßt wissen, vor kurzem erkrankte ich plötzlich …«
    Aryn versteifte sich bei seinen Worten. Konnte er Bescheid wissen? War ihm klar, daß sie für seine Schmerzen verantwortlich gewesen war? Nein, sein Blick verriet nur Sorge.
    »… und da ich ans Bett gefesselt war, hatte

Weitere Kostenlose Bücher