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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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falsch, daß solch strahlende Wesen etwas Derartiges taten, aber noch während er dies dachte, überkam ihn eine tiefe Ruhe. Sie waren dankbar.
    Die Elfen richteten sich wieder auf. Er erwiderte ihren alterslosen Blick, und es hatte fast den Anschein, als verzögen sich ihre winzigen Münder zu einem wissenden Lächeln. Dann verschwammen ihre Umrisse, bis sich dort, wo eben noch jeder Elf gestanden hatte, eine Lichtsäule erhob. Dann schrumpfte jede Säule zu einem winzigen Lichtpunkt zusammen. Neun silberne Funken schwebten in der Luft und tanzten um die Ecke wie Pusteblumen im Wind.
    Im Korridor wurde es dunkel. Travis war allein. Er schaute auf den Stein in seiner Hand. Was war das für ein Ding, das zerstörte Dinge wieder genesen lassen konnte? Was war das für ein Ding, für das das Böse die Welt zerstören würde, um es in die Hand zu bekommen? Travis seufzte, er schob den Stein zurück in die Tasche.
    »Gut gemacht, mein Junge«, sagte eine heisere Stimme.
    Er sah auf. Eine Gestalt schlurfte auf ihn zu; ihr konturloser Körper war in farblose Lumpen gekleidet. Es handelte sich um die alte Dienstmagd, die er bei zwei Gelegenheiten durch das Schloß verfolgt hatte. Jetzt hatte sie ihn gefunden.
    Travis schüttelte den Kopf. Und wieder stellte er dieselbe Frage. »Wer bist du?«
    Das alte Weib kicherte gackernd, dann schob sie mit knochigen Fingern den schmutzigen Schal herunter, der ihr Gesicht verbarg. Travis riß die Augen weit auf.
    »Grisla?«
    Ihr faltiges Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Nun, die Königin von Malachor ist es bestimmt nicht.«
    Er blinzelte. »Grisla?«
    »So heiße ich, mein Junge«, fauchte sie. »Strapazier den Namen nicht so.«
    In Travis’ Kopf drehte sich alles, und er versuchte es zu verstehen. »Aber wie bist du …?«
    Die Alte schlug sich mit einer knorrigen Hand vor die Stirn. »Und da geht es schon wieder los, Junge. Immer nur Fragen stellen, immer nur genau wissen wollen, warum dieses und wie jenes.« Sie schnaubte. »Das Fragen ist der leichte Teil, mein Junge. Wann fängst du endlich an, sie zu beantworten? Das ist nämlich der Trick dabei.«
    Travis wollte etwas erwidern, aber er wußte nicht, was er sagen sollte.
    »Also, wo ist das Bündel, das ich fallen ließ?« fragte die Alte. »Du hast es doch wohl nicht verloren, oder?«
    Er stöhnte in Gedanken auf. »Es ist in meinem Gemach.«
    »Tatsächlich? Bist du dir da sicher?«
    »Ja …«
    Er hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, als auch schon etwas Sperriges gegen seine Seite drückte. Er griff in die Tasche seines Wamses und holte einen Gegenstand hervor, von dem er wußte, daß er sich vor einem Augenblick dort noch nicht befunden hatte: das Lumpenbündel, das die alte Hexe hatte fallen lassen. Er hielt es ihr hin.
    »Nein, mein Junge, das gehört dir. Na los, mach es schon auf und sieh es dir an.«
    Travis zögerte, dann zupfte er mit spitzen Fingern an dem Bündel herum und zog die Lumpen auseinander. Ihm stockte der Atem. Dort lag ein kleiner polierter Knochen, in den drei gerade Linien eingeritzt waren.
    Grisla starrte ihn mit ihrem hervorquellenden Auge an. »Also, mein Junge, hast du dich endlich entschieden, was es zu bedeuten hat?«
    Er holte tief Luft, öffnete den Mund, und schüttelte dann den Kopf. Was sollte er sagen? Das Ende von allem oder der Beginn? Er konnte doch kaum rechts von links unterscheiden. Wie sollte er da eine Entscheidung treffen, die soviel bedeutsamer war?
    Grisla drückte die verwelkten Lippen in einem Ausdruck des Bedauerns zusammen. Sie drehte sich um und legte eine Hand auf eine Tür in der Wand – eine Tür, die genau wie das Bündel vor einem Augenblick noch nicht dagewesen war. Sie stieß die Tür auf. Eisige Luft strömte in den Korridor und brachte hartgefrorene Schneeflocken mit.
    »Sieh hin, mein Junge«, sagte Grisla mit krächzender Stimme.
    Er zog den Saum seines Nebelmantels enger und trat auf die Tür zu. Sie führte nicht in ein Gemach, sondern in ein zugeschneites, vom Mondlicht erhelltes Tal. Die Silhouetten von Bergen bohrten sich wie schwarze Messer in den Himmel. Genau in ihrer Mitte gab es eine große dunkle Fläche. Sie sah aus wie eine Tür, die in den Berg hineinführte.
    Nein, keine Tür. Ein Tor. Ein Tor aus Eisen, so hoch wie zehn Männer, das in eine Lücke zwischen den spitzen Gipfeln eingesetzt war.
    Wie …? wollte er fragen, ließ es dann aber sein.
    Das Fragen ist der leichte Teil …
    Travis kannte die Antwort bereits. Irgendwie

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