Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
Vom Netzwerk:
sein sollen.«
    Melia rauschte mit leisem Rascheln an den beiden Kriegern vorbei. »Eigentlich sieht es so aus, als ob Travis und Lady Grace auch ohne euch beide ganz gut zurechtgekommen sind.«
    Travis sah zu Grace herüber. Unglaublicherweise gelang es ihnen, sich anzulächeln.
    Da fiel Travis etwas auf. »Melia, wie seid Ihr daraufgekommen, uns hier zu suchen?«
    Die kleine Lady sah ihn scharf an. »Als du nicht in unser Gemach zurückgekehrt bist, sind Falken, Beltan und ich losgezogen, um herauszufinden, was aus dir geworden ist. Ganz in der Nähe haben wir Sir Durge getroffen, der Lady Grace einen Besuch abstatten wollte.«
    Travis runzelte die Stirn. Irgend etwas war faul an dieser Erklärung. »Aber woher habt Ihr gewußt, daß ich hier in Graces Gemach sein würde?«
    Melia hob nur eine Augenbraue und sagte nichts.
    Falken kniete neben dem haarigen Knäuel nieder, in das sich das Ungeheuer verwandelt hatte, und Melia schloß sich ihm an.
    »Wie ist das möglich?« fragte Melia stirnrunzelnd.
    »Feydrim«, sagte Falken angewidert. Er stand wieder auf.
    Melia stützte ihr Kinn auf eine Hand. »Erst Phantomschatten, jetzt Feydrim. Welche Kreatur tritt als nächste aus der Legende, um uns anzugreifen, Falken?«
    »Keine Ahnung. Und warum war sie überhaupt hier?«
    Melia deutete auf Grace. »Vielleicht kann Lady Grace uns das erklären.«
    Lange Zeit sagte niemand etwas, als sie alle ihre Aufmerksamkeit auf Grace richteten. Sie stand wie angewurzelt da, wie ein Reh im Scheinwerferlicht eines entgegenkommenden Autos. Travis fand, daß er wieder sicher genug stehen konnte. Er machte sich von Beltan los und goß an der Kommode einen Becher Wein ein. Er ging damit zu Grace und drückte ihn ihr in die Hand.
    »Es sieht ganz so aus, als ob es jemandem überhaupt nicht paßt, daß du für den König spionierst«, sagte er.
    Grace konnte nur nicken, dann stürzte sie den Wein herunter.

7
    Die Morgendämmerung glitt so kalt und grau wie das Kettenhemd eines Ritters über Schloß Calavere. Durch einen Spalt in ihren Fensterläden beobachtete Grace den Sonnenaufgang. Sie hatte kein Auge zugetan.
    Ein paar Stunden zuvor, als Travis und die anderen sie allein gelassen hatten, hatte Durge ihr versprochen, den Rest der Nacht vor ihrer Tür zu wachen. Das Angebot war ihr peinlich gewesen, aber nicht so peinlich, daß sie es abgelehnt hätte. Es dämpfte ihre panische Angst ein wenig, den embarranischen Ritter mit gezücktem Breitschwert auf der anderen Seite der Wand zu wissen. Trotzdem war an Schlaf nicht zu denken gewesen. Grace sah zu ihrem Kleiderschrank herüber. Wie hätte sie schlafen sollen mit dem Wissen, daß dieses Ding da drin lag?
    Sie versuchte, nicht daran zu denken, aber sie konnte nicht anders: Das Fell, das an feuchtfaules Moos auf einem toten Baum erinnerte, und die dürren Glieder, die so angelegt waren, als ob es nur schliefe. Sie hatte protestieren wollen, als Falken den Ritter Beltan angewiesen hatte, das tote Ungeheuer in den Schrank zu legen, aber dann hatte sie sich zurückgehalten. Sie konnte schließlich das Interesse des Barden verstehen. Sie war doch Wissenschaftlerin. Sie kannte den Wert eines seltenen Exemplars, und sie wußte, daß es aufbewahrt und bewacht werden mußte.
    Es gab aber schon einen Unterschied zwischen einem kranken Organ, das in einem medizinischen Labor in Formaldehyd in einem Glas schwamm, und der immer noch warmen Leiche eines Monstrums, das mit zehn Zentimeter langen Reißzähnen versucht hatte, ihre Kehle durchzubeißen.
    Sie zitterte. Du solltest dich um das Feuer kümmern, Grace. Es wäre schon eine Ironie des Schicksals, wenn du den Angriff eines mythischen Wesens überleben würdest, nur um dann zu erfrieren, weil du zu dämlich warst, ein Holzscheit aufzulegen.
    Sie ging lautlos auf nackten Füßen über den Teppich zum Kamin und versuchte, nicht auf die klebrige, rote Substanz auf dem Schürhaken zu achten, als sie in der Glut stocherte.
    Als das Feuer höher brannte, öffnete Grace das Fenster, schob den Riegel an den Läden hoch und drückte sie auf. Durge hatte die Fensterläden in der vergangenen Nacht geschlossen, aber sie nahm an, daß es jetzt keine Gefahr mehr darstellte, sie zu öffnen. Oder?
    Sie beugte sich aus dem Fenster, sah hinunter und atmete Luft ein, die nach verrußtem Schnee schmeckte. Es war ein weiter Weg bis zu den Pflastersteinen des Oberen Burghofs, und die Wand bot nur wenige Risse, noch weniger Kanten und überhaupt keine Ranken. Trotzdem

Weitere Kostenlose Bücher