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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Majestät.«
    »Das tue ich jetzt schon, Lady Kyrene.«
    Die Gräfin marschierte erhobenen Hauptes zur Tür. Dort blieb sie stehen, drehte sich um und sah Grace an. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht stellte eine Mischung aus Haß und Neid dar. »Ich weiß, Ihr werdet nicht vergessen, was ich Euch gesagt habe, meine Liebe.« Die Tür schloß sich mit einem grünen Aufblitzen, und Kyrene war verschwunden.
    Grace war sich nicht sicher, ob sie sich auf den Füßen halten konnte, dann stand auch schon Ivalaine an ihrer Seite. Die Königin nahm sie beim Arm – ihre Finger waren so kühl wie Kyrenes warm gewesen waren – und führte sie zu dem Stuhl am Feuer. Grace ließ sich darauf niedersinken, aber die Königin blieb stehen.
    »Hört mir zu, Lady Grace. Ich werde dies nur einmal sagen, da ich weiß, daß das reicht. Kyrenes Magie ist belanglos und minderwertig. Ihre Art ist einfach und führt darum zu einfachen Dingen. Eure Macht ist viel gewaltiger, falls Ihr es wollt, das gleiche gilt auch für Lady Aryn. Ihr habt bereits eine große Kontrolle über die Gabe errungen, und Ihr lernt schnell. Eure Erfahrungen als Heilerin haben Euch geholfen.« Die Königin stützte das Kinn auf die Hand. »Ich glaube, für Aryn wird es schwieriger werden. Ihr Talent ist tief in ihrem Inneren verborgen. Und doch bin ich davon überzeugt, daß es stärker als Eures oder meines ist – vielleicht das stärkste dieses Jahrhunderts. Wenn sie lernt, es hervorzulocken und zu formen.«
    Grace nickte. »Es wird schwer für sie sein. Sie ist so sanft, so friedfertig. Aber in ihrem Inneren schwelt auch eine Wut, eine Wut, die sie zu verbergen sucht, aber ich habe sie heute gesehen.« Sie blickte zur Königin hoch. »Die Gabe wird einen Preis von ihr fordern und ihr weh tun, Euer Majestät.«
    Ivalaine schaute nachdenklich ins Leere. »Sie fordert von jedem von uns einen Preis, Lady Grace, so wie alle lohnenden Dinge.« Ihr Blick kehrte ins Hier und Jetzt zurück, dann lächelte sie. »Und wenn wir allein sind, dürft Ihr mich Schwester nennen … Schwester.«
    Grace hätte es für unmöglich gehalten, aber sie erwiderte Ivalaines Lächeln. Sie holte tief Luft. »Und, wie sieht meine Lektion heute abend aus, Euer … ich meine, Schwester?«
    »Ich finde, Ihr habt schon mehr als genug gelernt«, sagte die Königin. Sie ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um. »Nein, eine Sache gibt es da noch. Ich sagte Euch, etwas hält Lady Aryns Macht zurück. Diese Worte treffen auch auf Euch zu, Schwester. Viel von dem, was Ihr seid, liegt hinter einer Tür verborgen, und ich kann nicht durch sie hindurchsehen. Doch Ihr müßt wissen, daß Ihr nicht einen Teil von Euch wegsperren könnt, ohne gleichzeitig einen Teil Eurer Magie mit wegzusperren. Falls Ihr diese Macht jemals erforschen wollt, werdet Ihr diese Tür entriegeln müssen.«
    Grace starrte die Königin an. Wovon redete Ivalaine da? Sie schloß die Augen und sah eine andere Tür, von der Zeit und den Flammen eines Feuers dunkel gefärbt. Sie wollte nicht noch einmal durch sie hindurchtreten – sie wagte es nicht.
    »Nein.« Sie schlug die Augen auf. »Nein, ich kann nicht.«
    Ivalaines Miene war nicht zu deuten. »Dann werdet Ihr niemals erfahren, was Ihr sein könntet. Guten Abend, Schwester.«
    Die Tür öffnete und schloß sich, dann war Grace allein, nur mit dem Feuer als Gesellschaft.

23
    Travis schüttelte den Schnee von seinem Umhang und betrat das Gemach, das er sich mit den anderen teilte.
    »Melia? Falken? Ich bin wieder da.«
    Schweigen. Das Feuer im Kamin war zu Asche erloschen. Travis trat einen Schritt weiter in den Raum hinein.
    »Beltan?«
    Noch immer ertönte keine Antwort. Es war niemand da. Der Rat der Könige mußte eine lange Sitzung gehabt haben. Aber das konnte nicht sein. Falken hatte gesagt, daß die Herrscher ihre Berichte abgeliefert hätten. Die Ratsversammlung würde erst wieder in drei Tagen zusammentreten. Wo steckten alle bloß?
    Draußen war es später Nachmittag. Am Morgen hatten Rin und Jemis ihm gesagt, er könne heute früher gehen. Wenn er so darüber nachdachte, war von den beiden Runensprechern nichts zu sehen gewesen, als er den Turm verließ. Und auf dem Oberen Burghof hatte eine seltsame Stille geherrscht. Was ging hier vor?
    Travis schaute aus dem Fenster. Der Schnee hatte endlich aufgehört zu fallen. Es war, als hätte jemand Urath, die Rune des Öffnens, an den Himmel gerichtet gesprochen. Die Wolkendecke über dem Schloß war aufgebrochen

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