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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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gesattelt, auf dem er aus Kelcior gekommen war. Neben Schwarzlocke sah der Wallach wie ein Pony aus. »Ich habe da meine Zweifel, ob Durge es amüsant finden wird, daß du sein Pferd stiehlst, Grace.«
    »Unsinn. Durge findet nichts amüsant.«
    »Kannst du überhaupt reiten?«
    »Schwarzlocke wird mir bestimmt helfen.«
    Travis gab es auf.
    Die Sonne stand niedrig am Himmel, als sie aus den Toren Calaveres ritten. Travis stellte sich dem kalten Wind und atmete tief ein. Es fühlte sich gut an, wieder draußen zu sein, unterwegs, egal wohin. Er hatte sich an das Reisen in dieser Welt gewöhnt. Im Schloß festzusitzen war so einschränkend, so bedrückend erschienen. Jetzt waren sie auf der Straße, und keiner konnte vorhersagen, wohin der Wind sie trieb. Trotz des Leichtsinns ihres Vorhabens mußte er grinsen, und er versuchte, nicht darüber nachzudenken, was Melia mit ihm anstellte, wenn sie ihn dabei erwischte.
    Sie ritten die sich windende Straße hinunter, die zum Fuß des Schloßhügels führte. Travis warf einen Blick zu Grace herüber. Sie war nur mit geringen Schwierigkeiten in ihren Damensattel gestiegen und hatte Gewand und Umhang um ihre Beine drapiert. Jetzt saß sie kerzengerade auf dem Rücken des Schlachtrosses, die Zügel locker in der behandschuhten Hand, und bot dieser Welt – aller Welt – einen Anblick, als ritte sie schon ihr ganzes Leben lang. Grace war vielleicht nicht besonders gut darin, mit anderen lebendigen Geschöpfen zu sprechen, aber sie war eine Naturbegabung, wenn es darum ging, ihnen Befehle zu erteilen. Travis klammerte sich an der Mähne des Wallachs fest und versuchte, im Vergleich nicht wie ein Sack Kartoffeln auszusehen.
    Sie erreichten den Fuß des Hügels und ließen die Pferde auf der geraden Strecke frei laufen. Zu dieser Tageszeit waren nur wenige Bauern auf der Straße unterwegs. Bald würde die Sonne untergehen. Die meisten Leute trugen eine letzte Ladung Torf oder Holz hinein und schlossen Türen und Fensterläden gegen die eisige Winternacht.
    Und warum bist du dann hier draußen, Travis?
    Steinmauern und blätterlose Bäume, die alle weiß bestäubt waren, blitzten vorbei. Es war seltsam, wie still der Schnee die Dinge aussehen ließ, als hätten sie sich seit Jahrhunderten nicht mehr bewegt und würden sich auch niemals mehr bewegen.
    Das Donnern der Hufe verwandelte sich in ein hohles Trommeln, als der Lehmpfad unter ihnen von einem Steinbogen ersetzt wurde. Sie hatten die alte tarrasische Brücke erreicht. In der Tiefe strömte dunkles Wasser, an dessen Oberfläche Eisstücke trieben. Es mußte kälter als gedacht sein. Hatte Falken nicht gesagt, daß der Dimduorn seit Jahrhunderten nicht mehr zugefroren war?
    Brücke und Fluß rasten an ihnen vorbei und blieben hinter ihnen zurück. Hufe galoppierten wieder über gefrorenen Schlamm. Bald wurden die Steinmauern kleiner und primitiver, dann verschwanden sie ganz. Es gab keine klapprigen Hütten mehr, keine blauen Rauchschwaden, die dem Himmel entgegenstrebten. Sie befanden sich jetzt im Sumpfland von Calavan.
    »Weißt du überhaupt, wo dieser Ort ist?« fragte Travis. Es war nicht nötig, über dem Getöse der Pferde zu schreien. Die Luft war wie Kristall, seine Stimme hallte in ihr wider.
    »Ich glaube schon. Durge hat es mir beschrieben. Es ist in einem Tal zwischen zwei identischen Hügeln.«
    Das war nicht gerade eine genau Beschreibung, aber bevor Travis weitere Fragen stellen konnte, zog Grace hart an den Zügeln, und Schwarzlocke verließ die Straße und galoppierte über ein schneebedecktes Feld. Travis fummelte an seinen Zügeln herum, aber der Wallach war klüger als er und folgte seinem Gefährten. Feine weiße Flocken wogten in die Höhe und bestäubten Travis’ Umhang.
    Sie ritten jetzt direkt der untergehenden Sonne entgegen. Sie erschien so groß und rot und alt. Die Luft wurde jede Minute kälter. Eiskristalle klebten an Travis’ Bart – er mußte sich wirklich mal rasieren. Von seinem Pferd stieg eine gewisse Wärme in die Höhe, aber er fing bereits an zu zittern. Er fragte sich, wie lange Beltan und Durge wohl brauchen würden, um das Schloß zu verlassen und sie zu finden. Wie lange würde es unter diesen Bedingungen wohl dauern, zu erfrieren?
    Travis blickte über die Schulter. Calavere war noch immer zu sehen, aber es sah nun zu klein aus, um real zu sein, hockte auf seinem Hügel wie ein achtlos von Kinderhand dorthin geworfenes Spielzeug. Er hielt das Gesicht wieder in den Wind

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