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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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gemeint?«
    Grace dachte einen Augenblick lang nach. »Was ist mit Beltan?«
    Aryn mußte lächeln. »Ich glaube, da schätzt du sowohl den Neffen des Königs wie auch mich falsch ein. Ich mag ihn, natürlich, aber wie eine Schwester ihren älteren Bruder, und ich bin davon überzeugt, daß er mich wie eine Schwester ansieht. Wenn er will, wird er es bis in den Inneren Kreis der Mysterien von Vathris schaffen.« Ihr Lächeln verblaßte, und ihr Gesicht wurde traurig und hart zugleich: ein Ausdruck der Trauer, wie ihn ein Bildhauer aus Marmor meißelte. »Nein, es ist besser, wenn ich mein Herz keinen anderen wählen lasse, wenn ich weiß, daß einer auserwählt wird …«
    Die Baronesse verstummte. Hätte Grace an das Schicksal geglaubt, hätte sie es verflucht. Ein anderes Pärchen hatte genau diesen Augenblick gewählt, um den Hof durch eine Tür zu betreten. Sie war jung, mollig und hübsch, aber es war nicht die Frau, die Graces Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie hatte ihn seit dem Fest, an dem er Aryns Aufforderung zum Tanz abgelehnt hatte, nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er war genauso breitschultrig und kantig im Gesicht, wie sie ihn in Erinnerung hatte; die Krone aus goldenen Locken war trotz der Kälte unbedeckt.
    »Leothan.«
    Noch während Aryn das Wort wisperte, hakten die beiden einander unter und überquerten den Hof. Als sie sich auf gleicher Höhe mit Grace und Aryn befanden, drehte die mollige junge Frau den Kopf, als hätte sie die Blicke gespürt, die auf ihr und ihrem Begleiter ruhten. Sie bemerkte Aryns Aufmerksamkeit, lächelte und schmiegte sich noch enger an Leothan. Er sah nicht in ihre Richtung. Sie bewegten sich auf das Tor zum Unteren Burghof zu; vielleicht wollte er ihr auf dem Markt irgendwelchen Tand kaufen.
    »Ich hasse ihn.«
    Entsetzt drehte sich Grace beim Klang der erstickten Stimme um. Aryn stand stocksteif da, die linke Hand zur Faust geballt. Ihre Augen waren wie blaue Steine.
    »Aryn?«
    »Es ist so verkehrt.« Es klang wie ein Zischen. »Es ist so verkehrt, daß er so hübsch und so gemein ist. Ich hasse ihn.«
    Aryns Augen verdrehten sich, ihr Rücken bog sich durch, sie stellte sich auf die Zehenspitzen. Dann fühlte Grace es, wie damals den fremden Einfluß bei der ersten Begegnung mit Kyrene, nur stärker, dunkler und kochend vor Wut. Es rauschte an ihr vorbei, so zornig, daß es sie um ein Haar von den Füßen gestoßen hätte. Ein gequälter Aufschrei ertönte und hallte von den Steinen wider. Graces Kopf ruckte hoch. Auf der anderen Hofseite stolperte Leothan und drückte die Hände gegen die Schläfen. Seine junge Begleiterin schrie.
    Grace wußte, daß ihr nur Sekunden blieben. Sie packte den Arm der Baronesse und drückte fest zu. »Hör auf damit, Aryn.« Sie schmiedete ihre Stimme zu einem Messer. »Hör auf. Sofort!«
    Aryn reagierte nicht. Grace griff so fest und so tief zu, daß sie die Knochen aneinanderreiben fühlte. Die Baronesse schnappte zitternd nach Luft und sackte gegen Grace. Leothan taumelte, dann senkte er die Hände. Seine Begleiterin eilte zu ihm, hielt ihn und tupfte mit einem weißen Taschentuch das Blut ab, das ihm aus der Nase rann. Er nickte schwach, und sie half ihm durch eine Tür zurück ins Schloß.
    Grace drückte Aryn von sich und zwang sie, sich gerade hinzustellen. Die Baronesse starrte die Tür an, durch die Leothan verschwunden war, dann sagte sie heiser: »Grace, zu was werden wir?«
    Grace schüttelte den Kopf. Sie wußte keine Antwort. Es war nicht das, was aus ihnen werden würde, vor dem sie sich fürchtete, sondern was möglicherweise schon aus ihnen geworden war.
    »Mir ist kalt.« Aryns Gesicht war schneeweiß.
    »Komm.« Grace führte ihre Freundin auf das Haupthaus zu. »Gehen wir ins Warme.«
    Später streifte Grace allein durch das Schloß. Sie wußte, daß sie sich zu ihrem Gemach hätte begeben sollen. Es war Zeit für den Unterricht bei Kyrene, und die Gräfin wollte sie abholen. Aber Grace wollte nachdenken.
    Nachdem sie eine Zeitlang umhergewandert war, blieb sie stehen und erkannte, daß sie vor der eigenen Tür stand. So sah also ihre Entscheidung aus – sie wollte mehr wissen, all dem zum Trotz, was Aryn auf dem Hof passiert war. Vielleicht auch gerade deswegen. Irgendwie hatte Aryn die Gabe benutzt, um Leothan zu beeinflussen. Bestand da wirklich ein so großer Unterschied zu dem, was sie in der Notaufnahme tat? Benutzte sie nicht die Gabe, um Menschen zu heilen?
    Vielleicht. Sie wußte es nicht. Darum stand sie

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