Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
Vom Netzwerk:
hier – um zu lernen. Grace stieß die Tür zu ihrem Gemach auf.
    »Da seid Ihr ja, Schwester.«
    Grace öffnete überrascht den Mund. Die Gräfin stand in einem schlangengrünen Gewand vor dem Kamin, einen Pokal mit Wein in der Hand.
    »Ihr wart nicht da, also habe ich mich selbst eingelassen«, sagte Kyrene. »Ihr habt doch nichts dagegen, oder, meine Liebe?«
    Graces Gedanken rasten. Was hätte Kyrene bei einer Durchsuchung des Raumes finden können? Nicht die halbierte Münze oder ihre Halskette oder Hadrian Farrs Visitenkarte. Graces kostbarste Besitztümer steckten wie immer in dem Lederbeutel. Also nur die Baupläne des Schlosses, einschließlich der Zeichnungen mit den markierten Räumen. Welche Schlüsse hätte Kyrene daraus ziehen können? Andererseits, auf welcher Seite stand Kyrene überhaupt? Grace hatte noch immer nicht herausgefunden, welches Spiel die Gräfin spielte, obwohl sie eine Vermutung hatte, was schlußendlich das Ziel war: mehr Macht und eine höhere Stellung für Kyrene.
    »Nein, Kyrene«, sagte sie. »Ihr seid hier willkommen.«
    Die Gräfin lächelte. Grace trat ein und schloß die Tür hinter sich.
    »Sagt mir, meine Liebe, wie geht es Lord Logren?«
    Grace hätte beinahe die Karaffe fallen lassen, die sie von der Kommode genommen hatte, aber es gelang ihr, sie festzuhalten und keinen Tropfen zu verschütten. Sie umklammerte ihren Pokal, drehte sich um und starrte Kyrene an. Wie konnte die Gräfin wissen, daß sie an ihn gedacht hatte oder daß sie dem Ersten Berater Eredanes überhaupt begegnet war? Grace trank einen Schluck Wein, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen.
    Kyrene schlenderte auf sie zu. »Keine Angst, Schwester. Glaubt mir, an Logren ist mehr als genug für uns beide dran. Er ist, sagen wir, recht unübertroffen, was seine Männlichkeit angeht.«
    Grace zuckte innerlich zusammen. Das wollte sie nicht hören. Oder doch? Wieder stellte sie sich Logrens große Hände vor, die sich dunkel von ihrer weißen Haut abhoben. Sie zwang sich dazu, ruhig weiterzuatmen. »Was wollt Ihr von mir, Kyrene?«
    »Falsch, Grace. Was will ich für Euch? Das ist die richtige Frage.« Kyrene stellte den Pokal ab, dann zwang sie Grace, das gleiche zu tun. Sie umfaßte ihre Hände. »Ihr seid ein solches Rätsel, meine Liebe. Ihr könnt jeder Frau den Rang streitig machen, was Schönheit angeht, dennoch fangt Ihr nichts damit an. Ihr scheint Euch dessen sogar kaum bewußt zu sein.«
    Grace schüttelte den Kopf. Wovon sprach Kyrene da überhaupt?
    »Laßt es mich Euch zeigen, meine Liebe. Laßt mich Euch zeigen, zu was Ihr fähig seid. Es steckt viel mehr in einer Hexe, als Kräuter in einem Mörser zu zerreiben.«
    Kyrene strich mit den warmen Fingerspitzen über Graces Arme, ihre Schultern, ihre Brüste. Grace erbebte, aber sie konnte sich nicht bewegen. Die Stimme der Gräfin war ein honigsüßes Flüstern.
    »Tut Euch mit mir zusammen, Schwester. Laßt uns unsere Magie zusammen weben. Logren könnte uns beiden niemals widerstehen.«
    Sie drückte ihre Wange gegen Graces. Ihre Haut war zart und heiß. Ein leises Stöhnen entfuhr Graces Lippen – es war der einzige Laut, zu dem sie fähig war. Kyrene flüsterte triumphierend weiter.
    »Schließt Euch mir an, und er gehört uns!«
    »Lady Kyrene!«
    Die Stimme war scharf und befehlend. Kyrene fuhr zurück, ein Kind, das bei einer Ungehorsamkeit ertappt worden war. Grace taumelte und stützte sich auf die Kommode. Die Königin von Toloria betrat mit weit ausholenden Schritten ihr Gemach: groß, wunderschön, wild. Ivalaines eisiger Blick wanderte von Kyrene zu Grace und wieder zurück, dann nickte sie, als wüßte sie genau, was vorgefallen war, und Grace vermutete, daß das tatsächlich auch so war. Auf jeden Fall verstand sie mehr als Grace selbst.
    »Ihr werdet gehen, Lady Kyrene«, sagte Ivalaine. Es war keine Bitte.
    Kyrene tat einen Schritt nach vorn. »Aber, Schwester …«
    »Ihr werdet mich nicht so nennen.« Die Stimme der Königin war so kalt wie ihr Blick. »Ihr werdet hier nicht länger gebraucht. Von jetzt an übernehme ich selbst Lady Graces Unterricht.«
    Kyrenes Gesicht verlor jede Farbe. »Aber Euer Majestät, ich habe doch nur …«
    »Ihr würdet es wagen, meine Worte in Frage zu stellen, Kyrene?«
    Kyrenes Mund schnappte zu, als hätte Ivalaine sie geschlagen. Sie starrte zuerst die Königin an, dann Grace, und in ihren Blick trat reines Gift. Dann nahm sie den Kopf hoch und straffte sich.
    »Das werdet Ihr bedauern, Euer

Weitere Kostenlose Bücher