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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Mobilmachung stimmen, sie müssen …
    Eine keifende Stimme durchschnitt die Luft.
    »Wie könnt Ihr es wagen, Boreas?«
    Es war Eminda. Die Königin von Eredane hatte sich erhoben und starrte Boreas mit ihren kleinen Augen an, das Gesicht vor Wut gerötet. »Wie könnt Ihr es wagen, eine solch widerwärtige und gemeine Arglist zu versuchen? Erwartet Ihr allen Ernstes, daß ich Euch glaube, daß Euer kostbarer Alerain tot ist, während er sich in Wirklichkeit in diesem Schloß versteckt hält, solange Ihr Euren abscheulichen kleinen Trick veranstaltet?«
    Boreas zitterte am ganzen Leib. Es hatte den Anschein, als würde er den Steintisch gleich mit bloßer Hand zerbrechen.
    »Ich werde Euch seinen Kopf zeigen, Euer Majestät«, stieß Boreas durch die zusammengebissenen Zähne hervor.
    Eminda beeindruckte das nicht. »Also habt Ihr ihn getötet. Ich halte einen von Vathris’ Stieren durchaus für fähig, für die Pläne seines Herrn ein solches Opfer zu bringen. Ihr glaubtet, Ihr könntet uns mit dieser Geschichte Angst einjagen, uns zu der Entscheidung zwingen, die Ihr gern hättet. Aber ich werde mich von Euch nicht zum Narren machen lassen, Boreas.« Ihre Stimme wurde zu einem schrillen Kreischen. »Ihr werdet Eure Abstimmung nicht bekommen – nicht bevor alle Argumente auf die richtige Art und Weise vorgebracht wurden. Ich werde das nicht zulassen!«
    Boreas sagte kein Wort, sondern machte seiner Wut mit einem unartikulierten Laut Luft. Grace betrachtete Eminda. Wie konnte die Königin Eredanes so blind sein? Wie konnten sie alle so blind sein? Sahen sie denn nicht, was sich da vor ihnen abspielte? Sie hielt verzweifelt nach Logren Ausschau. Vielleicht konnte er ja mit seiner Königin reden, vielleicht konnte er ja der Sache ein Ende bereiten. Aber der Erste Berater Eredanes war nirgendwo zu sehen. Es war hoffnungslos. Die Könige und Königinnen erhoben sich alle von ihren Plätzen. Eminda wandte sich ab. Es würde keine Abstimmung stattfinden, kein Krieg beschlossen werden …
    »Was ist eigentlich mit euch los?« sagte da eine Stimme. Sie war leise und zittrig, aber irgendwie erfaßte sie den ganzen Ratssaal. »Wo liegt euer Problem?«
    Grace suchte nach dem Sprecher, und dann sah sie ihn. Er stand vor der ersten Sitzreihe; er trug ein schlechtsitzendes Wams, und in den grauen Augen hinter der Nickelbrille stand ein niedergeschlagener Ausdruck. Travis. Die Herrscher starrten ihn an.
    Travis trat einen Schritt auf den Tisch zu. »Habt ihr nicht begriffen, was er euch gesagt hat?« Er hob die Stimme, die voller Empörung und Angst war. »Seht ihr nicht, was sich vor eurer Nase abspielt? Der Fahle König ist kein Mythos. Er ist Wirklichkeit, und seine Diener befinden sich hier im Schloß. Er hat versucht, Kylar zu töten, und jeder von euch könnte der nächste sein. Wie könnt ihr nur so dumm sein?«
    Er näherte sich dem Ratstisch. Die Könige wichen beunruhigt zurück. Eminda schrie voller Entsetzen auf.
    »Haltet ihn auf«, kreischte sie. »Schafft diese Kreatur hier weg!«
    Beltan sprang vor, um Travis zur Bank zurückzuzerren, aber er war zu langsam.
    »Ihr müßt etwas unternehmen!« schrie Travis. »Ihr müßt etwas unternehmen, bevor es zu spät ist!« Beim letzten Wort schlug er mit der Faust auf den Tisch.
    Ein Lichtblitz zuckte durch das Gemach; ein Donnerschlag spaltete die Luft. Angst- und Entsetzensschreie hallten von den Wänden wider. Grace blinzelte ungläubig. Von der Stelle, die Travis getroffen hatte, schlängelte sich eine schwarze Linie die Steinplatte entlang. Der Spalt raste dem Mittelpunkt des Tisches entgegen und traf die weiße Scheibe, die dort eingelassen war. Die Scheibe zerbrach, das aufgemalte Symbol wurde unkenntlich. Travis sprang zurück, dann starrte er mit entsetztem Gesichtsausdruck auf seine Hand.
    Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Alle Blicke richteten sich auf den Tisch. Dann ergriff Falken mit leiser Stimme das Wort.
    »Die Rune des Friedens wurde zerbrochen.«
    Neben Grace holte jemand zischend Luft. Tressa. Die rothaarige Frau schaute gebannt zu. Ein geflüstertes Wort entschlüpfte ihren Lippen.
    »Runenbrecher.«
    Chaos brach aus. Die Herrscher eilten aus dem Raum, und die Adligen flohen von ihren Sitzen. Travis stand noch immer neben dem Tisch und starrte auf seine Hand. Beltan, Melia und Falken waren an seine Seite getreten.
    Grace stand auf und drängte sich der Menge entgegen. Sie verspürte keine Furcht, sondern Entzücken. Gerade war etwas

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