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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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bei der Arbeit zu, erstaunt, wie wenige Fehler der Junge trotz seiner Behinderung machte. Dann zog eine andere, kleinere Person Graces Aufmerksamkeit auf sich.
    Sie schlüpfte so lautlos wie ein Schatten in den Raum: ein Mädchen, das kaum älter als sieben sein konnte. Ein ärmelloses graues Kleidchen stellte seine einzige Bekleidung dar, und seine Füße und die dünnen, von Sommersprossen übersäten Arme waren nackt. Eine Flut flammendroten Haares verbarg den größten Teil des Gesichts und strömte über die Schultern. Die Kleine half Daynen, die Teller einzusammeln, und Grace starrte sie dabei an, ohne eigentlich sagen zu können, warum sie das tat. Etwas an dem Mädchen erregte ihre Aufmerksamkeit.
    »Wie heißt du?« fragte sie, als das Mädchen den vor ihr stehenden Becher nahm.
    Das Mädchen schüttelte nur den Kopf, hielt das Gesicht nach unten gerichtet und umklammerte den Becher. Grace sah Daynen an und wurde sich dann bewußt, daß er ihren fragenden Blick nicht sehen konnte. Aber er mußte ihr Schweigen gespürt haben und antwortete trotzdem.
    »Ihr Name ist Tira. Sie kann nicht reden.«
    Grace registrierte diese Information und beugte sich auf ihrem Stuhl vor. »Hallo«, sagte sie. »Ich heiße Grace.«
    Das Mädchen sah noch immer nicht auf. Grace streckte die Hand aus, ergriff das Kinn der Kleinen und hob sanft ihr Gesicht. Das wilde Haar fiel zur Seite. Grace nickte, sie hatte so etwas erwartet.
    Die linke Gesichtshälfte war erstaunlich hübsch: blaß, glatt, fein geformt. Die rechte war jedoch völlig vernarbt. Die Narben zogen den Mundwinkel nach unten, das Auge saß inmitten leuchtender rosafarbener Hautfalten. Das rechte Ohr war völlig verschwunden. Grace stellte ihre Diagnose: Verbrennungen dritten Grades am Kopf und im Gesicht, die verheilt waren. Sie strich über den rechten Arm des Mädchens und drehte ihn um. Glattes Gewebe bedeckte die Unterseite. Vermutlich waren unter dem dünnen Stoff des Kleidchens noch weitere Verbrennungen auf der rechten Seite ihres Oberkörpers. Es war erstaunlich, daß das Mädchen nicht an einer Infektion gestorben war. Auf der Erde hätten Hautverpflanzungen und kosmetische Chirurgie dabei geholfen, sein Gesicht wieder herzustellen. Hier würde es sein ganzes Leben lang entstellt sein.
    »Du bist ein hübsches Mädchen, Tira«, sagte Grace mit sanfter Stimme, und sie meinte es auch.
    Das Mädchen zog die Hand zurück, senkte den Kopf und trug einen Armvoll Geschirr aus dem Saal. Daynen folgte ihm. Grace sah den beiden nach.
    »Hat Eddoc eigene Kinder?« fragte sie.
    Kalleth antwortete. »Seine Frau starb vor einigen Jahren kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes, und soviel ich weiß, hat er seitdem nicht wieder geheiratet.« Er sah den Verwalter an, der zustimmend nickte.
    Lirith stützte das Kinn auf die Hand. »Lord Eddoc muß ein sehr gutherziger Mann sein, um anderer Leute Kinder aufzunehmen.«
    »Manchmal zu gutherzig«, murmelte Jastar.
    Grace runzelte die Stirn. Was hatte er denn damit gemeint? Fürchtete der Verwalter, daß die Kinder eine zu große Belastung für seinen Herrn waren? Aber bevor sie nachhaken konnte, stand Kalleth auf.
    »Wir werden früh am Morgen aufbrechen.«
    »Dann werde ich da sein, um Euch zu verabschieden, Mylord«, erwiderte der Verwalter.
    Aber Grace wußte, daß die Ankündigung des Ritters genausosehr ein Hinweis für die Frauen war, sich doch bitte in ihr Gemach zurückzuziehen, wie auch eine Absichtserklärung für ihren Gastgeber.
    Grace und Aryn schlossen sich Lirith an, die sich erhob, wünschten den Männern eine gute Nacht und gingen nach oben. Als sie das Gemach betraten, waren Daynen und Tira schon da. Die Kinder hatten die Betten mit frischen Laken bezogen. Als Daynen sie eintreten hörte, sammelte er schnell die alten Laken ein und ging in Richtung Tür. Tira folgte ihm, blieb aber stehen, als sie in Graces Nähe kam.
    Daynen sagte: »Komm schon, Tira.«
    »Nein«, widersprach Grace. »Schon in Ordnung.«
    Sie kniete nieder und legte dem Mädchen die Hände auf die Schultern. Sie waren viel zu knochig. Sie strich dem Mädchen das Haar aus dem Gesicht.
    »Du brauchst dich nicht zu verstecken. Nicht mit deinem hübschen Gesicht.«
    Tira versteifte sich, aber Grace ließ sie nicht los. Das Mädchen entspannte sich und schaute auf, grinste und zeigte perfekte weiße Zähne. Grace erwiderte das Grinsen.
    »Ihr habt eine gute Hand mit Kindern, Schwester«, meinte Lirith.
    Jetzt war es Grace, die erstarrte. In der

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