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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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der Mann riß den Kopf herum, um mit weit aufgerissenen Augen einen Blick auf die Frauen zu werfen. Grace konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Wollen wir wetten, daß er keine Adligen zum Abendessen erwartet hat?
    Der Mann machte eine eilige Bewegung. Kalleth trat ein, und Durge kehrte zu den anderen zurück.
    »Anscheinend ist Lord Eddoc nicht da«, sagte der Embarraner. »Aber der Mann ist der Verwalter von Falanor. Er steht dem Gut in Abwesenheit des Lords vor und hat uns das Haus geöffnet.« Er warf Grace einen Blick zu. »Sir Kalleth sieht sich die Räume an, um sich zu vergewissern, daß sie Euren Bedürfnissen entsprechen.«
    »Ich bin sicher, sie sind ausgezeichnet«, sagte Grace, dankbar, daß sie nicht draußen im Sturm schlafen mußten.
    »Wann kommt Eddoc wieder?« fragte Aryn.
    »Jastar – das ist der Verwalter – hat es nicht gesagt«, antwortete Durge.
    Die Baronesse fröstelte. »Ist auch egal, solange wir reinkönnen. Dieser Sturm ist so seltsam. Er entfacht in mir ein Gefühl … als müßte ich schreien.«
    Durge musterte Aryn, und auf seinem zerfurchten Gesicht zeichnete sich Besorgnis ab. Sie ließ die Schultern hängen und senkte den Kopf, offensichtlich verlegen über ihre Worte.
    Es ist schon in Ordnung, wollte Grace sagen. Wir alle fühlen uns, als müßten wir schreien. Aber Lirith kam ihr zuvor. Die Hexe legte der Baronesse eine Hand auf den Arm.
    »Ich warte immer, bis es donnert.« Ihre vollen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »So kann mich keiner hören.«
    Aryn nickte und lächelte ihr dankbar zu.
    »Begleitet die Damen hinein«, wandte sich Durge an Meridar. »Ich kümmere mich um die Pferde.«
    Grace war froh, als sich hinter ihnen die Tür schloß und etwas vom Getöse des Sturms aussperrte. Sie standen in einer schmalen Vorhalle. Kerzen erhellten die Luft mit öligem Licht, an den Wänden standen Bänke, damit Reisende sich setzen und ihre Lasten ablegen konnten. Außer ihnen war niemand da.
    Tatsächlich, Grace? Und wer hat dann die Tür geschlossen?
    Sie drehte sich um. Ein Junge von vielleicht elf oder zwölf Jahren stand neben der Tür. Ein Knappe? Grace registrierte seine nackten, schmutzigen Füße, die zerlumpten Kniehosen und das oft geflickte Hemd. Also ein Bauernsohn, der als Diener im Haus des Lords arbeitete.
    »Wo ist der Verwalter?« fragte Meridar.
    Der Junge wandte sein Gesicht dem Ritter zu. Obwohl schmutzig, war seine Haut frei von Krankheiten, und die grünen Augen unter dem braunen Haar, das in seine Stirn fiel, blickten klar. Er lächelte und zeigte Zähne, die bereits zu faulen anfingen.
    »Verwalter Jastar ist mit Eurem Bruder gegangen, Mylord. Sie inspizieren die Gemächer des Hauses, um die besten auszusuchen.«
    Grace hustete. Die Luft war trocken und schmeckte metallisch; das Schlucken fiel ihr schwer.
    »Darf ich Euch etwas Wasser bringen, Mylady?« fragte der Junge.
    Grace legte eine Hand auf den Hals und nickte.
    »Darf ich, Mylady?«
    Grace runzelte die Stirn. »Ja«, krächzte sie. »Ja, danke.«
    Immer noch lächelnd ging der Junge zu einer Anrichte und hob einen Krug hoch. Erst als er das Wasser eingoß, erkannte Grace die Wahrheit. Er hörte nicht auf einzufüllen, bis die Flüssigkeit über den Rand des Zinnbechers floß und seine Hand traf. Dann drehte er sich um und hielt Grace den Becher entgegen, wobei er ihren Standort fast richtig erkannte.
    Er ist gut – er hat sich gut angepaßt. Aber das ist bei Kindern meistens so. Aber du hättest es früher bemerken müssen. Kein Augenkontakt. Und er hat dich nicht nicken sehen als Antwort auf seine Frage. Frau Doktor, du verlierst dein Gespür – und das auf mehr als nur einem Gebiet.
    Sie nahm den Becher aus seinen ausgestreckten Händen entgegen. »Wie heißt du?«
    »Daynen, Mylady.«
    »Bist du Eddocs Sohn?«
    Darüber mußte er lachen. »Nein, Mylady. Mein Vater führt den Hof in den Bergen nördlich des Dorfes. Als ich mein Augenlicht verlor, bat er den Lord, mich in seinem Haushalt aufzunehmen, weil ich auf dem Hof für ihn nicht von Nutzen war und er mich nicht ernähren konnte.«
    Grace stand der Mund offen. Ein Mann verstieß seinen Sohn, nur weil er erblindete? Aber es hätte sie nicht überraschen dürfen. Sie kannte die Regeln auf dieser Welt, und sie waren brutal. Liebe war ein Luxus, keine Notwendigkeit.
    Sie wollte etwas erwidern, aber Kalleth betrat die Halle. Der Verwalter klebte an seinen Fersen.
    »Hier entlang«, sagte Kalleth ohne Vorrede.
    In diesem

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