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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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schon seltsam, wie eine so leise und schmeichelnde Stimme so scharf sein konnte. Er umrundete den Erdhügel, bis er vor dem Prediger stand. »Sagen Sie es mir.«
    Stille. »Wir sind die Vergessenen, mein Sohn. Aber uns selbst haben wir nicht vergessen. Reicht das nicht?«
    Travis dachte darüber nach. Nein, wollte er antworten, aber dann hielt er inne. Vielleicht reichte es ja doch. Jack, die Sucher, Duratek, von ihnen allen wußte er etwas. Aber dieses ganze Wissen hatte ihm nicht das geringste gebracht. Vielleicht war es Zeit, dem Geheimnis eine Chance zu geben.
    »Warum sind Sie hier?« fragte er, weil ihm nichts außer einer Frage einfiel.
    Bruder Cys lange, schwarze Rockschöße flatterten im letzten Atemzug des Tages. Aschefarbenes Zwielicht senkte sich vom Himmel.
    »Zwei Welten nähern sich einander. Wenn die eine brennt, so auch die andere.«
    »Ich verstehe nicht.« Aber Travis hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als er sich da nicht mehr so sicher war. Ein neuer Schwarzer Tod, hatte es die Zeitung genannt. Aber im Grunde traten nur wenig wirklich neue Krankheiten auf. Meistens kamen sie nur von einem anderen Ort.
    »Eldh braucht dich, mein Sohn. Sie rufen dich bereits. Kannst du sie nicht hören?«
    Travis ballte die blutenden Hände zu Fäusten, aber er verspürte keine Wut, sondern bloß Müdigkeit. »Das ist mir egal. Ich möchte mich zur Abwechslung nur mal um mich selbst kümmern. Ich will die Welt nicht retten.«
    Jetzt kam Bewegung in Bruder Cy. Er warf den Kopf in den Nacken, breitete die dürren Arme aus und lachte aus vollem Halse. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer häßlichen, komischen Maske, und sein Adamsapfel trat so scharf hervor, daß es den Anschein hatte, als würde er sich gleich durch seinen Hals bohren. Travis starrte das groteske Bild an. Schließlich ließ die Heiterkeit des Predigers nach. Er sank in sich zusammen, als wäre er erschöpft.
    Travis sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Was ist so komisch?«
    Bruder Cy wischte sich Tränen aus den Augen. »Der Witz, mein Sohn. Du hast einen großartigen Witz gemacht.«
    Travis schüttelte bloß den Kopf.
    »Aber verstehst du denn nicht?« Bruder Cy klatschte in die großen Hände. »Rette die Welt, rette dich selbst. Wo liegt da der Unterschied, mein Sohn? Was ist der Unterschied?«
    Aber Travis verstand es nicht. Er wünschte sich, er könnte so lachen wie der Prediger, aber es fühlte sich so an, als sei sein Herz verbrannt und nur Asche übriggeblieben. »Hier gibt es nichts mehr für mich«, sagte er.
    Bruder Cy nickte, und sein Gesichtsausdruck war jetzt ernst und von tiefgründigem Verständnis gezeichnet. »Dann ist es Zeit zu gehen.«
    Er zeigte auf das Fleckchen Erde an seiner Seite. Dort gab es zwei Gräber. Das erste sah ziemlich frisch aus. Es war mit einem Grabstein gekennzeichnet, auf dem nur ein Wort stand.
    MINDROTH
    Sollte das ein Name sein? Travis war sich nicht sicher. Er schaute zu dem anderen Grab.
    Das lag noch offen da, ein sechs Fuß tiefes Rechteck, in dem Erdhaufen daneben steckte noch die Schaufel und wartete. Zuerst glaubte er, daß der Grabstein fehlte, dann blinzelte er und sah ihn. Er las die eingravierten Worte.
    Travis Ralph Wilder
›Im Tode beginnen wir.‹
    Er wollte lachen, aber der erstickte Laut blieb ihm im Halse stecken. Ja, natürlich. Stirb und werde verwandelt. Aber in was? Er wandte sich dem Prediger zu und nickte dann. Er würde es bald genug herausfinden.
    »Zieh die Stiefel aus, mein Sohn.«
    Travis zögerte. Wollten Revolverhelden nicht immer in ihren Stiefeln sterben?
    »Sofort, mein Sohn. Wir haben nicht viel Zeit.«
    Am Himmel zeigten sich nur noch wenige rote Streifen. Der Rest war Purpur, der sich zu einem Schiefergrau verhärtete. Travis bückte sich und zog die Stiefel aus.
    »Auch den Rest, mein Sohn. Alles. Nackt werden wir geboren, und nackt müssen wir gehen.«
    Travis knöpfte das Hemd auf und ließ es zu Boden fallen. Er schälte sich aus seinem T-Shirt, den angesengten Jeans, den Socken und der Unterhose – er zog alles aus bis auf den Knochentalisman, der um seinen Hals hing. Dann stand er nackt vor dem Prediger. Der ausgetrocknete Wind bewarf ihn mit Staub wie bei einer Taufe.
    Bruder Cy bückte sich, nahm die Stiefel und warf sie in das offene Grab. Dann erschien förmlich aus dem Nichts ein Bündel in seinen Händen, das er ebenfalls in das offene Loch warf. Schließlich griff er in die Tasche von Travis’ am Boden liegender Jeans, holte etwas heraus und

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