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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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gekrümmten Körper, als wären sie etwas Kostbares. Oder Gefährliches.
    Die Wut, die Travis verspürte, schmolz dahin. Sie wurde ersetzt durch – ja, durch was? Nicht Furcht, auch nicht durch Mitleid. Es war auch nicht nur Bedauern. Verständnis. Das war es. Und wie schrecklich so etwas doch sein konnte. Max wurde von einem Krampf geschüttelt. Er strahlte Hitze aus.
    »Ich brenne, nicht wahr, Travis?« Er fuhr sich mit einer angeschwollenen Zunge über die Lippen. »Wie die Leute, die ich heute morgen in der Zeitung gesehen habe. Wie der Mann, der den Saloon betrat, der Mann in der schwarzen Kutte.«
    Nein! wollte Travis rufen, aber dann ließ er es sein. »Wir tun etwas, Max. Uns wird schon was einfallen. Draußen steht der Wagen. Ich bringe dich nach Denver. Wir gehen in ein Krankenhaus und sorgen dafür, daß man sich um dich kümmert, okay? Laß uns nur hier verschwinden, und dann …«
    Draußen erstarb der Motor eines Autos. Das Geräusch drang zusammen mit dem blutroten Licht des Sonnenuntergangs durch die Fenster herein. Ein paar Augenblicke lang – solange Travis gesprochen hatte – hatte so etwas wie Hoffnung in Max’ braunen Augen gefunkelt. Jetzt wurden sie hart und leblos.
    »Du kommst zu spät, Travis.«
    Travis schüttelte den Kopf. »Nein, das werde ich nicht akzeptieren.«
    Ein weiterer Wagen schaltete den Motor aus. Also gab es mehr als einen von ihnen. Er blickte sich wild um, auf der Suche nach dem besten Fluchtweg.
    »Welcher Weg, Max? Wie kommen sie rein?«
    Max starrte wie eine Statue ins Leere.
    »Welcher Weg?«
    Die Wucht von Travis’ Worten ließ Max blinzeln. »Von vorn«, sagte er und keuchte. »Ich sollte hinten abschließen.«
    »Aber das hast du nicht. Gut, Max. Das war gut. Das bedeutet, daß wir eine Chance haben. Komm mit.«
    Er ging auf den Lagerraum zu, und er hätte Max am liebsten mit sich gezogen, aber er wagte es nicht. Nicht, bis man herausgefunden hatte, wie diese Feuerkrankheit übertragen wurde. Doch nach ein paar Sekunden schlurfte Max hinter ihm her. Auf dem hölzernen Gehsteig an der Vorderseite erklangen leise, aber unverkennbare Schritte. Travis eilte in das Halbdunkel des Lagerraums. Max folgte ihm. Travis schloß die Tür, dann tastete er in dem gedämpften Licht so lange herum, bis er eine Schaufel fand. Er schob sie quer über die Tür und klemmte beide Enden hinter die Rohre, die zu beiden Seiten verliefen.
    »Das nutzt nichts«, sagte Max. »Das wird sie nicht aufhalten.«
    »Das muß es auch nicht«, sagte Travis und drehte sich um. »Wir brauchen bloß …« Er verstummte und sog scharf die Luft ein.
    »Travis, was ist?«
    »Ich kann … Ich kann dich sehen, Max.«
    Max hob die linke Hand und betrachtete sie. Es war nicht sehr hell, aber in dem abgedunkelten Raum war es offensichtlich: Ein tiefrotes Glühen umfloß Max’ Haut. Er glühte. Nein, er strahlte es aus.
    Max schüttelte den Kopf. »Was geschieht mit mir?«
    Travis wollte etwas sagen, aber er wußte keine Antwort, und in diesem Augenblick ertönte auf der anderen Seite der Tür ein lautes Krachen. Es folgten ein paar Sekunden der Stille, dann kam der gedämpfte Laut einer Unterhaltung. Travis konnte mindestens drei verschiedene Stimmen ausmachen.
    Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Max. Und jetzt – endlich – gewann die Furcht über alle anderen Emotionen. »Sie sind da.«
    Max senkte die Hand. Dann nickte er knapp. »Natürlich – jetzt verstehe ich es. Ich verstehe, was geschieht, alles ergibt einen Sinn. Ich weiß, was ich tun soll.«
    »Wovon sprichst du?«
    Max bewegte sich. In dem Halbdunkel war schwer zu erkennen, was genau er da tat, aber Travis konnte den roten Umriß seines Körpers verfolgen. Max beugte sich vor, stöberte in einer Ecke herum und richtete sich mit einem Gegenstand in der linken Hand wieder auf. Dann drehte er sich um, und ein verirrter Lichtstrahl spiegelte sich auf einer scharfen Kante wider. Es war eine Axt.
    »Max – nein!«
    Es war zu spät. Max hob die Axt und schlug zu.
    Travis duckte sich, aber die Axt fuhr weit über seinen Kopf hinweg. Das helle Klirren von Metall auf Metall ertönte, gefolgt von einem Zischen wie das Todesröcheln einer sterbenden Schlange. Die Axt polterte zu Boden, und Max sackte gegen eine Wand; die Anstrengung hatte ihn völlig erschöpft. Travis bemühte sich zu verstehen, was geschehen war. Dann roch er den süßen, verfaulten Geruch.
    Es war das Rohr, das zu dem alten Boiler führte. Max hatte es zerstört.

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