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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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die er auf andere hatte, wie er bloß mit einem Blick und einem Nicken die Loyalität eines anderen gewinnen konnte. Aber in jenen Tagen war sein Blick nach innen gerichtet.
    Jedermann wußte, daß Beltan nach der Ermordung seines Vaters Beldreas der König von Calavan hätte sein können, auch wenn er von Geburt her ein Bastard war. Statt dessen hatte er geschworen, den Mörder seines Vaters zu finden – und hatte versagt. An seiner Stelle war Boreas, Beltans Onkel und Beldreas jüngerer Bruder, der König geworden.
    In diesem Winter hatte die Aura der Traurigkeit, die Beltan umgab, eine Zeitlang nachgelassen. Aber nicht lange nach der Rückkehr Travis Wilders zur Erde war die Melancholie des Ritters zurückgekehrt. Grace vermutete, daß er Travis vermißte; das taten sie alle. Als Beltan das Ratsgemach steif verließ, stieß sie einen Seufzer aus. Einige Wunden heilten nicht so schnell wie die der Muskeln und Sehnen.
    Vierzehn Tage später reiste Beltan aus Calavere ab, um Vedarr dabei zu helfen, die neue Festung des Ordens zu organisieren. Vedarr hatte Beltan einen Posten als Hauptmann angeboten, und das hatte der blonde Ritter nicht abgelehnt. Die erste Mission des Ordens bestand darin, die letzten Schlupfwinkel des Rabenordens auszumerzen. Der Kult war eine Fassade für die Machenschaften des Fahlen Königs gewesen, und die meisten seiner Anführer waren umgekommen, als Berash besiegt wurde – die Eisenherzen, mit denen ihr Herr sie ausgestattet hatte, versagten, als er wieder in seine eisige Domäne Imbrifale eingesperrt wurde. Aber es gab Widerstandsnester, in denen der Kult aktiv blieb, mit seinen blutigen Riten fortfuhr und Menschen verstümmelte und mit Brandzeichen versah.
    Grace hatte sich an dem Tag, an dem sich Beltan zusammen mit Vedarr und zwei Dutzend weiteren Rittern zum Aufbruch bereit machte, große Sorgen um ihn gemacht. Sie stand im Oberen Burghof und sah beunruhigt zu, wie Beltan seinen Rotschimmel sattelte. Seine Wunde hatte sich geschlossen, aber sie war noch immer frisch, und es war eine Verletzung, die ihn eigentlich hätte töten müssen – allein die Magie der Feenkrieger hatte seinen Lebensfaden intakt gehalten.
    Ihre Befürchtungen blieben nicht unbemerkt. Lady Melia ließ ihr Pferd stehen und kam über den Burghof auf sie zu.
    »Macht Euch keine Sorgen, meine Liebe«, sagte die Frau mit den bernsteinfarbenen Augen. »Ich werde ihn beschützen.«
    Grace lächelte. Beltan war eigentlich Melias Ritter-Hüter, aber sie wußte, daß solche Dinge manchmal in beide Richtungen funktionierten.
    Falken rief nach Melia, und nachdem die dunkelhaarige Lady Grace warmherzig und unerwarteterweise umarmt hatte, kehrte sie zu ihrem Pferd zurück. Melia und Falken verließen Calavere ebenfalls, und sie wollten den ersten Teil ihrer Reise zusammen mit Beltan und den anderen Rittern zurücklegen. Grace kannte ihr Ziel nicht. Melia hatte nur erwähnt, daß sie einen alten Freund besuchen wollten.
    Alles in allem waren die Dinge nach den folgenschweren Geschehnissen bei der Wintersonnenwende überraschend gut gelaufen. Doch trotz der Fortschritte gab nicht alles Anlaß zur Freude. Nach dem Fest der Wintersonnenwende hatte es noch einen freien Sitz am Ratstisch gegeben: Sitz Eredane. Königin Eminda war von der Hand Lord Logrens gestorben, ihrem Ersten Berater, der zu den Eisenherzen gehört hatte. Die ersten Boten nach Eredane, die diese Botschaft überbrachten, waren nie wieder zurückgekehrt. Nun gab es Geschichten, denen zufolge alle Reisenden an den Grenzen von grimmigen Rittern aufgehalten und zur Rückkehr gezwungen wurden. Man konnte davon ausgehen, daß nach Emindas Tod in Eredane ein Machtkampf stattfand. Doch wer die Spieler waren und wie das Ergebnis aussehen würde, war eine dunkle Wolke, in die niemand hineinsehen konnte.
    Grace versuchte, ihr blutiges Gewand zu ignorieren, und konzentrierte sich auf den neuen freien Sitz: Spardis, der Sitz Perridon. Es war merkwürdig, daß Boreas sie und keinen anderen gerufen hatte, um in dieser Sache einen Rat einzuholen. Nun war Lord Alerain, der Seneschall und Berater des Königs, tot – auch er war als Eisenherz und Verräter entlarvt worden. Vielleicht war sie ja alles, was er noch hatte.
    Aber es ist mehr als das, Grace. Du weißt das. Als er dich zuerst um deine Dienste bat, kam das, weil du eine nützliche Schachfigur für ihn warst. Aber j etzt tut er es, weil du seinen Respekt verdient hast. Sie musterte den König. Er schritt auf und ab,

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