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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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war allein mit den zerbrochenen Überresten eines so gut wie vergessenen Gottes.
    Mehrere Minuten lang blieb er selbst so reglos wie eine Statue dort an Ort und Stelle stehen, dann kamen die einzelnen Teile in seinen Gedanken zusammen, und er wußte, was er zu tun hatte, auch wenn ihm dieses Wissen Angst einflößte. Oragien hatte ihn herbeschworen, damit er den Runensprechern helfen sollte. Und es gab nur eine einzige Möglichkeit, wie Travis das tun konnte. Bevor er länger darüber nachdenken konnte, eilte er aus dem verborgenen Raum und lief die Treppe hinunter.
    Ein Teil von ihm hoffte dabei, daß er einem Runensprecher begegnen würde, jemand, der ihn am Arm ergreifen, ihn nach seinem Ziel fragen und ihm stehenzubleiben befehlen würde, aber die Treppe war menschenleer. Die Brüder waren alle in ihren Zellen. Er erreichte den Fuß der Treppe und begab sich zu dem anderen verborgenen Durchgang. Diesmal brauchte er nur einen kurzen Augenblick, um ihn zu finden. Dann schritt er die zweite Treppe hinunter.
    Die Stufen endeten. Travis betrat das aus dem Fels geschlagene Gemach tief unter dem Grauen Turm. Das quellenlose Licht fiel von oben herab und beleuchtete den Stein, der in seiner Mitte schwebte.
    Travis ging mit zielgerichteten Schritten auf den Runenstein zu. Sein Mund war plötzlich wie ausgetrocknet, und unter der Kutte zitterte er, aber er blieb nicht stehen. Ein Dröhnen lag in der Luft, wie das Schlagen eines Herzens. Travis blieb vor dem Stein stehen und ließ die Blicke über die zahllosen in die Oberfläche eingravierten Runen schweifen. Welches Wissen, welche Macht und welche Geheimnisse würden sie ihm offenbaren, wenn er sie nur berührte und in seinem Bewußtsein sprechen ließ?
    Nein, Travis. Du bist es nicht, der das Wissen braucht. Es sind die Runensprecher. Sie müssen lernen, es allein zu versuchen. Das ist die einzige Möglichkeit.
    Er hob beide Hände und zögerte, dann streckte er sie aus und berührte den Runenstein. Es war so viel einfacher, als er jemals gedacht hätte. Er öffnete seinen Körper und ließ wie ein Kanal die Macht durch sich hindurchfließen, nachdem er ein einziges Wort geflüstert hatte.
    »Reth.«
    Die übernatürliche Stille, die in der Luft hing, verschluckte seine Stimme. Das kaum wahrnehmbare Summen verstummte und ließ nur Schweigen zurück. Travis holte tief Luft und fühlte … nichts. Also hatte er doch nicht die Macht gehabt, um zu helfen. Er entfernte sich von dem Stein.
    Das Geräusch war wie ein Donnerschlag, der durch seinen Schädel hallte. Travis riß die Hände an die Ohren, aber sie hätten genausogut aus Papier sein können. Der Runenstein leuchtete blausilbern auf, dann zogen sich tiefe, lichtlose Risse dunklen Schlangen gleich über seine Oberfläche.
    »Bruder Wilder! Nein!«
    Ein Dröhnen begrub die Stimme unter sich. Travis stolperte zurück, und der Runenstein flammte auf und wurde dunkel. Wie Geröll regneten seine Splitter zu Boden. Das Donnern wurde leise und verklang. Travis war sich undeutlicher grauer Gestalten bewußt, die auf ihn zuliefen. Vor ihm erschien eine mit einem weißen Bart, deren blaue Augen blitzten.
    »Was habt Ihr getan? Bei Olrig, was habt Ihr getan?«
    Ich habe euch gerade gerettet, wollte Travis sagen. Aber er konnte nicht sprechen, da ihn grobe Hände packten und von den Trümmern des zerbrochenen Runensteins wegzerrten.

9
    Grace stand auf der flachen Anhöhe, in deren Schutz sie am vergangenen Abend das Lager aufgeschlagen hatten, und sah zu, wie die Morgenröte die weiten Ebenen des nördlichen Tolorias in Brand setzte. Aus dem Osten kam eine Brise auf, die mit heißen Fingern durch ihr aschblondes Haar fuhr. Sie brauchte nicht über die Schulter zu blicken, um zu sehen, daß der fast volle Mond gerade im Westen unterging. Ein Tag, Sie hatten noch einen Tag.
    Auf dem trockenen Gras hinter ihr ertönten Schritte, und sie drehte sich um.
    »Grace, was tust du hier draußen? Ich habe Durge gestern abend endlich überzeugen können, sich hinzulegen und auszuruhen. Wenn er jetzt aufwacht und dich nicht sofort sieht, wird der Mann nie wieder schlafen.«
    Sie lächelte den hochgewachsenen blonden Ritter an, dann wandte sie sich wieder dem Norden zu. »Ich weiß, Beltan. Ich sollte zurückgehen. Aber ich habe mich gefragt, ob ich ihn von hier aus sehen kann. Den Grauen Turm.«
    Grace hörte, wie er hinter sie trat.
    »Und, kannst du?«
    Sie seufzte. »Nein, noch nicht.«
    Seine starken Hände legten sich auf ihre

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