Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter
dieser Städte verbracht hatte, hatte sie die Bezeichnung Freie Stadt immer etwas irreführend gefunden. Zwar konnte man alles kaufen, was man wollte, doch hatte auch alles seinen Preis.
Wie Falken erfahren musste, als er zu den Docks ging, um eine Passage auf einem Schiff nach Tarras zu buchen.
»Ich bin bestohlen worden!«, rief der Barde, als er das Gasthaus betrat, in dem sie untergekommen waren. »Der Kapitän hätte mich genauso gut auf den Kopf stellen und das Gold aus meinen Taschen rausschütteln können.«
»Ja, das ist schrecklich, mein Lieber«, sagte Melia. »Aber du hast uns doch ein schönes Schiff gesucht, oder?«
Tatsächlich hatte Falken ihnen sogar ein sehr hübsches Schiff besorgt. Kapitän Magards Handel konzentrierte sich auf Juwelen, Gewürze und andere kostbare, aber kompakte Güter, was zur Folge hatte, dass sein Schiff weder beengt war noch stank. Falkens Gold hatte ihnen drei winzige Kabinen gekauft, eine für Melia, eine für Durge und den Barden und eine für Lirith und Aryn.
Wie sich herausstellte, war es gut, dass Melia ihre eigene Unterkunft hatte, denn die Lady mit den bernsteinfarbenen Augen hatte Probleme, auf dem Wasser zu reisen. Lirith wusste nicht, warum, aber aus irgendeinem Grund freute sie das. Niemand, nicht einmal eine ehemalige Göttin, sollte perfekt sein. Doch Falken schien über diese Situation nicht besonders glücklich zu sein; er verbrachte einen beträchtlichen Teil der Tage damit, Eimer aus Melias Kabine zu holen und geleert zurückzubringen.
Lirith war noch nie zuvor auf einem Schiff gewesen; sie war begeistert. Aryn und Durge ging es nicht so schlecht wie Melia, aber sie schienen es vorzuziehen, unter Deck zu bleiben. Nicht jedoch Lirith. Sie verbrachte fast den ganzen Tag damit, sich zu sonnen und das Gesicht in die Gischt zu halten; sie sah schlanken Delfinen zu, wie sie neben dem Schiff herschwammen, und in der Nacht betrachtete sie die Sterne, während Kapitän Magard ihr erklärte, welche davon am nützlichsten waren, um auf dem offenen Meer zu navigieren.
Nicht, dass sich die Schicksalsläufer jemals weit von der Küste entfernt hätte. Oft konnte Lirith an Steuerbord felsige Klippen oder grüne Baumreihen entdecken, und einmal verschmolzen in der Ferne bleiche Gipfel mit Wolkenbänken. Und an ihrem fünften Morgen auf See stieg sie einen Niedergang zum Deck hinauf und sah direkt voraus etwas Goldenes in der Sonne schimmern, und sie wusste mit einer seltsamen Art von Traurigkeit, dass die Reise vorbei war.
35
Als die Schicksalsläufer am Dock sicher vertäut war, waren die anderen an Deck erschienen. Durge stolperte unter der schweren Last von Taschen und Bündeln; sie hatten Königin Ivalaines Pferde in Gendarra verkauft, und anscheinend hielt es der Ritter für seine Pflicht, sie ganz allein zu ersetzen. Lirith beeilte sich, ihm ein paar Taschen abzunehmen. Aryn schien zusammenzuzucken, dann eilte sie herbei, um das Gleiche zu tun.
Falken führte Melia auf den Landungssteg zu, während Kapitän Magard das Löschen seiner Fracht überwachte. Die für gewöhnlich kupferfarbene Haut der Lady wies noch immer einen grünlichen Schimmer auf, aber der Anblick des Landes schien ihren Zustand außerordentlich zu verbessern.
»Danke, Kapitän«, sagte sie, »für eine Reise, die ich so bald nicht vergessen werde.«
Magard grinste und machte eine tiefe Verbeugung. »Hätte ich für Euch die See unbeweglich machen können, Mylady, so hätte ich das getan.«
Sie lächelte und tätschelte seine raue Wange. »Arbeitet weiter daran, mein Lieber.«
Auf den Docks von Tarras wimmelte es von Menschen, sie waren voller Farben und Gerüche, zugleich lebhaft und boshaft. Vorbeieilende Leute stießen Durge zur Seite, sodass der Ritter stolperte und darum kämpfen musste, seine vielen Lasten nicht zu verlieren. Die Stadt erhob sich über ihnen, und Lirith konnte jetzt sehen, dass sie auf einem Hügel erbaut war. Ungefähr in der Mitte schoss ein weißer Fels in die Höhe, der einen eindrucksvollen Kontrast zu den ihn umgebenden glatten Türmen und vergoldeten Kuppeln bot.
Lirith wollte zu den anderen gehen. Da wurde der gleißende Sonnenschein dünn und kalt, der Lärm der Menge verblich zu einem gedämpften Grollen, das an die Stimme der See erinnerte. Furcht erfasste sie, so kalt wie das Wasser vom Grund eines zu Eis gefrorenen Ozeans.
Die Gestalt stand zwanzig Schritte weiter entfernt auf dem Dock, verdeckt von einer Menschenmenge. Alles schien mit einer
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