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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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sie selbst galt.
    Auf der Tribüne stellte Ivalaine die Silberglocke ab. Einen Augenblick lang schien die Königin zu schwanken. Was hatte es sie gekostet, als sie sich mit dem Muster und Liendras Strang vereinigte? Doch bevor Lirith weiter darüber nachdenken konnte, erstarrte Ivalaines Gesicht; es sah aus wie aus Marmor gemeißelt. Sie verkündete mit kristallklarer Stimme:
    »Das Muster ist vollendet.«
    Auf der Stelle fingen die Hexen an, den Garten zu verlassen, ihre grünen Kleider verschmolzen mit den Schatten zwischen den Bäumen und ließen nur das Mondlicht zurück. Viele der Hexen würden Ar-Tolor noch in dieser Nacht verlassen, die meisten würden bei Sonnenaufgang gegangen sein und zurück in ihre Heimatländer reisen. Wie viel Zeit würde wohl vergehen, bis sie wieder alle gemeinsam weben würden? Doch das war der Sinn des Musters – sie alle miteinander zu verbinden, selbst wenn sie voneinander getrennt waren.
    »Lirith, da seid Ihr ja!«
    Sie schaute auf und sah etwas Weißes durch den Rest der Versammlung stürmen. Lirith lief los, und sie trafen sich in der Mitte.
    »Aryn!«
    Sie umarmte die junge Frau, hielt sie fest an sich gedrückt. Aryn erwiderte die Geste mit der gleichen Intensität, obwohl ihr dazu ein Arm fehlte. Schließlich traten sie auseinander.
    »Du warst so wunderschön«, platzte Lirith heraus, hielt wegen ihrer plötzlichen Vertraulichkeit inne und sprach dann weiter. Die Zeit für Förmlichkeiten war vorbei. »Nein, du hast förmlich gestrahlt. Ich habe es mit einer solchen Erleichterung gesehen, obwohl ich schon sagen muss, dass du, als ich dich das letzte Mal gesehen habe, nicht so zuversichtlich warst. Was ist geschehen?«
    Aryn zuckte mit den Schultern und lächelte. »Ich habe mich entschlossen, ich selbst zu sein. Wie du es mir geraten hast.«
    Lirith drückte die linke Hand der Baronesse. Sie wollte weitersprechen, hielt aber inne, als in der Nähe eine hoch gewachsene Gestalt mit einer blonden Haarmähne vorbeiging. Lirith fühlte, wie ihr kalt wurde, Aryn versteifte sich. Liendra schritt in majestätischer Haltung aus dem Garten, umgeben von einer Gruppe Hexen, die eng beieinander blieben. Sie hielt den Blick starr geradeaus gerichtet, als wäre sie sich nicht der Aufmerksamkeit bewusst, die sie erhielt, aber ihr selbstzufriedenes Lächeln machte die Illusion zunichte.
    Plötzlich, als wäre sie sich der auf sie gerichteten Blicke bewusst geworden, drehte sie den Kopf. Grüne Augen blickten mit einem Funkeln in Liriths und Aryns Richtung, und das Lächeln vertiefte sich. Dann verließ Liendra den Garten.
    Aryn holte zischend Luft, als wollte sie etwas sagen. Aber ihre Worte erklangen nicht in Liriths Ohren, sondern in ihrem Verstand.
    Sie ist schrecklich. Sieh nur, wie selbstgefällig sie ist. Man könnte glauben, sie wäre hier die Königin.
    Die Übertragungsweise dieser Worte überraschte Lirith mehr als ihr Inhalt. Wann und wie hatte Aryn die Kunst gemeistert, durch die Weltenkraft zu sprechen? Lirith hatte für diese Fertigkeit noch einige Unterrichtsstunden angesetzt.
    Sie webte schnell einen Faden, um der jungen Frau zu antworten.
    Sie ist nicht die Königin. Aber vergiss nicht – das war Liendras Faden im Zentrum des Musters, ich weiß nicht, wer sie ist oder wo sie herkommt, aber die Hexen scheinen wirklich bereit zu sein, ihr als Anführerin zu folgen.
    Nicht alle Hexen, sagte da eine warme Stimme.
    Das war nicht Aryn gewesen, aber den weit aufgerissenen Augen der Baronesse nach zu urteilen, hatte sie es genauso deutlich gehört wie Lirith.
    Vergesst nicht, fuhr die Stimme fort, es gab einige Fäden, die sieh nicht mit dem Herzen des Musters verbinden wollten. Nicht alle Hexen denken so wie Schwester Liendra.
    Einen Augenblick lang fragte sich Lirith, ob da Ivalaine sprach, aber die Königin war nicht zu sehen. Außerdem war die Stimme nicht mit der ihren identisch. Sie war weicher, rauchiger und doch auf ihre Weise sehr mächtig. Dann teilte sich die kleiner werdende Menge, und Lirith entdeckte eine Hexe, deren pechschwarzes Haar von einer einzigen eisweißen Strähne gezeichnet wurde.
    »Schwester Mirda«, flüsterte Aryn.
    Lirith nickte; sie wusste jetzt, warum die ruhige Stimme der Frau so vertraut klang.
    »Ihr seid das gewesen«, murmelte sie. »Ihr habt uns daran erinnert, dass die Hexen keinen Schaden anrichten dürfen. Und es war Euer Faden, der das Muster verändert hat.«
    Der Hauch eines Lächelns umspielte Mirdas Lippen. »Möge Sia euch beide

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