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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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schwarz behandschuhten Hände zu der goldenen Maske. Ein leises Klicken ertönte. Dann senkte der Zauberer die Maske und enthüllte das darunter befindliche Gesicht.
    Oder das, was von dem Gesicht übrig geblieben war.
    Travis verspürte Übelkeit. Auf der linken Seite war das Gesicht des Mannes vollkommen normal, die Haut wies die Farbe von Kupfer auf, das Auge war dunkelbraun. Auf gewisse Weise ähnelte er Sareth, doch wo der Mournisch scharf geschnittene, attraktive Züge aufwies, wirkte der andere völlig unscheinbar. Aber es war die rechte Gesichtshälfte, die unwillkürlich den Blick auf sich zog – die Stelle, an der sich die rechte Gesichtshälfte hätte befinden sollen. Dort waren Knochen und Zähne und lederige Haut zu sehen, die in dem Bemühen, ein tiefes Loch zu verbergen, straff gespannt war. Doch ohne die Maske konnte man es unmöglich verbergen: Die rechte Gesichtshälfte des Mannes war buchstäblich weggefressen.
    »Bei Orús Blut!«, stieß Sareth hervor. »Das kann nicht sein. Du bist tot!«
    »Es ist auch schön, dich zu sehen, alter Freund«, erwiderte der Scirathi in verwaschenem, aber dennoch schneidendem Tonfall.
    »Ich meinte … ich wollte bloß sagen …«, stotterte Sareth. »Aber der Dämon … ich habe gesehen, wie er dich verschlungen hat!«
    »Hast du das, Sareth?«, sagte der andere und kam näher. »Vielleicht war es ja das, was du sehen wolltest. Denn ich stehe hier vor dir – durchaus lebendig, wenn auch nicht ganz unversehrt.« Die linke Gesichtshälfte des Mannes verzog sich zu einer hämischen Grimasse; er deutete mit dem Kopf auf Sareths Holzbein. »Aber das bist du ja auch nicht. Dennoch würde ich mal behaupten, dass du von uns derjenige warst, der Glück gehabt hat.« Er fuhr mit den Fingern über die zerstörte Gesichtshälfte und erzitterte. Schmerz.
    Sareth befeuchtete die Lippen. »Xemeth.«
    »Ja, ich bin es – der Freund, den du in die Höhle des Dämons mitgenommen hast, der Freund, den du bei deiner Flucht zurückgelassen hast.«
    »Aber du bist nicht gestorben.«
    »Offensichtlich. Du bist schon immer ein Narr gewesen, Sareth. Offensichtlich hatten deine Eltern nur einen Verstand zu vergeben, und den hat Vani gekriegt. Aber keine Angst. Ich bin nicht mehr wütend. Tatsächlich bin ich dankbar für das, was du mir angetan hast. Wärst du nicht gewesen, lieber Sareth, hätte ich niemals das bekommen, was ich heute habe – den Schlüssel zu allem, was ich mir jemals erträumt habe.«
    Sareth zögerte, dann machte er einen Schritt auf ihn zu. »Wovon sprichst du, Xemeth? Was hast du bekommen?«
    »Dies.« Xemeth griff in sein Gewand und holte etwas hervor. Zwischen seinen Fingern funkelte es golden auf. Dann streckte er die Hand aus und öffnete die Finger.
    Es ruhte auf seiner Handfläche und bewegte langsam die Beine. Eine Spinne aus reinem Gold.
    Travis war sofort klar, dass das keine der Spinnen war, die die Scirathi erschufen, um ihr Gift zu verbreiten. Sie war viel größer und bedeutend schöner. Ihre Augen waren wie facettengeschliffene Opale, in den Rücken war funkelnder roter Edelstein eingelassen. Zusammen mit dem Licht strahlte die goldene Spinne Macht aus. Sie erschien wie ein lebendes Schmuckstück.
    »Es gibt gar keinen Skarabäus von Orú«, flüsterte Sareth. »Es ist eine Spinne!«

30
    Der Dämon mochte verschwunden sein, aber Grace brauchte Durge nicht, um zu wissen, dass sie noch immer in großer Gefahr schwebten. Sareth war so nahe an seinen alten Freund herangegangen, wie er konnte, aber Xemeth hielt ihn auf Distanz und wich jedes Mal zurück, wenn er auf fünf Schritte herangekommen war.
    Er kann kein richtiger Scirathi sein – das ist unmöglich. Wenn er ein Zauberer wäre, wären wir alle schon tot. Er trägt nur ihre Tracht. Aber warum?
    Travis und Lirith standen neben Grace und warteten darauf, was Sareth als Nächstes tat. Durge war ein Stück zur Seite getreten. Er hielt noch immer sein Breitschwert, stand aber nun reglos da. Xemeth war vielleicht kein richtiger Zauberer, aber er hatte das magische Relikt, und nach Sareths Beschreibung zu urteilen, vermochte niemand zu sagen, was Xemeth damit anstellen konnte.
    Sareth befeuchtete die Lippen. Zweifellos überlegte der Mournisch sich ganz genau, was er sagen sollte.
    »Das ist ein Wunder, Xemeth. Du hast getan, weswegen wir an dem Tag hergekommen sind – du hast das Relikt vor den Scirathi gerettet. Und ich bin außer mir vor Freude, dass du lebst. Aber warum bist du nicht

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