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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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schon früher zu uns gekommen? Alle Mournisch wären froh gewesen.« Er hielt inne. »Vani wäre froh gewesen.«
    Ein Zittern durchlief Xemeths Körper. Einen Augenblick lang schien seine linke Gesichtshälfte zu erschlaffen. Dann verhärtete sich die intakte Hälfte seiner Miene wieder.
    »Schlau, Sareth. Doch ein paar leere Sprüche werden mich nicht vergessen lassen, dass du mich zum Sterben zurückgelassen hast. Genauso wenig, wie deine hübschen Worte mir mein Gesicht zurückgeben werden.«
    »Es tut mir so Leid, was dir zugestoßen ist, mein Freund. Das ist die Wahrheit.«
    »Und jetzt auch noch geheucheltes Mitleid«, stieß Xemeth hervor, »ein noch untauglicheres Mittel, um alles wieder gutzumachen. Und auch wenn das Wissen mich zufrieden stellt, dass du genau wie ich einen Teil von dir verloren hast, glaube ich kaum, dass das uns gleichmacht. Was ist schon ein fehlendes Bein verglichen mit dem, was ich erlitten habe?«
    Wieder tasteten seine Finger über die tiefe Verwüstung, die dort war, wo die rechte Hälfte seines Gesichts hätte sein sollen. Grace wusste, dass Xemeth großes Glück gehabt hatte, eine solche Verletzung zu überleben – vor allem auf dieser Welt, wo selbst eine kleine Wunde eine tödliche Infektion zur Folge haben konnte.
    Aber es war ein steriler Schnitt, nicht wahr, Frau Doktor? Genau wie bei Sareths Bein. Der Dämon frisst die Dinge nicht im herkömmlichen Sinne – nicht mit einem Mund und Zähnen. Was auch immer er berührt, es … verschwindet einfach. So wie der Stein in diesen Tunneln.
    Oder wie Fleisch.
    »Wie, Xemeth?«, fragte Sareth. »Wie hast du überlebt? Und warum bist du wie ein Scirathi gekleidet?«
    »Was denn, alter Freund, wollen du und deine Gefährten etwa eine Geschichte hören?«
    Sareths Blick hatte etwas Flehentliches an sich. »Niemand hätte den Dämon überleben können, aber du hast es geschafft.«
    Xemeths noch vorhandenes Auge leuchtete. Grace verstand. Sareth sprach Xemeths Eitelkeit an, versuchte, ihnen Zeit zu erkaufen. Aber wozu?
    »Also gut, Sareth. Ich muss gestehen, jetzt, wo du hergekommen bist, da wäre ich enttäuscht, wenn du stirbst, ohne vorher meine Geschichte gehört zu haben. Und ich glaube, uns bleibt noch genug Zeit, um sie zu erzählen.« Xemeth lachte; es war ein gurgelnder Laut. »Zeit hat für ihn nur wenig Bedeutung.« Er fasste die strahlende Spinne fester.
    Grace sah, wie Travis die Hand in die Tasche schob. Würde der Große Stein Xemeth aufhalten können, falls er versuchte, ihnen etwas anzutun? Grace wusste nicht genug über seine Macht. Durge hielt noch immer sein Schwert umklammert, und Liriths Finger bewegten sich webend hinter ihrem Rücken.
    Grace webte einen Faden zu der schlanken Hexe. Ein Zauber?
    Ja, Schwester, ein Bindungszauber. Auch wenn ich nicht weiß, ob er ihn halten kann. Spürt Ihr es? Das Relikt zieht die Fäden auseinander, noch während ich dabei bin, sie zusammenzuweben.
    Lasst mich Euch helfen.
    Es war schwer, mit geöffneten Augen zu arbeiten. Aber sie durften Xemeth nicht merken lassen, was sie dort taten.
    »… der Dämon stürzte sich auf uns«, sagte Sareth. »Ich schaffte es bis zu dem Gang, dann drehte ich mich um und griff nach dir. Erst dann fühlte ich eine Kälte in meinem Bein. Der Schatten schien dich zu verschlucken, und du warst weg.«
    Xemeth streichelte die Spinne mit einem Finger. »Was du gesehen hast, ist nicht genau das, was passiert ist, Freund. Der Dämon stürzte sich auf mich. Ich fühlte, wie er mich einhüllte, und genau wie du bei deinem Bein spürte ich, wie mein Gesicht kalt wurde. Dann erzitterte der Boden, und eine Spalte öffnete sich unter meinen Füßen. Ich stürzte.«
    »Darum sah es für mich so aus, als hätte dich der Dämon verschlungen. Ich konnte nicht wissen, dass du noch am Leben warst.«
    Xemeth gab einen erstickten Laut von sich. »Glaubst du, das entbindet dich von jeder Schuld an deinem Verbrechen? Wärst du geblieben, dann hättest du meine Schmerzensschreie gehört. Denn ich stürzte volle zehn Meter tief. Ich konnte nicht sagen, wie viele meiner Knochen gebrochen waren. Und während ich dort lag, ließ die Taubheit in meinem Gesicht nach, und der Schmerz kam.«
    Grace konnte sich das Entsetzen und die Qualen nicht einmal vorstellen. In gewisser Weise konnte sie Xemeth seine Wut nicht einmal zum Vorwurf machen.
    »Und dann?«, wollte Sareth wissen.
    »Ich weiß nicht, wie lange ich dort lag, mit meinen gebrochenen Knochen. Einen Tag lang,

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