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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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niedergeschmetterter Ausdruck.
    Travis hob die Hand, um ihnen allen zu danken und Lebewohl zu wünschen. Aber bevor er sprechen konnte, breitete der Elf die Arme aus. Das Tor dehnte sich aus und hüllte sie in schimmerndes Licht.
    Colorado verblasste zu einem Schatten. Dann war es verschwunden.
     

 
    ZWEITER TEIL
Der Schatten der Vergangenheit
     

 
    17
    Nichts. Um Travis herum war das Nichts. Eine gewaltige, quälende Leere, ohne Anfang und ohne Ende.
    Er wollte rufen, dass mit dem Tor etwas schrecklich schief gegangen war, aber er hatte keinen Mund und keine Lungen – er hatte gar keinen Körper. Er war zu einem einzigen Punkt reduziert worden, einem summenden Funken aus Energie, der in seiner Bedeutungslosigkeit so gut wie unsichtbar war.
    Er versuchte, nach den anderen Ausschau zu halten – nach Grace und Beltan und Vani, aber von ihnen gab es keine Spur. Da war nur das leere Grau. Allerdings verlieh ihm die Bezeichnung Grau schon viel zu viel Substanz. Grau war eine Vermengung aus Licht und Dunkelheit. An diesem Ort fehlte beides. Soweit es Travis zu sagen vermochte, war er unendlich.
    Er wollte erneut rufen, als er spürte, dass etwas auf ihn zukam. Nein, mehrere Etwas. Er konnte sie nicht sehen; sie waren genauso körperlos wie er. In ihrem Kielwasser breitete sich in dem farblosen Nebel eine Verzerrung aus, die an die kleinen Wellen erinnerte, die von Insekten verursacht wurden, wenn sie über die Oberfläche einer Pfütze huschten.
    Dann traf es ihn. Hunger. Riesiger, unstillbarer Hunger. Das urtümliche Verlangen, etwas zu verschlingen. Der leere Nebel geriet in Bewegung und floss um ihn herum, als sie näher kamen.
    Hier entlang.
    Travis hörte die Stimme nicht. Trotzdem durchfuhren ihn die Worte und ließen sein Inneres vibrieren wie durch Glockengeläut. Er riss seine Aufmerksamkeit von den näher kommenden Ungeheuern und sah ihn: einen leuchtenden Kreis in der Mitte des Nichts. Und auf der anderen Seite des Kreises war … Licht. Reales, goldenes Licht.
    Das Grau umwogte ihn. Die hungrigen Funken summten und schossen umher wie stechende Insekten, dazu bereit, die Essenz seines Wesens auszusaugen. Travis wünschte sich mit reiner Willenskraft von ihnen fort, streckte sich nach dem leuchtenden Kreis …
     … und stürzte auf harten Stein.
    »Aua«, sagte er, und der Laut und der Schmerz ließen ihn wissen, dass er am Leben war.
    Drei weitere Schmerzenslaute ertönten, drei weitere Körper landeten neben ihm auf dem Stein. Und ein Flüstern ertönte, das an einen sanften Wind erinnerte, der durch einen schneebedeckten Wald fuhr.
    Travis setzte sich auf und streckte kalte, zitternde Hände aus. Seine Kleidung war genau wie seine Haut mit einer feinen Frostschicht bedeckt. Er hob die linke Hand und führte sie aus den Schatten in einen schräg einfallenden Strahl honigfarbenen Lichts. Einen Augenblick lang funkelten die Eiskristalle wie Edelsteine. Dann schmolzen sie und waren verschwunden.
    Er hielt etwas in der Hand. Er zwang die steifen Finger, sich zu öffnen. Auf seiner Handfläche lag ein runder, gesprenkelter, graugrüner Stein. Sinfathisar. Er schloss die Finger wieder darum.
    Sie befanden sich in einer Art Gasse, einem dunklen, schmalen Korridor zwischen zwei weißen Gebäuden. Hier und da fielen verirrte Sonnenstrahlen aus dem blauen Stück Himmel in der Höhe. Vani war bereits auf den Füßen, ihre schwarze Lederkleidung war ganz grau vor Eis. Grace und Beltan kauerten an einer Mauer, die Haut ganz blau und Haar und Augenbrauen vorzeitig ergraut durch das Eis, das sich dort festgesetzt hatte. Grace schlug die Augen auf, und Schnee fiel von ihren Wimpern. Von dem Tor war nichts mehr zu sehen.
    Travis brauchte einen Augenblick lang, um die Stimme wiederzufinden. »Was war das für ein Ort?«
    Vani schob das Obsidian-Artefakt in ihre Jacke. »Das war die Leere zwischen den Welten.«
    »Und du … du hast sie zuvor durchquert, als du zur Erde gereist bist?«
    »Ja.«
    Wie konnte sie durch das Tor treten, wo sie doch gewusst hatte, was sich auf der anderen Seite befand? Oder vielmehr, was sich dort nicht befand. Travis glaubte nicht, das noch einmal ertragen zu können, ohne den Verstand zu verlieren.
    »Was …?« Das war Grace, obwohl das Wort kaum mehr als ein Krächzen darstellte. Sie schluckte, und diesmal war ihre Stimme klarer. »Was waren das für Ungeheuer in der Leere, Vani?«
    »Das waren Morndari.«
    Beltan runzelte die Stirn, ließ das Eis zerspringen, das an seinem

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