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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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zwei Teile und zog etwas heraus. Es war eine dünne Goldscheibe.
    Vani setzte sich gerade hin. »Eine Fa’deth.«
    »Ja. Es ist eine Fa’deth, eine Botschaftsscheibe, wie sie die Hohen Zauberer von Morindu benutzten, um einander Botschaften zu übersenden.«
    In dem rot glühenden Licht des Feuers konnte Travis feine Gravuren auf der Scheibe sehen. »Was steht drauf?«
    »Lass sie für uns sprechen, Sareth«, sagte Vani, und ihre Augen funkelten so hell wie die goldene Scheibe.
    Er schüttelte den Kopf. »Dazu braucht man Blut. Die Ältesten ließen mich die Fa’deth benutzen, aber einmal reichte, und ich muss nicht noch mehr Blut für sie sinnlos verschwenden.«
    »Ihr meint, sie spricht zu Euch?«, fragte Grace.
    »Wie ich schon sagte, so schickten die höchsten Zauberer einander Botschaften. Selbst wenn eine Scheibe abgefangen werden sollte, konnte der Dieb die Botschaft nicht entschlüsseln.«
    »Es sei denn, er war ebenfalls Zauberer«, murmelte Travis, dem erst bewusst wurde, dass er die Worte laut ausgesprochen hatte, als Sareth ihn anblickte.
    »Was hat sie dir verraten?«, wollte Vani wissen.
    Sareth holte tief Luft. »In einem Berg aus weißem Stein wurde ein Dämon eingesperrt, im Norden jenseits des Meeres – ein Berg, den ich aus der Beschreibung als den Berg wieder erkannte, auf dem man Tarras errichtet hat. Sie berichtet außerdem, dass noch etwas anderes zusammen mit dem Dämon begraben wurde. Ein Relikt aus Morindu der Finsteren.«
    Unwillkürlich beugte sich Vani näher heran. »Was für ein Relikt?«, flüsterte sie.
    »Ein Skarabäus«, sagte Sareth. »Ein Skarabäus von Orú.«
    Vani keuchte auf, aber den verblüfften Blicken der anderen um das Feuer Versammelten nach zu urteilen, war Travis nicht der Einzige, der verwirrt war.
    »Ist ein Skarabäus nicht bloß ein Schmuckstück?«, fragte er.
    Sareth lachte, es war ein tiefes, melodisches und irgendwie völlig humorloses Lachen. »Genauso gut könntet Ihr sagen, die Sonne ist bloß eine Flamme wie die einer Kerze. Von allen geheimen Magien Morindus der Finsteren war keine so mächtig wie die Skarabäen von Orú.«
    »Moment mal«, sagte Grace. »Ich habe gehört, wie Eure Großmutter das Wort benutzte. Orú. Wer war er?«
    Vani legte die Hände auf die Knie. »Er war dreihundert Jahre lang der Gottkönig von Morindu der Finsteren.«
    »Unfug«, brummte Durge. »Kein Mann kann dreihundert Jahre lang König sein.«
    Wieder lachte Sareth. »Doch, das ist die Wahrheit, meine ehrenwerte Wolke. Kein Mann, sondern ein Gott.«
    »Orú war kein richtiger Gott«, meldete sich Melia zu Wort. Sie sah wütend aus. »Die Gottkönige von Amún waren bloß Tyrannen, die sich für Gottheiten ausgaben, damit sie das göttliche Recht für sich beanspruchen konnten, ihre Städte zu beherrschen. Es war verabscheuungswürdig!«
    »Und doch gibt es Leute, die der Ansicht sind, dass ohne diese harte Herrschaft die ersten Städte niemals den Wüsten von Amún abgetrotzt hätten werden können«, behauptete Falken. »Und es waren mit Sicherheit die Flüchtlinge vor der Zerstörung Amúns, die die Zivilisation nach Falengarth gebracht haben. Ohne die Gottkönige von Moringarth würde Tarras nicht existieren.«
    Sareth wog die goldene Fa’deth in der Hand. »Es ist richtig, dass Orú sein Leben als ganz gewöhnlicher Mensch begann – tatsächlich war er der Sohn eines Bettlers. Ihr müsst wissen, dass man in Morindu nicht durch Geburt zum König oder zur Königin wurde, sondern durch das Recht der Magie. Man krönte den größten Zauberer einer jeden Generation zum König. Oder eine Zauberin zur Königin. Und in den tausend Jahren von Morindus Geschichte gab es keinen größeren Zauberer als Orú. Auch wenn sich die anderen Herrscher Amúns selbst als Götter bezeichneten, war allein Orú wirklich so mächtig wie ein Gott.«
    »Aber wenn er in so einfachen Verhältnissen zur Welt kam«, sagte Lirith, »wieso wurde er dann so mächtig?«
    »Ich fürchte, die Antwort auf diese Frage liegt zusammen mit Morindu unter dem Sand der Morgolthi begraben«, sagte Sareth. »Und selbst als Morindu noch stand, kannten vermutlich nur wenige das Geheimnis, wie Orú zu einem Gott wurde. Vielleicht seine Frau und seine sieben Hohen Priester – sonst mit Sicherheit niemand. Aber ich weiß Folgendes. Wenn man einen Fluss aus menschlichem Blut brauchte, um eine bestimmte Magie zu wirken, dann benötigte man dafür nur drei Tropfen von Orús Blut. In den Legenden heißt es, dass sich

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