Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter
Gegenzug sie ihren Studien mit den Hexen überließ. Solange sie einen Erben produzierten und ordentlich in Elsandry herrschten, würde man keine weiteren Ansprüche an sie stellen. Es würde eine erfreuliche Paarung sein.
Einen Augenblick lang amüsierte sie sich mit der Vorstellung, dass ihr Gemahl tatsächlich so ein Mann sein würde. Dann ratterte ein Karren an ihnen vorbei, spritzte Schlamm auf Aryns Gewand und holte sie unsanft zurück in den grauen Tag im Valdath.
Deine Ehe soll eine Allianz sein, das weißt du doch. König Boreas wird dich dorthin verheiraten, wo er den meisten politischen Nutzen daraus ziehen kann – wie er es auch sollte. Ein Mann wie Calentry ist viel wahrscheinlicher als einer wie Tarus.
Manchmal dachte sie an die Geschichten, die Grace ihr von ihrer Welt erzählt hatte, ein Ort, an dem Frauen ihren eigenen Weg gehen konnten, wo sie entscheiden konnten, wann und wen sie heirateten, falls sie überhaupt heirateten. Aber das hier war ihre Welt, nicht die von Grace.
Und wen würdest du überhaupt heiraten, wenn du die Wahl hättest?
Sie schloss die Augen und versuchte sich jemanden vorzustellen, der jung war, charmant und anmutig, und der ihren verkümmerten rechten Arm als das betrachten würde, was er war: ein Teil von ihr. Lirith verfügte über die Sicht und konnte manchmal einen Teil der Zukunft sehen. War es möglich, dass sie das gleiche Talent hatte, nur ein bisschen? Sie wusste es nicht, aber einen kurzen Moment später erschien ein Gesicht vor ihrem inneren Auge.
Doch es war nicht glatt und ansehnlich. Das Gesicht dieses Mannes war rau und ernst, mit tief liegenden braunen Augen, die von einem Leben voller Traurigkeit kündeten und einer grenzenlosen Loyalität – und vor allem von einer beständigen Zärtlichkeit. Aryn keuchte, und sie riss die Augen auf.
Tarus sah sie an. »Webt Ihr einen Zauber, Mylady?« Sein Grinsen kehrte zurück. »Ich bin immun, müsst Ihr wissen. Das ganze Eisen. Es wehrt Hexenmagie ab.«
Aryn verdrängte ihre beunruhigenden Gedanken und erwiderte Tarus’ Grinsen. »Das glaubt aber auch nur Ihr, Sir Tarus.«
Der Ritter fing an zu lachen, dann verstummte er wie abgeschnitten, da er sich nicht sicher war, ob sie scherzte oder nicht.
Aryn lachte. Trotz der steinernen Mauern des Schlosses, das sich über ihnen erhob, fühlte sie, wie sich ihre Laune besserte. Sie wusste nicht, wie sie die Reise nach Norden ohne Tarus oder Melia überstanden hätte. Tarus hatte immer einen Scherz auf den Lippen oder kannte eine alberne Geschichte, die sie aufstöhnen ließ und von dem ablenkte, was sie auf Calavere erwartete. Und auch wenn sie kaum glaubte, Melia jemals wirklich kennen zu lernen, war die Lady in den vergangenen drei Wochen sehr freundlich zu ihr gewesen. Aryn hatte ihre Mutter nie kennen gelernt; sie war während ihrer Geburt gestorben. Es war schön, sich vorzustellen, dass sie vielleicht ein kleines bisschen wie Melia gewesen war.
Andererseits wusste Aryn, dass Melia sie nicht aus reiner Nettigkeit auf dieser Reise begleitet hatte. Sir Tarus hatte von wachsenden Problemen in den Domänen gesprochen, und zweifellos wollte Melia sie mit eigenen Augen sehen. Allerdings waren ihnen kaum Anzeichen von Aufruhr begegnet. Das spätherbstliche Wetter war kühl und feucht, und die Dörfer, durch die sie gekommen waren, waren alle ruhig und friedlich gewesen, jetzt, da der Rest der Ernte eingeholt worden war. Jedoch war Calavan die südlichste der Domänen, und Aryn hatte bei der vergangenen Wintersonnenwende erfahren müssen, dass Unglück meistens aus dem Norden kam.
Sie ritten durch das Haupttor des Schlosses, während die Wächter auf den Pflastersteinen niederknieten, als sie Aryn erkannten, aber die drei Reisenden blieben nicht stehen. Sie suchten sich ihren Weg über den unteren Burghof – der vor Aktivität nur so barst – und dann durch das Tor, das auf den oberen Burghof und zum Bergfried führte.
Lord Farvel, König Boreas’ Seneschall, wartete bei den Ställen auf sie. Er hatte seinen siebzigsten Winter schon lange hinter sich gelassen und hatte weißes Haar und ein freundliches Gesicht – auch wenn der Ausdruck etwas von der Lähmung beeinträchtigt wurde, die seine linke Gesichtshälfte befallen hatte, das Resultat eines Zusammenbruchs vor ein paar Jahren, der ebenfalls seinen linken Arm und das Bein geschwächt hatte. Boreas hatte Farvel von seinem behaglichen Altersruhesitz im westlichen Calavan zurückgerufen, um nach Lord
Weitere Kostenlose Bücher