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Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter

Titel: Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter
Autoren: Anthony Mark
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so gut wie alles sein. Ich vermute, dass in dieser Burg vor langer Zeit ein Runenbinder lebte. Vielleicht hat er dort seine geheimen Bücher versteckt. Die Tür ist abgeschlossen, aber es scheint sich nur um ein normales Schloss zu handeln. Die Rune des Schattens verbirgt lediglich, dass es sie gibt, nicht mehr. Hätten wir einen Schlüssel, könnten wir die Tür öffnen. Aber ich vermute, der Schlüssel ist schon vor Jahrhunderten verloren gegangen.«
    Die Worte des Barden faszinierten Grace – es gab so viel Geschichte in dieser Welt, ihr Wissen kratzte kaum an der Oberfläche –, aber ihr war auch klar, dass das kaum mehr als eine interessante Episode war. Die Wissenschaftlerin in ihr sehnte sich danach, die Tür zu öffnen und die dahinter befindlichen uralten Artefakte zu katalogisieren. Aber sie hatten andere Ziele, und es war Zeit, Meerwacht zu verlassen.
    Der Nachmittag ging vorüber. Grace zündete wegen der hereinbrechenden Dunkelheit gerade Kerzen an, als es an der Tür klopfte. Falken und Beltan waren vor einer Stunde in ihr Zimmer zurückgekehrt, um sich auszuruhen, und Vani hatte sich auf der Suche nach mehr Öl für ihr Leder, das nicht ganz so geschmeidig war, wie sie wollte, in die Burgküche begeben. Grace öffnete die Tür in der Annahme, dass es ein Diener war, der sie zum Essen holen wollte.
    Es war Mirdrid, die Dienstmagd.
    »Verzeiht mir, Mylady. Ist das ein schlechter Zeitpunkt?«
    Grace hatte sie angestarrt. Nach allem, was sie erlebt hatte, konnten die einfachsten menschlichen Handlungen sie noch immer aus dem Gleichgewicht bringen. »Natürlich nicht, Mirdrid. Komm rein. Bitte.«
    Die junge Frau machte einen Hofknicks, dann trat sie ein. Grace setzte sich ans Feuer und bedeutete Mirdrid, das Gleiche zu tun.
    »Oh! Nein, Mylady, ich darf mich nicht setzen. Das gehört sich nicht. Ich bin nur gekommen, Euch das zu zeigen. Ihr habt gesagt, Ihr würdet es vielleicht gern sehen.« Sie hielt ein zusammengefaltetes Stück Stoff. »Es ist die Stickerei, an der ich gearbeitet habe.«
    Grace lächelte; sie freute sich darüber, dass die junge Frau das Vertrauen gehabt hatte, zurückzukehren. Offensichtlich war Grace gut in diesem ganzen Nicht-Furchteinflößend-Sein. Sie nahm das Stück Stoff – es war überraschend groß –, faltete es vorsichtig auseinander und breitete es auf ihrem Schoß aus.
    Das Feuer im Kamin wurde dunkler; ihr Herz setzte einen Schlag lang aus.
    »Ich habe es für meinen Vater gemacht«, sagte Mirdrid, und ihre Stimme schien wie aus weiter Ferne zu kommen. »Er ist nicht mehr unter uns, müsst Ihr wissen. Es war nur drei Tage, bevor Ihr in die Burg gekommen seid. Seit Fallowing ist er immer kränker geworden. Also habe ich vor einem Monat hiermit für ihn angefangen. Ich wollte …« Sie wischte sich mit einem Zipfel ihrer dreckigen Schürze Tränen aus den Augen. »Ich wollte, dass er es noch sieht. Aber ich hatte nicht genug Zeit, und es ist noch immer nicht fertig.«
    Grace zögerte, es ekelte sie, das Ding anzufassen, aber dann strich sie wie von einer dunklen Macht getrieben mit den Fingern über den bestickten Stoff. Die Bilder waren primitiv, aber ausdrucksvoll, mit ungleichmäßigen Stichen in farbigem Garn ausgeführt.
    Es gab mehrere Bilder, die in einem Kreis arrangiert waren. Die meisten stellten Szenen des bäuerlichen Lebens dar: Männer ernteten Korn, Frauen backten Brot, Kinder hüteten mit Ruten Kühe. In vielen der Szenen war ein Mann zu sehen, dessen Haar so blond wie Mirdrids war und der die Arbeit überwachte. Aber es war das Bild in der Mitte der Stickerei, das Graces Blicke anzog. Es zeigte denselben Mann mit dem blonden Haar, der auf einer Bahre lag. Neben der Bahre stand ein Baum, und in dem Baum hockte ein mit schwarzem Garn gestickter Umriss, der wie ein dunkler Fleck wirkte.
    Es war ein Vogel.
    Grace suchte stockend nach Worten. »Was ist das?«
    »Das ist ein Leichentuch für meinen Vater.« Mirdrid kniete nieder und strich mit sanften Bewegungen Falten aus der Stickerei. »Lord Elwarrd ist so freundlich. Er hat sich um alles selbst gekümmert. Er hat meinen Vater in die Gruft gebracht, das hat er mir gesagt, ihn direkt neben die Lords und Ladys aus alten Zeiten gelegt. Ist das nicht wunderbar, und so freundlich? Und er hat gesagt, wenn ich diese Stickerei fertig habe, darf ich selbst dort hineingehen und ihn damit bedecken. Das soll helfen, die Erinnerung an ihn und sein Leben aufrechtzuerhalten. Und seht Ihr? Mein Vater ist nicht
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