Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter
Geburtstag der Baronesse einen Ehemann für sie finden wollte, jemand, der ihr bei der Herrschaft über die Baronie von Elsandry helfen und dem König ein loyaler Vasall sein würde. Aber in den Aufregungen der letzten Monate war es leicht gefallen, diese Dinge zu vergessen. Wenn Grace eines in ihrer Zeit auf Eldh gelernt hatte, dann die Tatsache, dass der Adel einem viele Privilegien brachte, aber auch weitaus weniger willkommene Pflichten und Verantwortlichkeiten. Aryns Hochzeit war für Boreas von großer politischer Bedeutung; ihr Herz – und ihre Wünsche – spielten dabei keine Rolle.
Aryn hatte bei Tarus’ Botschaft nur genickt; sie hatte nicht protestierend aufgeschrien oder einen Wutanfall bekommen oder sich auf irgendeine Weise geweigert. Die junge Frau kannte ihre Stellung. Trotzdem war Grace der traurige Ausdruck in ihren Augen nicht entgangen.
»Nun, wenn das keine fröhliche Runde ist«, sagte Tarus mit einem Grinsen, als er den Raum betrat.
Grace brachte ein schwaches Lächeln zu Stande. Das Bad hatte dem jungen Ritter gut getan, sein Gesicht war von Schmutz und Müdigkeit befreit, der Bart an seinem Kinn sauber gestutzt. Die Diener hatten seinen Umhang und das Wams vom Straßenschmutz befreit, und ohne jeden Zweifel wurde das Kettenhemd in diesem Augenblick auf Hochglanz poliert.
Beltan warf dem rothaarigen Mann einen bewundernden Blick zu. Grace wusste, dass er Travis mehr als alles andere auf der Welt liebte. Aber Travis war eine Welt weit weg, und langsam verstärkte sich Graces Eindruck, dass man auf Eldh einen Unterschied zwischen Sex und Liebe machte. Das Letztere war ein gepriesenes Ideal, das man schätze und in Ehren hielt, aber das Erstere wurde so ähnlich wie Nahrung betrachtet – oder in Beltans Fall Bier –, ein Grundnahrungsmittel, auf das man nur eine gewisse Zeit verzichten konnte, bevor es zu Mangelerscheinungen kam.
Und was ist mit dir, Grace? Wäre körperliche Intimität wirklich lebensnotwendig, lägst du mittlerweile zwei Meter unter der Erde.
Natürlich hatten die meisten Menschen keine zehn Jahre ihres Lebens in einem Waisenhaus verbracht, das von Leuten mit Herzen aus Eisen geleitet wurde. Sie hatte zwar den Schatten der Vergangenheit hinter sich gelassen, aber sie konnte nicht ändern, was die Vergangenheit aus ihr gemacht hatte. Oder zumindest hatte sie es bis jetzt noch nicht geändert. Und was Beltans Blick auch immer andeutete, Grace fiel auf, dass Tarus ihn angestrengt mied.
Eine neue Flasche Wein stand auf dem Tisch, ein Diener hatte sie gebracht.
Grace goss sich einen Becher ein, dann füllte sie einen zweiten und hielt ihn Tarus hin.
»Danke, Mylady«, sagte er. »Woher habt Ihr gewusst, dass ich etwas zu trinken gebrauchen kann?«
»Ärztlicher Instinkt.«
Tarus griff nach dem Becher …
… und fuhr herum, riss den Dolch aus dem Gürtel und hielt ihn stoßbereit. Vor ihm flimmerte die Luft und glättete sich wieder. Eine schlanke Gestalt in schwarzem Leder stand mit blitzenden goldenen Augen vor ihm.
»Nicht schlecht, Diener des Stiers«, sagte Vani mit einem kühlen Lächeln auf dem ebenmäßigen Gesicht. »Ihr seid schneller als die meisten, die ich kennen gelernt habe.«
Tarus schrie alarmiert auf. Grace wollte ihm zurufen, alles sei in Ordnung, Vani sei eine Freundin, aber sie war zu langsam. Tarus stieß mit der Dolchhand zu.
Die Hand war leer.
Vani räusperte sich. Ihr Blick glitt nach unten, und unwillkürlich folgte Tarus ihrem Beispiel. Sie tippte einen Dolch gegen die Innenseite seines Oberschenkels. Seinen Dolch.
»Was zum …?«, sagte Tarus und trat mit weit aufgerissenen Augen schnell einen Schritt zurück.
Vani grinste und warf den Dolch Tarus zu, mit dem Griff zuerst, und er fing ihn trotz seiner Überraschung geschickt auf.
Endlich fand Grace ihre Stimme wieder. »Tarus … Ich möchte Euch unsere Freundin Vani vorstellen.«
Der junge Mann sah Beltan an. »Freundin?«
Der blonde Ritter zögerte, nickte dann knapp. »Sie ist eine weitaus bessere Kriegerin, als es die meisten Männer je werden können, Tarus. Seid froh, dass Ihr nicht ihr Feind seid. Denn in diesem Fall würdet Ihr Euch jetzt zu diesen fanatischen neuen Priestern gesellen können, von denen ich hier in Tarras gehört habe – die, die vor dem Altar von Vathris die Juwelen ihrer Männlichkeit in einer goldenen Schale als Opfer darbringen.«
Tarus schluckte schwer, und Grace versuchte so zu tun, als würde sie nicht sehen, wie er seine edlen Teile
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