Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter
Feiertag«, sagte der Engländer. »Wissen diese Leute denn nicht, dass der Krieg vor mehr als hundert Jahren endete? Um Gottes willen, die Königin und der Präsident haben gerade zusammen Tee getrunken. Zwischen unseren Nationen herrscht Friede. Aber bei dem Rowdytum da draußen könnte man das glatt vergessen. Eben hat ein Mädchen einen Knallfrosch nach mir geworfen, und er hat sich beinahe bis auf meine Unterwäsche durchgebrannt.«
Travis füllte nach. »Davon haben wir gehört.«
Barrett hob eine Braue.
Travis wies mit dem Kopf auf Durge. »Ein Bericht des Deputys. Er verfolgt sorgfältig die ruchlosen Aktivitäten aller kleinen Mädchen in der Stadt. Aber machen Sie sich wegen des Knallfroschs keine Sorgen. Ich bezweifle, dass da eine böse Absicht dahinter steckte.«
»Im Gegensatz zu den anderen Gewalttätigkeiten in der Stadt, meinen Sie?« Barrett zündete sich eine Zigarre an.
Lirith legte eine Hand auf den Tresen. »Haben Sie das vorhin gemeint, als Sie vom Bösen in Castle City sprachen?«
»Das habe ich, Miss Lily.« Barrett zog an der Zigarre.
Durge sah den Engländer finster an. »Wenn Sie etwas über Gesetzesbrecher in der Stadt wissen, Lord Barrett, dann müssen Sie mir das sofort mitteilen.«
Barrett legte die Zigarre in einen Aschenbecher. »Ich sage Ihnen so viel, Mr. Dirk. Ich habe lange Monate auf die Lieferung meiner Druckerpresse aus Philadelphia gewartet, für die ich eine hübsche Summe gezahlt habe und mit der ich meine eigene Zeitung drucken will, den Castle County Reporter, ein wöchentliches Elixier der Wahrheit, das dem giftigen Lügengebräu entgegenwirken soll, das die einzige tägliche Publikation der Stadt auftischt. Endlich sollte meine neue Presse heute mit dem Zug aus Denver eintreffen. Doch als ich im Depot ankam, musste ich entdecken, dass die Presse doch nicht im Zug war.«
»Vielleicht trifft sie ja morgen ein«, sagte Lirith.
Barrett schenkte ihr ein bitteres Lächeln. »Nein, Miss Lily. Ich habe von dem Schaffner erfahren, dass meine Presse in der Tat im Zug war. Aber ein paar Meilen vor Castle City wurde sie aus dem Zug in einen tiefen Canyon geworfen, wo sie in kleine Stücke zerschmetterte.«
Durge war empört. »Wer hat das getan? Hat der Schaffner die Männer gesehen?«
»Er behauptet, sie nur von hinten gesehen zu haben.« Barrett nahm die Zigarre wieder auf und starrte die glühende Spitze an. »Und selbst wenn das nicht stimmen sollte, kann ich ihm nicht vorwerfen, dass er es gesagt hat. Denn ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung, wer die Übeltäter waren. In dieser Stadt gibt es Männer, die die Wahrheit fürchten, so wie eine Kreatur der Nacht das Licht des neuen Tages fürchtet. Denn sie würde sie genauso furchtbar niederstrecken.«
»Wer sind diese Männer, von denen Sie sprechen?«, grollte Durge. »Wir müssen es sofort Sheriff Tanner sagen.«
Barrett schaute über die Schulter – genau wie Travis es von Zeit zu Zeit die anderen Männer hatte tun sehen –, beugte sich vor und sprach mit leiser Stimme.
»Sheriff Tanner ist ein guter Mann, Mr. Dirk, das ist mir genauso klar wie Ihnen. Aber es gibt nichts, was er gegen diese Männer ausrichten könnte.« Er zog ein Exemplar des Castle City Clarion aus der Jackentasche und warf es auf den Tresen. »Solange sie die Unterstützung der mächtigsten Institutionen der Stadt und der wichtigsten Stützen der Gesellschaft haben, geben sie in Castle City den Ton an und nicht Tanner.«
Durge schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht.«
»Dann will ich Ihnen eine Geschichte erzählen, Mr. Dirk. Vor einigen Jahren geriet in einer der Goldgräberstädte unten im Süden, hinter Leadville, die Gesetzlosigkeit außer Kontrolle. Der Sheriff konnte die Schurken nicht länger kontrollieren. Also entschied eine Gruppe von Bürgern, die Sache selbst in die Hände zu nehmen, und sie gründeten ein Vigilantenkomitee.«
»Ein Vigilantenkomitee?«, fragte Lirith.
Barrett schnippte Asche von der Zigarre. »Richtig, Miss Lily. Das Vigilantenkomitee arbeitete im Schutz der Dunkelheit. Sie spürten die Diebe und Mörder der Stadt auf und fingen sie ein. Aber sie warteten nicht, bis der Bezirksrichter eintraf, um einen Prozess zu führen und Gerechtigkeit zu üben. Stattdessen handelte das Komitee als Richter, Geschworene und Henker, und viele der Männer, die sie fingen, wurden noch vor Sonnenaufgang gehängt.«
»Das ist sicherlich nicht schön«, sagte Durge. »Aber manchmal sind harte Maßnahmen
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