Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor
und liefen mehrere Häuserblöcke weit. Zuerst sahen sie die Menge, sie drängten sich hindurch und fanden einen schrecklichen Anblick vor. Eine der Häuserfassaden, die die Straße säumten, war völlig verschwunden. Allein die Rückseite des Gebäudes war übrig geblieben, der Boden war mit zerborstenen Planken und Glassplittern übersät. Rauch hing in der Luft, und Durge roch den scharfen Gestank von Schwefel, der ihn an seine alchemistischen Experimente erinnerte.
Nachdem Durge und Tanner einige der Umstehenden befragt hatten, konnten sie sich zusammenreimen, was geschehen war. Das Haus war ein von einer Familie aus der Domäne China geführtes Spielcasino gewesen, in dem ein Glücksspiel namens Pai-Gow geboten wurde. Das Gebäude war von einer Explosion zerfetzt worden – die zweifellos von dem gleichen explosiven Schwarzpulver verursacht worden war, das man für Feuerwerk und Minensprengungen benutzte.
Erstaunlicherweise war bei der Sprengung niemand ernstlich verletzt worden. Ein paar Passanten hatten Schnitte von umherfliegendem Glas davongetragen, aber keines der Familienmitglieder, die das Kasino führten, hatte sich im Inneren des Hauses aufgehalten. Durge sprach mit dem Familienoberhaupt, einem kleinen alten Mann mit einem langen weißen Zopf und Augen, die beinahe zwischen den Falten der Haut verschwanden.
Dem Alten zufolge waren zwei Männer mit schwarzen Masken in das Kasino gekommen, das zu dieser Zeit geschlossen war, und hatten mit ihren Waffen gedroht. Einer der Männer hatte die furchterfüllte Familie hinten hinausgedrängt. Ein paar Minuten später war der zweite Mann herausgestürmt, und die beiden Fremden waren lachend weggeritten und hatten dabei in die Luft geschossen. Bevor die Familie das Gebäude wieder betreten konnte, hatte die Explosion es in Stücke gerissen.
»Meine Tochter hat das hier gefunden, bevor die Männer kamen«, sagte der Alte und gab Durge ein Stück Papier. »Es war an die Tür genagelt, aber ich kann es nicht lesen.«
Durge warf einen Blick auf den Zettel. Dort stand lediglich: Du sollst nicht stehlen. Also nur ein weiteres ihrer Gebote. Aber hatte der Kreuzzug dieser Familie nicht gerade alles gestohlen? Anscheinend wollten die Kreuzritter bloß, dass andere den Geboten folgten; sie selbst sahen keinen Anlass, die Regeln zu befolgen.
»Was steht dort?«, wollte der Alte wissen.
Durge knüllte das Papier zusammen. »Dort steht, dass böse Männer dies hier getan haben.«
Der Alte nickte traurig, dann kehrte er zu seiner Familie zurück.
Tanner warf Durge einen neugierigen Blick zu, als sie zurück zum Gefängnis gingen. »Ich wusste gar nicht, dass Sie Chinesisch sprechen können, Mr. Dirk.«
Überrascht wurde Durge bewusst, dass der Alte eine andere Sprache als die hier übliche gesprochen haben musste. Aber mit dem Fragment der Silbermünze in der Tasche hatte Durge den Eindruck, dass jedermann in der Sprache der Domäne sprach, obwohl er wusste, dass das nicht der Fall war. So wie sie ihn andere und auch die Gefährten unterschiedlich ansprechen ließ, je nachdem, wer in der Nähe war.
Da er sich nicht sicher war, was er darauf erwidern sollte, entschied er sich, gar nichts zu sagen. Beim Gefängnis angekommen schickte Tanner Deputy Wilson los, um ein paar Dinge zu erledigen; er sollte dafür sorgen, dass die chinesische Familie eine Unterkunft fand, außerdem sollten ein paar Arbeiter die Trümmer der Explosion aufräumen. Durge fragte sich, was Tanner wohl vorhatte. Sicherlich konnte der Sheriff etwas gegen diesen Kreuzzug unternehmen, da sie so offen zugeschlagen hatten. Aber Tanner sagte nichts, außer Durge nach Hause zu schicken.
»Ich glaube, ich würde in dieser Nacht lieber im Gefängnis Wache halten«, erwiderte Durge und musterte Tanners müdes Gesicht. »Sie können mich am Morgen ablösen.«
»Was ist mit dem Abendessen, Mr. Dirk. Und Schlaf?«
»Mrs. Vickery macht immer genug für zwei.« Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber Durge wusste, dass Sareth kaum etwas essen würde. »Und ich habe das Gefühl, dass ich heute Nacht sowieso keinen Schlaf finden werde.«
Tanner sah aus, als wollte er protestieren, dann seufzte er, und es hatte den Anschein, als würde die Müdigkeit gewinnen. »Also gut, Mr. Dirk. Ich gehe auf dem Heimweg im Bluebell vorbei und lasse Maudie wissen, dass sie nicht mit Ihnen zu rechnen braucht. Sonst wird sie böse.«
Gerade in dem Augenblick, in dem sich der Schatten des Castle Peak auf die Stadt
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