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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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auf die Pritsche geworfen, auf der Tira zusammengerollt lag, eine ihrer angesengten Puppen unter den Arm geklemmt.
    Nun sah Grace zu, wie der Rest ihres Heeres über die Brücke marschierte. Sir Tarus brüllte Befehle, genau wie Kommandant Paladus, und das Lager wurde schnell in Nähe des Flussufers errichtet. Die Nacht brach herein, sie war klar und kalt, und Meister Graedin und die anderen Runensprecher gingen durchs Lager, berührten Steine und sprachen die Rune des Feuers. Die Morgendämmerung schien wenige Augenblicke, nachdem Grace sich hingelegt hatte, hereinzubrechen, und es war Zeit zum Aufstehen und Weiterreisen.
    Am Vormittag kamen die sieben Türme von Ar-Tolor in Sicht, auf denen die grünen Banner flatterten. Grace ging davon aus, das Schloss betreten zu müssen, um sich mit Ivalaine zu treffen, aber beim Näherkommen entdeckten sie einen Pavillon außerhalb der Schlossmauern. Das Segeltuch wies grüne und goldene Streifen auf, und oben auf der Mittelstange wehte das Königliche Banner von Toloria. Also war die Königin ihr entgegengekommen. Aber warum?
    Vielleicht will sie neugierigen Augen und Ohren entgehen. Ist Schwester Liendra nicht noch immer auf Ar-Tolor?
    Ein Pony trabte Grace entgegen; es trug ein braunes Bündel auf dem Rücken, das niemand anders als Senrael war, wie sie dann erkannte.
    »Die Königin darf meine Schwestern und mich nicht sehen«, sagte die alte Hexe. »Wir warten in dem Hain da auf Euch.«
    Grace sah zu dem Pavillon und seufzte. »Wisst Ihr, ich glaube, dass sie uns in ihrem Herzen unterstützt.«
    »Das mag schon sein«, erwiderte Senrael. »Trotzdem war sie die Mutter des Großen Hexenzirkels, und bis sie diese Rolle aufgibt, ist sie durch das dort gewebte Muster gebunden. Würde sie uns an Eurer Seite reiten sehen, wüsste sie, dass wir die Hexen verraten haben.«
    »Was ist mit mir?«, sagte Grace. »Wird sie nicht wissen, dass auch ich die Hexen verraten habe?«
    Senrael stieß ein Gackern aus. »Ihr könnt sie nicht verraten, Liebes, Ihr wart ja kein Teil des Musters.«
    Grace legte eine Hand auf die Brust und versuchte, den plötzlich dort aufsteigenden Schmerz zu unterdrücken. »Zu welchem Muster gehöre ich denn dann?«
    »Das müsst Ihr selbst weben«, sagte die Alte, wendete das Pony und ritt zu den anderen Hexen. Gemeinsam hielten die zwölf Frauen auf den Hain aus blattlosen Bäumen zu. Aber sie waren noch keine zweihundert Meter weit weg, da schimmerte die Luft um sie herum und ihre Umrisse verblichen, bis sie völlig mit der braunen Landschaft verschmolzen waren.
    »Euer Majestät«, rief Durge und ritt auf sie zu. »Die Königin wartet.«
    Trotz ihrer vielen vorherigen Begegnungen begrüßte Königin Ivalaine Grace kühl und formell – nicht wie eine Frau oder Hexe die andere, sondern wie von Herrscherin zu Herrscherin, Sie berührten sich nicht und hielten immer etwas Abstand. Die Königin saß in einem Klappstuhl aus vergoldetem, mit aufwändigen Schnitzereien versehenem Holz, und sie bedeutete, dass Grace sich auf einen nur unbedeutend weniger kostbaren Stuhl setzen sollte. Grace trug ihre Bitte vor, das Land der Königin mit ihrem Heer durchqueren zu dürfen. Danach brachten Diener dampfende Pokale mit gewürztem Wein und schürten die Kohlebecken, die den Pavillon wärmten, dann zogen sie sich zurück und ließen die beiden Frauen allein. Nicht einmal Tressa, die engste Beraterin der Königin, war zu sehen.
    Sie muss im Schloss sein und ein Auge auf Schwester Liendra haben.
    »Ihr müsst Eure Gedanken hüten«, sagte Ivalaine, den Blick ihrer eisfarbenen Augen fest auf Grace gerichtet. »Nicht nur laut gesprochene Worte können belauscht werden.«
    Grace fasste ihren Pokal fester. »Und wer könnte uns hören?«
    »Ich würde viel darum geben, die Antwort auf diese Frage zu kennen, Schwester. Ich weiß einfach, dass ich beobachtet werde. Das Gefühl kommt und geht, wie Wolken an einem Sommertag. Aber die Wolken kommen nun viel öfter als das Licht. Der Sturm nähert sich, und ich fürchte, er wird uns alle mit sich reißen.«
    Darauf wusste Grace keine Antwort, allerdings war ihr nicht entgangen, dass Ivalaine sie als Schwester bezeichnet hatte. Unterhielten sie sich nicht länger als Königinnen, sondern als Hexen? Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
    »Ihr habt mich nicht gefragt, warum ich mit einem Heer Euer Land durchquere, Schwester.«
    Ivalaine winkte ab. »Das geht mich nichts an.«
    Grace stellte den Pokal zur Seite. »Nein, das

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