Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters
dass er dort hineingehen und sie retten musste, öffnete sich die Tür des Präsidiums, und die beiden Männer kamen die Stufen hinunter.
»Habt ihr Anzeige erstattet?«, fragte Travis, als sie die Gasse betraten.
Jay schnaubte verächtlich. »Am Ende schon. Ich habe der Polizei gesagt, dass sie den Hintern vom Stuhl wuchten und etwas wegen der Verschwundenen tun muss, aber das scheint ihnen nicht gefallen zu haben.«
»Ich frage mich, warum das wohl so war«, meinte Travis trocken.
Der kleine Mann schien ihn nicht zu beachten. »Egal, sie konnten uns nicht schnell genug wieder loswerden, aber ich habe ihnen gesagt, wir würden erst gehen, wenn wir mit jemandem gesprochen und für Sparky eine Vermisstenanzeige erstattet hätten. Sie haben uns auf dem Flur sitzen lassen, aber ich glaube, wir würden da noch immer sitzen und ignoriert werden, wenn ich mir nicht einen vorbeigehenden Beamten geschnappt und er uns tatsächlich zugehört hätte. Sergeant Otero, das war sein Name.«
Marty nickte. »Er gefiel mir. Er hat uns einen Kaffee ausgegeben.«
Otero. Travis dachte nach. War das nicht; der Name des Beamten gewesen, den Anna Ferraro für die Spätnachrichten interviewt hatte?
»Was hat der Sergeant gesagt?«
Jay deutete mit dem Kopf auf die Straße. »Gehen wir zum Recyclingcenter, bevor es dunkel wird. Wir erzählen es dir unterwegs.«
Während Marty den Einkaufswagen mit den Dosen den Bürgersteig entlangschob, ging Travis' neben Jay her und hörte sich an, was der kleine Mann über die Geschehnisse im Polizeipräsidium zu berichten hatte. Sergeant Otero hatte ihre Aussage aufgenommen, und er war sehr aufmerksam geworden, als er erfuhr, dass Caleb Sparkman früher für diverse örtliche Colleges gearbeitet hatte.
Während Jay und Marty den heißen Kaffee tranken – Travis beneidete sie darum –, hatte Otero bei mehreren Colleges angerufen, bis er eines gefunden hatte, das in seinen Akten noch immer eine Kontaktadresse für Professor Sparkman hatte. Wie sich herausstellte, hatte Sparkman eine Schwester in Salt Lake City. Otero hatte sie angerufen, und obwohl sie seit Jahren nicht mehr mit ihrem Bruder gesprochen hatte, hatte sie sich einverstanden erklärt, dass ihr Name in die Anzeige aufgenommen wurde.
Das war gut. Sparkmans Schwester war eine reale Person mit einem realen Zuhause und einer Adresse. Die Polizei würde diesen Fall jetzt ernst nehmen müssen. Sie würde nach Sparkman suchen und nach den anderen Vermissten.
Andererseits konnten offizielle Untersuchungen lange dauern, und Travis war sich nicht sicher, dass er die Zeit hatte, auf die Polizei zu warten. Er musste Sparkman finden. Duratek steckte hinter den Vermisstenfällen. Wenn Travis die Vermissten fand, würde er Duratek finden. Und, davon war er fest überzeugt, das Tor.
»Wir müssen mit den Leuten reden«, sagte er. »Mit Leuten wie uns, auf der Straße. Wir müssen herausfinden, ob einer von ihnen Professor Sparkman vor seinem Verschwinden gesehen hat.«
Jay starrte finster zu ihm hoch. »Um Himmels willen, das kann doch nicht dein Ernst sein. Wir sind zur Polizei gegangen, wie du gewollt hast. Jetzt müssen sie ihren Job tun. Wir sind mit der Sache fertig.«
Travis schüttelte bloß den Kopf, und Jay murmelte den ganzen Weg zum Recyclingcenter etwas über Verrückte.
Sie gaben die Dosen und Flaschen ab und erhielten über vierzig Dollar. Um zu feiern, gingen sie in einen Gemischtwarenladen und schlugen sich die Bäuche mit Kaffee und Mikrowellenburritos voll, dann gingen sie zu den Lagerhäusern abseits der Kalamath Street, wo sie die Nacht über kampiert hatten. Sie bauten aus Paletten und einer Plane, die Marty in einem Secondhandladen gekauft hatte, eine Art Unterschlupf, und sobald Travis Feuer gemacht hatte, war es eine fast schon luxuriöse Unterkunft, vor allem, als sie die Schokolade hervorholten, die sie von ihrem neuen Geld gekauft hatten.
Am nächsten Morgen wachten sie nach Sonnenaufgang auf, und als sie mit Puderzucker bestreute Donuts aus ihren Zellophanpackungen aßen, schlug Marty vor, so früh wie möglich damit anzufangen, Leute über Sparkman zu befragen.
Jay stöhnte auf. »Marty, nicht du auch noch. Was ist mit euch beiden Bekloppten los? Es gibt keinen, der mir mehr egal wäre als der alte Sparky.«
»Das stimmt doch nicht, Jay«, sagte Marty leise. »Er ist ein menschliches Wesen. Du musst dich um ihn sorgen.«
»Von wegen.« Jay fuchtelte mit einer mit Puderzucker bestäubten Hand herum. »Mir ist
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