Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters
jeder scheißegal.«
Marty schaute ihn lange an, dann stand er auf. »Komm, Travis. Ich glaube, wir sollten Jay allein lassen.«
»Schluss mit dem Mist«, sagte Jay und sprang auf die Füße. »Ihr lasst mich nicht im Stich. Wenn jemand hier jemanden im Stich lässt, dann ich dich. Aber das tue ich nicht. Also hör auf, diesen Scheiß zu reden, und lasst uns anfangen.«
Marty kniete nieder, um seine und Jays Decken aufzurollen, aber Travis entging das schmale Lächeln auf seinen Lippen nicht. Trotz seines aufgewühlten Magens musste auch er lächeln. Vielleicht war Jay ja doch nicht der Anführer des Duos.
Als Erstes gingen sie zum Civic Center Park, holten sich beim selben Straßenhändler wie zuvor einen Kaffee und verbrachten den ganzen Tag damit, mit jedem zu sprechen, der drei schmutzige, ungewaschene Männer an sich heranließ. Aber niemand hatte Sparkman am Tag seines Verschwindens gesehen. Soweit es Travis betraf, waren sie drei die Letzten gewesen, die den Professor gesehen hatten.
Schließlich näherte sich die Sonne den Bergen, und Travis' knurrte wieder der Magen. Jay wollte zum Obdachlosenasyl und sehen, ob sie dort ein Essen bekommen und etwas von ihrem kostbaren Bargeld sparen konnten. Travis willigte zögernd ein. Aber als sie unter den Säulen am Parkeingang hindurchgingen, kam ihnen ein Mann entgegen. Er war alt und krumm, sein Haar war grau und der Bart hatte gelbe Flecken, und seine schmutzigen Finger ragten aus abgenutzten Handschuhen hervor.
»Seid ihr die drei, die sich überall nach einem Obdachlosen im Rollstuhl erkundigen, der verschwunden ist?«, fragte der Alte.
Travis warf Marty und Jay einen überraschten Blick zu, dann sah er wieder den Alten an. Der Mann erinnerte ihn ein bisschen an Ezekiel Frost, den halbverrückten Bergläufer in Castle City, den der Zauberer umgebracht hatte. Aber das war über ein Jahrhundert her.
»Woher weißt du das?«
Der Alte deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Ein Freund hat mir gesagt, dass ihr im Park seid und jedem einen Dollar gebt, der einen Verschwundenen kennt.«
»Einen Dollar?«, schnaubte Jay. »Keine Chance, dass wir dir …«
Travis boxte Jay gegen die Schulter und ignorierte seinen empörten Schmerzensschrei.
»Das stimmt«, wandte sich Travis an den Alten. »Hast du Professor Sparkman gekannt?«
»Nein, aber ich kenne Myra. Hast du sie gekannt?«
Travis schüttelte den Kopf.
»Altes Mädchen, trug einen pinkfarbenen Mantel, arbeitete für gewöhnlich auf der Sixteenth Street. Nett wie sonst was, sang gern Kirchenlieder. Sie ist vor ein paar Nächten verschwunden. Wir wollten uns in der Stahlkathedrale treffen, sehen, ob es dort was Wohltätiges gibt. Aber sie ist nicht aufgetaucht, und ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen.« Der Ausdruck des Alten wurde sehnsuchtsvoll.
Jays Augen leuchteten, seine Wut war vergessen. »Wie war es da? In der Stahlkathedrale?«
Der Alte klatschte in die Hände und lächelte. »Wie der Himmel auf Erden. Ein warmes Bett, eine warme Mahlzeit. Tat mir Leid, dass Myra es nicht erleben konnte. Ich gehe da heute Nacht wieder hin.« Er kniff die Augen zusammen. »Also, wo ist mein Dollar?«
»Mehr weißt du nicht?«, fragte Travis.
Er schüttelte den Kopf und streckte die Hand aus. Travis warf Jay einen Blick zu, und der kleine Mann fluchte und fischte einen Dollar aus der Tasche, den er dem Alten in die Hand klatschte.
»Der kommt aus deinem Anteil, Mr. Zauberer«, sagte Jay, als sie weitergingen.
Travis hörte es kaum. Etwas an dem, was der Alte erzählt hatte, war wichtig, aber es war zu kalt, um nachzudenken.
»Vor zwei Nächten«, sagte Marty. »Vermutlich dieselbe Zeit, in der die Aliens zu Sparky gekommen sind.«
Travis blieb stehen. Das war es. Myra war in derselben Nacht wie Sparkman verschwunden. Wenn sie sie fanden, dann fanden sie vermutlich auch Sparkman.
Jay schaute ihn finster an. »Warum bleibst du stehen?«
Schnell erzählte er Jay und Marty, was ihm gerade klar geworden war. Myra und Sparkman waren in derselben Nacht verschwunden. Vielleicht waren sie zusammen entführt worden. Der Alte hatte gesagt, Myra wäre zur Stahlkathedrale unterwegs gewesen. Möglicherweise hatte Sparkman das Gleiche getan. Schließlich war das einer der wenigen Orte, an denen er eine Unterkunft hätte finden können.
»Vielleicht hat sie jemand auf dem Weg zur Stahlkathedrale gesehen«, schloss Travis.
Marty grinste. »Gut gedacht, Travis.«
»Schön«, sagte Jay und zog sich die
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