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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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sich die Männer mit bloßen Händen gegen die Trümmerstücke und benutzten zerbrochene Planken als Hebel. Es war eine schreckliche Arbeit. Beißender Qualm stieg von den noch immer schwelenden Balken auf, Staub legte sich wie eine Maske auf ihre Gesichter und drang in ihre Lungen, bis sie alle husteten.
    Die Unermüdlichkeit der drei Ritter flößte Travis Ehrfurcht ein. Beltan und Tarus standen Schulter an Schulter und arbeiteten zusammen, um Steine zu bewegen, die mindestens eine Vierteltonne oder mehr wogen. Durge räumte allein Steine weg, die mindestens genauso schwer waren. Bald verzerrte sich die staubige Maske von Durges Gesicht vor Anstrengung, seine aufgeschürften Knöchel bluteten, aber er hielt nicht inne. Keiner von ihnen.
    Während Aryn die Grabenden anleitete, hielt Travis seine Hände auf den Trümmern und murmelte immer wieder Sar und Meleq. Er spürte jede Vibration in den Balken, jede Verlagerung der Steinblöcke. Je mehr die Männer wegräumten, desto instabiler wurde der Haufen.
    Du musst durchhalten. Er war sich nicht sicher, ob die Stimme, die da in seinem Inneren sprach, seine eigene oder die von Jack Graystone und den anderen Runenmeistern war, deren Macht in seinen Adern floss. Wenn du die Runen nicht mehr sprichst, wird der Stein in die Tiefe stürzen und euch alle mit sich reißen. Er wird zu eurem Grabhügel werden.
    Travis murmelte die Runen weiter.
    Und ihm wurde erst, als Beltan rief »Ich brauche Licht!« bewusst, dass es dunkel wurde.
    »Lir«, krächzte er. Von der endlosen Litanei der Runen waren seine Lippen aufgesprungen und trocken.
    Silberiger Lichtschein kam aus dem Nichts und leuchtete in das Loch in dem Geröll hinein, das die Männer gegraben hatten. Furchterfüllte Augen spähten heraus. Beltan und Tarus griffen hinein und zogen einen Wächter hinaus, der zerschunden und mitgenommen, aber am Leben war. Fünf Mal griffen sie noch hinein, fünf weitere Männer kamen hinaus. Einige hielten sich gebrochene Gliedmaßen und umklammerten die Stümpfe fehlender Finger, aber sie alle waren am Leben.
    Ein Ächzen durchfuhr den Trümmerhaufen. Travis fühlte ein schreckliches Gewicht auf sich lasten. »Ihr müsst hier raus«, presste er zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich kann ihn nicht länger zusammenhalten.«
    Tarus brüllte Befehle. Die Wachen, die gegraben hatten, halfen ihren verletzten Kameraden über den Balken in den Gang hinein, der nach draußen führte. Tarus und Durge begleiteten Aryn, dann waren nur noch Beltan und Travis da.
    Travis war so müde. Er wollte nur noch zusammen mit den Steinen zu Boden sinken, sich von ihnen begraben lassen. Darunter würde es kühl sein und ruhig. Dort würde er niemanden mehr verletzen können, dort würde er nie eine ganze Welt zerstören können. »Geh, Beltan. Ich halte die Steine zurück, bis du auf der anderen Seite bist.«
    »So geht das nicht, Travis. Wir gehen zusammen oder gar nicht.«
    Travis schaute auf, und das Funkeln in Beltans Augen war so wild und so zärtlich, dass ihm der Atem stockte, und er konnte weder Runen noch normale Worte sprechen. Die Magie, die er mit Sar und Meleq geschmiedet hatte, zerbrach. Der Hügel sackte in sich zusammen.
    Beltan schnappte sich Travis' Arm und riss ihn über den Balken. Sie erreichten die andere Seite in genau dem Augenblick, in dem die behelfsmäßige Brücke von der Sturzflut aus Stein nach hinten gerissen wurde. Hand in Hand stolperten sie durch den Gang und schossen zusammen mit einer Wolke aus Steinstaub auf den Unteren Burghof hinaus. Travis drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um zu erleben, wie die Mauern des Wachturms in die Tiefe regneten und eine graue Staubwolke in den Himmel schickten.
    »Ich konnte ihn nicht retten«, stieß Travis hervor. Sein Mund war voller Staub. »Ich habe es versucht, aber am Ende konnte ich den Sturz des Turms nicht verhindern.«
    Beltan legte einen starken Arm um seine Schultern. »Er war nicht mehr zu retten, Travis. Und so kann er wieder aufgebaut werden. Wenn etwas kaputt ist, kann man es manchmal nur reparieren, indem man es zuerst zerstört.«
    Diese Worte ließen Travis frösteln, ohne dass er einen Grund dafür zu nennen vermochte. Er wollte etwas erwidern, aber seine Zunge war so trocken wie Kreide.

6
    Sie versammelten sich in Calaveres Großem Saal zu einem späten Abendessen, auch wenn keiner von ihnen großen Appetit hatte. Aber Grace wusste, es war wichtig, dass sie aßen; sie mussten ihre Kräfte bewahren. Sie

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