Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
Vom Netzwerk:
dorthin zu bringen. Das hat Jack gesagt.
    Einen Augenblick lang ließ er das Bild von Calaveres Großem Saal in seinen Gedanken aufsteigen. Er stellte sich Grace vor, wie sie ihn zum Feuer zog und ihm einen Becher mit gewürztem Wein reichte.
    Dann stieg eine andere Vorstellung in ihm auf und verbarg das Bild der Freunde und des Feuers wie eine dunkle Wolke: Die Sonne verfinsterte sich, der Boden erbebte und klaffte auf, die Mauern von Calavere stürzten ein, und Finsternis verschlang die Welt.
    Nein, das würde er nicht zulassen. Vielleicht kam er nicht an Duratek heran, aber er würde verhindern, dass Mohg die Großen Steine in die Hände fielen. Er umfasste das Eisenkästchen in seiner Tasche und eilte in die frostige Nacht hinaus.
    Zehn Minuten später stand er an einem Ufer. Unter ihm floss das zur Hälfte gefrorene Wasser des Platte River an kleinen Inseln aus Sand und Geröll vorbei. Es gab in der Innenstadt keinen Ort, an dem man ungestört ein Feuer entzünden konnte; das rief sofort die Polizei auf den Plan – zusammen mit ihren Fingerabdruck-Scannern, die mit Durateks Datenbänken verbunden waren. Aber hier gab es ein paar Viadukte aus Stahl und Zement. Wenn er unter einem von ihnen ein Feuer machte, würde man das von oben nicht sehen können.
    Er kletterte über eine Zementbrüstung und arbeitete sich halb gehend und halb rutschend zum mit Unkraut überwucherten Ufer herunter. Als er den Boden erreichte, ließen die Geräusche der Stadt nach und das träge Gemurmel des Wassers erfüllte die Luft. Kies und Eis knirschte unter seinen Turnschuhen, als er auf ein Viadukt zuging. Der Raum unter der Brücke wurde von einem Vorhang aus Schatten verhüllt, den nicht einmal seine unnatürlich scharfen Augen durchdringen konnten.
    Das war gut; falls dort noch kein Feuer brannte, bedeutete das, dass kein anderer den Ort in Beschlag genommen hatte. Mit unter die Achseln geklemmten Händen schlurfte er über Unkraut und Kies und tauchte in die Dunkelheit unter dem Viadukt ein.
    Die Dunkelheit bewegte sich. Bevor Travis reagieren konnte, legte sich ein Arm um seinen Hals und drückte sich eine Hand auf seinen Mund, die sowohl seinen überraschten Aufschrei dämpfte wie auch alle Runen, die er möglicherweise hätte sprechen können. Er griff nach oben und versuchte die Hände des unsichtbaren Angreifers wegzuzerren, erstarrte dann aber, als etwas Glitzerndes vor sein Gesicht gehalten wurde.
    Es war ein Messer, das in einem verirrten Mondstrahl funkelte.
    »Du gehörst nicht hierher«, zischte eine Männerstimme, und der Arm um seinen Hals drückte stärker zu, während das Messer näher herankam.

18
    Sie mussten darauf gewartet haben, dass er die Schatten betrat, im Lichterschein der Stadt hatten sie sehen können, wie er auf sie zukam, während er sie in der Dunkelheit des Viadukts nicht wahrnehmen konnte. Aber jetzt, wo er in der Dunkelheit stand, fingen seine Augen – die in den Flammen von Krondisar neu erschaffen und schärfer geworden waren – an, sich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Er konnte so gerade eben die Silhouette des Mannes mit dem Messer ausmachen. Travis schüttelte sich hart und hätte fast den Griff des Mannes, der ihn festhielt, aufgebrochen.
    »Halt ihn doch fest!«
    »Das versuche ich ja«, sagte eine raue Stimme hinter ihm. »Er ist stärker, als er aussieht.«
    Trotz der kräftigen Arme, die ihn hielten, wäre Travis um ein Haar freigekommen, aber seine Schuhe traten auf Kies und rutschten unter ihm weg. Er fing an zu fallen, aber starke Hände rissen ihn wieder hoch. Ein Knirschen hallte durch seinen Schädel, als seine Halswirbel gequetscht wurden.
    »Hast du mir nicht zugehört, du großer Ochse? Ich sagte, du sollst ihn festhalten!«
    »Du willst ihn doch wohl nicht umbringen, oder?«
    »Warum nicht? Er ist kein Cop. Er ist einer von uns. Ich habe die Nachrichten gesehen – der Polizei ist egal, was mit Leuten wie uns passiert. Was schert die schon ein Verschwundener mehr?«
    »Was willst du mit der Leiche machen?«
    »Zerstückeln wir ihn doch einfach. Hier unten am Fluss gibt es jede Menge wilder Hunde. Die kümmern sich schon darum.«
    Travis' Herz übersprang einen Schlag, als er den Stahl an der Wange spürte. Wild riss er den Kopf herum, und eine Sekunde lang löste sich eine Hand, bevor sie ihm wieder den Mund zuhalten wollte.
    Eine Sekunde, mehr brauchte Travis nicht. »Dur!« stieß er zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor. Ein Schmerzensschrei ertönte;

Weitere Kostenlose Bücher