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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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kleinen Mannes war Jay, und sein spärlicher schwarzer Bart schien einen permanenten mürrischen Ausdruck einzurahmen. Travis nannte ihnen seinen Vornamen und schüttelte Martys große Hand, aber Jay kehrte ihm den Rücken zu, als er die Geste wiederholen wollte.
    »Beachte ihn einfach nicht«, sagte Marty. »Er hat was gegen bestimmte Leute.«
    Travis nahm die Hand runter. »Welche Leute meinst du?«
    »Die Lebenden.« Marty ging neben einem Haufen Stöcke in die Hocke. »Also, kriegst du die zum Brennen, ja?«
    Travis schaute auf das Holz. »Ich schätze schon.«
    Trotz der Dunkelheit und selbst mit abgewandtem Rücken war es unmöglich, das zu verbergen, was er tat. Er hielt den Stöcken die Hand entgegen und flüsterte die Rune des Feuers. Aus dem Holz stieg eine Qualmwolke, aber das war es auch schon. Hier auf der Erde war seine Runenmagie lächerlich schwach; sie wäre viel stärker gewesen, hätte er das Eisenkästchen geöffnet, aber das wagte er nicht. Möglicherweise hätte er am Ende sie alle in Brand gesteckt. Stattdessen sprach er die Rune lauter.
    »Krond!« Helle und alles verschlingende Flammen sprangen in die Höhe.
    Marty grinste, und die scharfen Züge seines Gesichts wurden von goldenem Lichtschein erhellt.
    »Wie hast du das gemacht?« Jay stand über Travis gebeugt. »Du hast nicht mal ein Streichholz benutzt. Marty hat Recht – du musst bloß irgendwelchen Unsinn sagen, und schon passieren Dinge. Was hast du da für ein Wort gesagt? Sag es mir, damit ich auch Feuer machen kann.«
    Travis starrte in die Flammen. »So einfach ist das nicht.«
    »Du meinst, du willst es mir nicht verraten«, sagte Jay, und seine Miene wurde noch finsterer. »Du willst das Geheimnis für dich behalten, nicht wahr, du habgieriger Bastard.«
    »Glaub mir, wenn ich es an dich weitergeben könnte, würde ich es tun.«
    Diese Worte schienen Jay zu überraschen. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder, dann setzte er sich neben das Feuer.
    Marty lachte. »Du musst wirklich ein Zauberer sein, Travis. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand Jay sprachlos macht.«
    Der kleine Mann starrte Marty böse an. »Und ich habe noch nie erlebt, dass du so ein Plappermaul bist, also ist es vielleicht ja Voodoo.« Er richtete den Blick auf Travis. »Du bist ganz gut mit Feuer. Kennst du auch irgendwelche Worte, die was zu essen herbeizaubern?«
    Travis schüttelte den Kopf.
    »Nun, zu was bist du dann zu gebrauchen?« Jay klang angewidert, aber in seinem struppigen Bart zeigte sich die Andeutung eines Lächelns, als er die Hände ans Feuer hielt und sie rieb.
    »Mein Onkel hat mir mal eine Geschichte erzählt«, sagte Marty, »von einem Mann, der mit Stöcken verschwundenen Schmuck wiederfinden konnte, und ich kannte eine hübsche Frau, die mit Karten die Zukunft vorhersagen konnte. Aber ich habe noch nie gehört, dass man mit einem Wort Feuer machen kann.«
    »Ich habe das Feuer nicht gemacht«, sagte Travis. »Feuer ist nur eine Transformation. Wenn etwas brennt, dann bewegt es sich von einem Zustand in den anderen. Die Hitze und das Licht waren die ganze Zeit in dem Holz eingesperrt. Ich habe sie nur herausgelassen.«
    Jay schnaubte. »Großer Gott, das klingt wie der Blödsinn, den der alte Sparky jedem erzählt, der blöd genug ist, ihm zuzuhören. Noch immer ganz der Professor, dabei haben sie ihn schon vor Jahren aus dem College rausgeworfen. Etwas ist nichts, und nichts ist alles, und das Universum hatte einst die Größe einer Walnuss, aber jetzt fliegt es auseinander. Da kriege ich nur Kopfschmerzen.« Er zog seine Wollmütze herunter und rieb sich den kahlen Schädel.
    Travis verspürte eine Enge in seiner Brust. »Wer ist dieser Sparky?«
    »Ein kluger Mann«, sagte Marty, bevor Jay das Wort ergreifen konnte. »Morgens ist er für gewöhnlich im Civic Center Park. Sollte es aber diese Nacht schneien, dann wird er nicht da sein. Sein Rollstuhl bleibt im Schnee stecken. Wenn du willst, bringen wir dich morgen Früh zu ihm.«
    »Was meinst du mit wir?«, fauchte Jay. »Ich gehe nicht in die Nähe dieses Freaks. Er … in seiner Nähe fühle ich mich immer komisch.«
    »Warum?«, wollte Travis wissen.
    Jay schüttelte den Kopf. »'ne Menge Gründe. Den ganzen Quatsch, den er erzählt. Dass das Universum so verdammt groß ist, und wir sind bloß kleine blöde Funken darin. Aber hauptsächlich sind es seine Augen. Es ist, als würde er Dinge sehen, die kein anderer je gesehen hat. Dinge, die man vielleicht auch nicht sehen

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