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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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gelassen wie immer. »Jetzt weißt du es.«
    »Mann, das fühlt sich gut an.« Jay hielt die Hände näher an die Wand. »Das muss ich jemandem erzählen.«
    »Nein«, sagte Travis.
    Er hatte nicht gewollt, dass das Wort so grob klang. Aber Jay machte einen überraschten Schritt zurück. Sogar Marty hob die Brauen.
    »Klar, Mann«, sagte Jay und hob beide Hände. »Was immer du sagst. Mach nur nichts Verrücktes.«
    Travis zuckte zusammen. »Nein, so habe ich das nicht gemeint. Ich werde nichts … ich tue euch nichts.«
    »Das weiß ich doch«, sagte Jay, aber die ganze Zeit, während sie ihre Sachen einsammelten, sah er immer wieder in Travis' Richtung.
    »Es hat nicht geschneit«, sagte Marty und schulterte seinen abgenutzten Rucksack. »Sparky wird am Civic Center sein.«
    »So früh?«, fragte Travis.
    »Er sieht gern den Sonnenaufgang.«
    »Ich habe es dir ja gesagt, er ist ein gottverdammter Verrückter«, sagte Jay. Der kleine Mann trug nichts; er hatte seine Decke in Martys Rucksack verstaut. »Aber wenn wir schon dahin gehen, dann los. Hast du Geld, Mr. Zauberer?«
    Travis schüttelte den Kopf. Er hatte seine letzten drei Dollar in der Bar ausgegeben.
    Jay schnaubte. »Warum überrascht mich das jetzt nicht? Nun, du hast in der Nacht für die Heizung gesorgt, also kaufe ich uns allen unterwegs einen Becher Kaffee. Dann sind wir quitt.«
    Trotz seiner Müdigkeit musste Travis grinsen. Er kannte diese Männer nicht, und er bezweifelte, dass sie vertrauenswürdig waren, trotzdem war es gut, nicht allein auf der Welt zu sein. Auf dieser Welt. Die beiden Männer erklommen die Uferbank, Jay machte zwei Schritte, wo Marty einen machte, und Travis folgte ihnen.

19
    Wie versprochen kaufte Jay ihnen allen bei einem Straßenverkäufer an der Ecke Colfax und Broadway einen Becher Kaffee, und sie gingen genau in dem Augenblick unter einer neoklassizistischen Kolonnade zu dem breiten Rund des Civic Center Parks, in dem die Sonne die goldene Kuppel des Capitol-Gebäudes in Brand setzte.
    »Es sieht wie in Tarras aus«, murmelte Travis und beschattete seine Augen gegen den feurigen Glanz der Kuppel.
    »Es sieht wie aus?«, sagte Jay und schaute ihn aus zusammengekniffenen Augen an.
    Travis schüttelte den Kopf. »Nichts.« Er sah sich um. »Seht ihr euren Freund?«
    »Zum Teufel noch mal, ich habe dir doch gesagt, dass er nicht unser Freund ist«, sagte Jay. Seine kleine Hand verkrampfte sich um den Becher, so dass Kaffee aus der Öffnung in dem Deckel hervorschoss.
    »Ich glaube, er ist da drüben«, sagte Marty. Er betrat das braune Gras und bewegte seine Vogelscheuchenbeine so schnell, dass Travis ein ordentliches Tempo vorlegen musste, um mitzuhalten, während Jay zu einem Dauerlauf gezwungen war.
    Travis sah ihn, als sie den Park zur Hälfte durchquert hatten. Er hatte den Rollstuhl in einem Flecken Sonne positioniert, und er badete mit geschlossenen Augen in der morgendlichen Helle. Sie blieben vor ihm stehen, aber er öffnete die Augen nicht. Er war ein grauhaariger Mann von etwa fünfzig Jahren. Sein Körper war ein formloser Klumpen, der in einen Segeltuchmantel über mehreren Pullovern gehüllt war, und seine Beine waren Stümpfe, die in der Mitte der Oberschenkel endeten und auf denen jeweils eine Skimütze der Denver Broncos steckte. In seinem Schoß lag ein Metallkasten mit zahlreichen Anzeigen und Knöpfen. Ein leises statisches Zischen ging davon aus.
    »Hey, Sparky«, sagte Jay. »Was schaust du dir an?«
    »Sonnenaufgang«, sagte der Mann im Rollstuhl, und ein Grinsen voller schiefer Zähne blitzte durch den Bart auf.
    Jay warf ihm einen finsteren Blick zu. »Das habe ich bemerkt.«
    »Tatsächlich?«, erwiderte der Mann mit noch immer geschlossenen Augen. »Weißt du, Jay, es brauchte die Schriften Galileos, um die Welt ein für alle Mal davon zu überzeugen, dass nicht die Sonne den Himmel emporklomm, sondern sich die Erde um sich selbst drehte, während sie die Sonne umkreiste. Und der arme Galileo wurde vom Papst wegen des Verbrechens der Häresie eingesperrt. Sag mir, würdest du das auch tun – ins Gefängnis gehen, weil du dich weigerst, etwas zu widerrufen, von dem du weißt, dass es die Wahrheit ist?«
    Jay schnaubte. »Scheiße auf einem Cracker, ich hab dir ja gesagt, er macht mir Kopfschmerzen.«
    Der Mann im Rollstuhl lachte und öffnete die Augen. »Das ist ein gutes Zeichen, Jay. Es bedeutet, dass dein Verstand arbeitet. Hallo, Marty. Schön, dich zu sehen – du erinnerst mich immer

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